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Verantwortlicher Redaeteur: I. G Hartmann .MA Erscheint mir Aasaahm« der Sonn« und Festtage täglich Abend» und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Freitag, den 4. Januar. Preis für das Vierteljahr 1^ THaler. Insertion»«Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile I Neugroschen. 185« Amtlicher Th eil. Bekanntmachung, die Vollendung der Kaiserin - Elisabeth - Kettenbrücke über den Elbstrom bei Tetschen in Böhmen detr. vom 28. December 1855. Auf Antrag des K. K. österreichischen Staats-Ministe riums für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß, nachdem dir Kaiserin - Elisabeth - Kettenbrücke über den Elbstrom bei Tetschen in Böhmen nach vorgängiger, der Mittheilung zu Folge, vollkommene Beruhigung gewährender günstiger Be lastungsprobe bereits am 2. dieses Monats dem allgemeinen Verkehre übergeben worden ist, nunmehr eine ungehinderte Eommunication zwischen Tetschen und Bodenbach und dem dortigen Stationsplatze der sächsisch-böhmischen Staatseisen bahn besteht. Dresden, den 28. December 1855. Finanz-Ministerium Behr. Opelt. Nichtamtlicher Theil. Llcbcrsicht. Tagksgeschichte. Dresden: Vom königlichen Hofe. Die Betriebsergebniffe der Staatseisenbahnen pro November. — Leipzig: Mcßbcricht. Die Resultate der neuesten Volkszählung. — Berlin: Hofnachrichten. Die nächsten Sitzungen der Häuser des Landtags. — Aus Kurhessen: Eisenbahnangelegenheilen. — Paris: Das Schauspiel des Einzuges der rückkehrenden Krimtruppen. Die Brochure über den Friedenskongreß. Ernennungen und Ordensver leihungen. Rüstungen für einen neuen Ostseefeldzug. NeujahrScour. — Madrid: Vermischtes. — London: Neue Ausfälle der Presse gegen Preußen. Der Herzog von Cambridge. Sir G. Grey von einem Unfall betroffen. Schwacher Glaube an den Frieden. — St. Petersburg: Das kaiserliche Rescripl wegen Bildung eines vierten Scharfschützcnbataillons. — Aus der Krim: Die Lage bei Sebastopol. Truppen nach Europa. Strengere La gerpolizei. Gefangene Ruffen. — Konstantinopel: Aus der neuesten Post. — New-Vork: Der Congreß noch nicht eröffnet. Depeschen aus London. Local- und Provinzialaiigeleqenheiten Dresden: Uebersicht über die Thätigkeit des RatbScollegiums im Jahre 1855. Rundschreiben an die Vorsteher der Armendistricte. — Chemnitz und Annaberg: Wohlthätigkeitsacte. Juriedictionsveränderungen. Feuilleton. Inserate Tageskalender. Börsennachrichten. Tagesgeschichte. Dresden, 3. Januar. Se. Majestät der König, Aller- höchstwelcher Sich gestern Mittag nach Leipzig begeben hatten, sind Abends 9 Uhr von dort wieder zurückgekehrt. Die Reise Sr. Majestät galt lediglich einem Besuche bei Allerhöchstihrer Schwester, der Prinzessin Amalie. Ueber das Befinden der Letztern ist von dem Arzte Ihrer Königlichen Hoheit, Ritter dtr. Cocciu«, am 1. Januar ein Bulletin veröffentlicht wor den, welches besagt, daß Ihre Königliche Hoheit deutlich zu sehen vermag und das Sehvermögen täglich benutzt, auch im Allgemeinen Sich des besten Wohlseins erfreut. Dresden, 3. Januar. Der in der gestrigen Nummer unsers Blattes abgedruckten amtlichen Uebersicht zufolge hat der Betrieb der königlich sächsischen Staatöeisenbahnen im Monat November vorigen Jahres eine Bruttoeinnahme von 254,870 Thlr. (mit Hinweglassung der Bruchtheile wie auch in folgenden Ziffern) geliefert; diese Einnahme über trifft die im Monat November 1854 erreichte um 33,362 Thlr. Zu diesem erfreulichen Ergebnisse haben sämmtliche Linien mit Ausnahme der von Chemnitz-Riesa beigetragen, welche einen Rückgang von 2790 Thlr. zeigt, während die Zunahme bei Dresden- Bodenbach 5653 Tklr., bei Dresden-Görlitz i 0,357 Thlr. und bei Leipzig-Zwickau-Hof einschließlich der Kohlenbahn 20,141 Thlr. beträgt. Sowohl der Rückgang der Einnahme der einen Linie, als die Steigerung der der übrigen kommt zum bei weitem größten Theile auf Rechnung des Güterver kehr». Die Zahl der beförderten Personen ist im Allgemeinen gestiegen um 7337, auf 127,500, die der beförderten Centn« um 232,659, auf 1,712,484 Ctr. Das Gesammterträgniß der ersten 11 Monate deS Jahres 1855 beläuft sich auf 2,636,890 Thlr. 1 Ngr. 5 Pf., und übersteigt sonach das der ersten 11 Monate des Jahres 1854 um 174,450 Thlr. 14 Ngr. 3 Pf. ^Leipzig. 2. Januar. (Meßbericht.) Die Ledermesse, welche gewöhnlich auf die Weihnachtsfeiertage zu folgen pflegt, ist diesmal sehr schnell vorüber gegangen und hat kaum die Zeit von drei Tagen in Anspruch genommen. Von rohen Wildhäuten waren wegen Mangel an Vorräthen auf den Seeplätzen nur einige unbedeutende Pöstchen an Markt ge bracht worden, die auch schnell geräumt und 2 bis 3 Thlr. pro Centner höher als vorige Michaelimesse bezahlt wurden. Ostindische Khpse waren zwar ^bmlich viel am Platze, wur den jedoch ebenfalls schnell, bis auf Kleinigkeiten, zu einer gleichen Preissteigerung verkauft und noch bedeutende Posten auf Lieferung verschlossen. Deutsche Rindleder waren auch nur in kleinen Posten vorhanden, weil sie nicht hatten ge trocknet werden können, und gingen darum, wie auch Kalb felle, zu den Michaelipreisen sehr bald in andere Hände über. Für leichte Kuhhäute zu Oberleder ist der Begehr sehr leb haft. Auch von fabricirten Ledern wurde alles, was davon am Markte war, sehr bald geräumt, und von Sohlenleder die meisten Partien gleich vom Wagen weg verkauft. Man be zahlte für Malmedver und Siegener Fabrikat 43 bis 45 Thlr., Eschweger leichte Waare 40 bis 43 Thlr., deutsches 38 bis 41 Thlr., Baseler Zabmleder 41 bis 43 Thlr., Vacheleder sehr gefragt 40 bis 44 Thlr. pro Centner und mitunter so gar einige Thaler darüber und darunter nach Qualität. Blankleder fehlte und erhielt ll'-tz bi» 13 Ngr. pro Pfund. Deutsches Rindleder, sehr gesucht, brackte 13 bis 15 Ngr., Kvpsleder 12'^ bis 16 Ngr., braune, lokqare Schafleder gin gen 2 bis 3 Thlr. pro Ctr. höbe?. — Die Tuckmesse hat sich dagegen bis jetzt ziemlich flau gezeigt, und sind die Preise durchschnittlich 1 bis 2 Thlr. gedrückt worden. Man kann nicht sagen, daß viel Waare, die aus höchstens, einschließlich derartiger Stoffe, 50,000 Stücke angenommen werden kann, am Markte wäre, eS fehlt vielmehr an der gewohnten Masse kleiner Einkäufer, die 5 bis 10 Stücke kaufen, während grö ßere für den Export zwar genügend vorhanden sind, aber billig kaufen wollen und geringe Preise bieten. Indessen wer den noch viele Einkäufer erwartet, und es läßt sich darum auch heute noch kein bestimmtes Resultat für die Tuchmesse angeben. In andern wollenen und halbwollenen Waaren zeigt sich die Messe besser und ist in Thibets und Merinos aus Gera, Greiz rc., wie auch in Modestoffen aus Meerane, Glauchau recht gut gekauft worden, da eS nicht an Einkäu fern aus der Moldau, dem Orient, Griechen, Polen und Ga liziern fehlt. Demzufolge sind auch die Lager von Mode- und Seidenwaaren gut besucht, und bleiben besonders Frühjahrs artikel gefragt. Im Allgemeinen wird jedoch das rechte Leben vermißt und die Ursache in der Theuerung der nöthigen Le bensmittel gesucht. Leipzig, 3. Januar. Laut Bekanntmachung des Poli- zeiamteS beträgt die Gesammtzahl der Einwohner unsrer Stadt (nach der Volkszählung vom 3. December v. I.) incl. der Garnison gegenwärtig 69,986 (34,735 männliche und 35,251 weibliche), sodaß dieselbe seit der Zählung vom 3. December 1852 (wo sie 66,682 betrug) um mehr als 3000 gestiegen ist. Von diesen 69,986. Einwohnern stehen 13,810 in dem Alter von 1 bis lOJahren, 13,618 in dem von 10 bis 20, 15,671 in dem von 20 bis 30, 11,460 in dem von 30 bis 40, 7098 in dem von 40 bis 50, 4611 in dem von 50 bis 60, 2605 in dem von 60 bis 70, 969 in dem von 70 bis 80, 133 in dem von 80 bis 90 Jahren und 11 sind über 90 Jahre alt. Nach den Confessionen sind evangelisch lutherisch 66,129, reformirt 1727, römisch-katholisch 1332, deutsch-katholisch 254, griechisch 70 und Israeliten 474. Haushaltungen giebt eS hier 13,428, und die Zahl der be wohnten Häuser beträgt 2171. Berlin, 2. Januar. (B. Bl.) Se. Maj. der König ge ruhten gestern Vormittag halb 10 Uhr die Glückwünsche des Hofstaates, der Generale und Generalleutnants, der Staats minister und wirkl. Geheimen Räthe u. s. w. im Schlosse zu Charlottenburg entgegen zu nehmen. Darauf wohnten Ihre Majestäten der König und die Königin dem Gottesdienste in der Schloßkapelle bei. Nach der Kirche empfingen Se. Maj. der König die unterthänigsten Glückwünsche der Offiziere der in Charlottenburg stehenden Truppen, so wie die der Vor stände der dortigen Behörden. Um Mittag begaben Ihre Majestäten der König und die Königin Allerhöchstsich nach Potsdam, wo Se. Mas, der König im Stadtschloß die Glück wünsche der Regimentskommandeure der Berliner Garnison, des Potsdamer Offiziercorps, vieler anderer Offiziere und anderer hoher Beamten aus Berlin und Potsdam anzuneh men geruhten. Um halb 4 Uhr war Tafel bei Sr. Majestät dem Könige. — Die nächste Sitzung im Herrenhaus wird, dem Vernehmen nach, am 12. d. M., die des Hauses der Abgeordneten am Montag, den 7. c. stattfinden. Auf der Tagesordnung des letztern steht die Wahl des Präsidenten und der Vicepräsidenten. Bekanntlich werden diese das erste Mal nur auf 4 Wochen, nach Ablauf dieser Frist aber — also jetzt — für die ganze Session gewählt. 0 Aus Kurhessen, 1. Januar. Ich kann Ihnen als ganz verbürgt mittheilcn, daß über die projectirte Bahn von Halle über Nordhausen nach Kassel (diese höchst gefährliche Concurrenzbahn der Thüringer und unsrer Nordbahn, weil nun jenen Weg um 10 Meilen verkürzend) aufs Neue Un terhandlungen zwischen der preußischen Regierung und der unsrigen gepflogen werden, die bald von dem besten Erfolge sein dürften. U PariS, 30. December *). Ich möchte im Stande sein, Ihnen das Schauspiel gebührend zu schildern, das ich, -.-r - " Ein Besuch auf Stromboli. Bon K. P K-isl. (Fortsetzung au» Nr. 1.) Ich war einer der Letzten, welche anS Land traten. BIS ich die Wanderung, welche immer im Zickzack fortgesetzt werden mußte, begann, bewegte sich deshalb vor mir schon der ganze bunte Schwärm der DampschiffSpassagiere den Bergabhang hinan. DieS sah buchstäblich auS, als schlängele sich ein vielfarbiges Band durch da» grüne Wcinlaub hindurch. Unter den ersten Wanderern inierschied ich noch die junge Schlesierin und den Philologen, der sich dazu gehalten halt, und seinen Nebenbuhlern zuvor- gekommen war. Ohne Zweifel plagte er sie, indem er wieder einen Anlauf nahm, denn ich bemerkte, daß sie sich einige Male umwandle, al» wollt, sie sehen, ob nicht irgend Jemand, der sich Ihrer erbarmen würde, in der Nähe sei. Der Engländer und ich schlossen die Truppe und hinter unS stürmte ein ganzer Echwarm halbnackter Kinder einher, die un- neugierig betrach teten und nach unsrer nähern Bekanntschaft große» Verlangen zu hegen schienen. Ein kleiner rothwanqiger Knabe mit zwei lebhaften Augen war der Erste, der die Bahn brach. Ich hatte der Abendkühle wegen einen Ueberzieher mitgenommen, welcher über meinem Arme hing; er erbot sich, mir denselben abzunehmen. Ich überließ ihm den Rock mit Vergnügen; r» war deutlich, daß er nicht wenig stolz auf diese» Vertrauensvotum war, und daß er von diesem Augenblicke an den Andern gegenüber »ine wichtige Person geworden, welche sie beneideten. Er erzählte un», er heiße Eerro, sein Baier heiße gleichfalls Eerco, er sei jedoch unten an der Küste, weil er auf Hummrrnfang au-gehen wolle; seine Feuilleton. Mutter dagegen sei immer zu Hause, weil sie die Trauben auf dem Dache trocknen müsse, und ihre Vigne liege etwas höher auf dem Berge. Mir machte eS Vergnügen, seinem Geplauder zuzu. hören, denn der Engländer war wo möglich noch schweigsamer und verschlossener als je, und eS lag In seinen Blicken ein melan cholischer, fast schmerzlicher AuSdruck, welchen ich sehr wohl ver stand, wenn ich an die Geschichte bei Segeste dachte. „Lcco!" rief plötzlich der Knabe und deutete auf ein freund- liche- Häuschen, welches zwischen den Weinreben fast versteckt lag. „DaS ist unser Hau», da« dort! Wollen Sie mit hinein gehen und ein GlaS Wein trinken? Wir haben den besten Wein auf der ganzen Insel. 8arü un serto per Is mia msckre! ES wird ein Festtag für meine Mutier sein." Die Luft zwischen den hohen Weinranken war außerordent- lich drückend. Mir erschien die Aufforderung gar nicht übel, und ich blickte Sir Williams fragend an. Er nickte mir schweigend zu, und wir folgten nun dem muntern Knaben, der, begleitet von dem ganzen Kinderschwarm, voransprang, um unsre An kunft zu melden. Wir stiegen eine steinerne Treppe hinan durch einen offenen Astrico, welcher von Weinlaub beschattet war, und traten in ein Helle-, freundlich auSgeschmückte» Zimmer, welche» ein Gepräge von Reinlichkeit und Wohlstand trug, da» einen angenehmen Eindruck machte. Im Zimmer befanden sich außer Herrn Eerco, unsrem kleinen Begleiter, zwei Frauen, deren Aeußere» sehr ver schieden war. Die Eine war eine hohe, volle Gestalt, mit einem kräftigen, schönen Antlitz und von der Haltung einer Königin. In jeder Bewegung, in Allem, wa» fir that, war eine Majestät, welche im Widerspruch mit ihrem einfachen Anzuge und den dürftigen Umgebungen zu stehen schien. Die Andere war ein zarteS, feincS, kleines Geschöpf, auf dessen blasses, mageres Antlitz die Leiden ihren Stempel gedrückt hatten ; sie war ganz jung, kaum zwanzig Jahre alt, im höchsten Grade ärmlich gekleidet und trug ein kleines Kind auf dem Arme. Al» wir zur Thür eintraten, war die Erstere damit beschäftigt, einen Korb zu packen. Eie ließ sogleich den Korb stehen, trat un» freundlich entgegen, dankte un» für die Ebre, die wir ihr er zeigten, und bat un», Platz zu nehmen. Wenige Augenblicke darauf hatte sie ein weißes Tuch über den Tisch gebreitet und un» eine strohumflochtene Flasche mit Wein und ein Körbchen mit vortrefflichen Feigen vorgesetzt. Sie goß selbst den Wein in die Gläser und forderte un» zum Trinken auf, und zwar mit einem Anstande, um welchen manche vornehme Dame sie hätte beneiden können. Darauf griff sie wieder zu ihrem Korbe, welchen sie mit LebenSmitteln und Früchten anfülll«. „Da» ist wahrscheinlich Proviant für Ihren Mann, wenn er sich zur See beqiebt?" sagte ich zu ihr. „Ach nein," antwortete sie, „für meinen Mann habe ich schon gesorgt. Nein, dieser Korb ist für da» arme Kind dort bestimmt. E» hat Niemanden, der e» versorgt," sagt» fir, und deutete auf die arme, jnnqe Frau. Diese reichte ihr die magere Hand und nickte ihr mit einem sonderbar beredten Aus drucke zu. „Ja, laß da« gut sein, liebe Eatarina! Ich weiß sehr wohl, wa» Du sagen willst," bemerkte sie und streichelte ihr die Wange.