Volltext Seite (XML)
nicht für den Lebensunterhalt des dem idealen Zwecke geweihten Standes Fürsorge zu tragen vermag." Wenn es auch Gemeinden geben mag, die »ich vergnügt die Hände reiben, daß sie diesmal in Bezug auf die Schule wieder so billig weggekommen sind; wenn es auch nicht an solchen fehlen wird, die selbst die karge gesetzliche Zulage dem Lehrer nur mit Widerwillen geben, so fehlt es, Gott sei Dank, auch nicht an ehrenwerthen Ausnahmen solcher Gemeinden, welche in rechter Erkenntniß der Lehrermühe und Lehrerarbeit, aus eigenem freien Antriebe dem Lehrer eine höhere Besoldung gewähren, als sie das Gesetz vor schreibt. Die großen und mittlen Städte sind faß durch gängig über die Regierungsvorlage hinausgegangen. Kleine Städte und Dörfer, in "welchen die Kraft des Lehrers ge wöhnlich mehr in Anspruch genommen wird, als in großen Städten, und wo es sich statt billiger, oftmals theurer lebt, folgen hier und da in erfreulicher Weise nach. So hat, um nur ein Beispiel aus der Nähe anzuführen, die Gemeinde Potschappel sämmtlichen ständigen Lehrern statt 30 Thlr., 100, 80 und 70 Thlr. zugelegt. Möchten die Gemeinden nachholen, was Regierung und Landtag unterlassen haben, nämlich den Lehrern eine den Zeitverhältnissen entsprechende Besoldung zu gewähren, damit das, was der Abgeordnete Penzig am Schluffe seiner Rede sagt: „Daß, wenn der Lehrer vermag, durch sein Wirken der Gemeinde das Bewußtsein seines Werthes beizubringen und die Ueberzeugung, daß er mit Anstrengung seiner Kräfte und wahrer Liebe für das Wohl ihrer Kinder arbeitet, daß die Gemeinde gewiß dann dafür auch reichlich erkenntlich sein wird," nicht zu einer leeren Phrase werde. — Selbstverständlich haben die Lehrer unter den gegen wärtigen Verhältnissen auch für ihr Alter nur eine sehr kümmerliche Pension zu erwarten. „Die Höhe ist prozental dieselbe, wie bei den Staatsdienern in Sachsen; also that- sächlich um so viel niedriger, als die Gehalte der Lehrer niedriger sind; aber die Dauer ist eine erheblich kürzere, als bei anderen in öffentlichen Diensten stehenden Personen, weil man die Lehrer aus bekannten Gründen so lange, als nur möglich, im Amte behält." Aus den der Denkschrift bei gegebenen Tabellen ergiebt sich, daß der sächsische Geistliche die Aussicht hat, im Durchschnitt 12 Jahre länger zu leben, als der sächsische Lehrer, und es heißt hierüber wörtlich: „Da wir aber bei unfern Lesern so viel Einsicht voraus setzen, daß wir annehmen, sie werden das längere Leben der Geistlichen nicht für den Vorzug eines gottbegnadeten Standes, sondern als das Resultat eines bessern Lebens unterhaltes und weniger aufreibender Arbeit an sehen: so werden sie uns auch jedenfalls zugeben, daß die Lehrer dasselbe Alter erreichen würden, wenn dieselben Vor bedingungen gegeben wären, daß also durchschnittlich jeder 12 Jahre seines Lebens seinem anstrengen den Berufe und seiner schlechten Besoldung zum Opfer bringt." Weiter heißt es in gedachter Schrift: „Das Resultat unserer zeitherigen Erörterungen ist folgendes: Die Lehrergehalte, wie sie zeither in Sachsen bestehen, resp. durch das neue Gesetz geschaffen worden sind, sind unge nügend, weil sie nicht das zum Leben Unentbehrlichste gewähren; sind unwürdig, weil sie den Lehrer unter ver schiedene Gesellschaftskreise hinab drücken, denen er durch seine Geistesbildung überlegen ist; sind ungerecht, weil sie den bei der Ausbildung zum Lehrer entstandenen Auf wand an Zeit und Geld (die 6jährige Seminarzeit erfordert ca. 1000 Thlr.) und das im Berufe zu bringende Opfer an Gesundheit und Leben völlig außer Acht lassen, und sind endlich unklug bemessen, weil sie dem Gedeihen der Schule entgegenwirken." Ueber den von Hrn. Penzig mehr fach gebrauchten Vergleich der Lehrer mit Kaufleuten heißt es: „Mag man immerhin sagen, es gehöre Muth dazu, einen Beruf, wie den kaufmännischen, zu ergreifen, der uns viel leicht glücklich, aber auch eben so gut unglücklich machen könne. Sicher erfordert eS mehr Muth, sich einem Berufe zuzuwenden, der ein so sorgenvolles, kümmerliches Leben in sichere Aussicht stellt, — und das gilt vom Lehrer berufe." — „Hätten die 5000 Männer, welche jetzt Lehrer in Sachsen sind, in ihrer Jugendzeit gewußt, was ihnen bevor stände, nicht die Hälfte, vielleicht nicht der vierte Theil der selben wäre Lehrer geworden." — In Bezug auf die Folgen der gegenwärtigen Zustände heißt es: „Der Lehrermangel muß und wird zunehmen; ungeeignete Subjekte werden zum Ausfüllen der Lücken herangezogen werden, und der gute Name der sächsischen Lehrerschaft und der glänzende Ruf der Schule Sachsens werden ins Sinken gerathen. Wie könnte es auch anders sein? Wenn sich nicht einmal die liberalen Vertreter des sächsischen Volkes, die wir irrthümlich bisher zu unfern besten Freunden zählten, scheuen, den: um Brod bittenden Lehrer einen Stein, dem um einen Fisch bittenden eine Schlange zu bieten: wahrlich! alles Gefühl für Anstand und Ehre müßte unter den Bewohnern Sachsens erstorben sein, wenn sie noch ferner ihre Söhne Lehrer werden ließen." „Die aufgeregte Stimmung unter den sächsischen Lehrern ist die Aeußerung eines tiefverletzten Ehrgefühls, herbeigeführt in erster Linie und vorzugsweise durch die Penzig'sche mit Unwahrheiten und Entstellungen überladene, auf Herabsetzung der gesammten sächs. Lehrerschaft systematisch berechnete Rede von: 19. Novbr. vor. Js.; in zweiter Linie und mehr nebensächlich durch die Kundgebungen der Kammer dieser Rede gegenüber; in letzter Linie endlich durch das passive Verhalten Derer, welchen es obgelegen hätte, für uns einzutreten." Wir geben diese Auslassungen ohne weitere Kritik; sie sollen nur beweisen, wie tief gekränkt sich die Lehrer durch jene Rede fühlen, und wie hoffnungslos ihre Stimmung geworden ist. Man könnte vielleicht darüber streiten, ob es statt dieser Entgegnung nicht besser gewesen wäre, überhaupt zu schweigen; indeß: Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Die Denkschrift sagt hierüber selbst: „Das Recht, Unwahrheiten zu berichtigen, Kränkungen zurückzu weisen, behalten wir uns auf das Bestimmteste vor und werden, wie heute, so immer, Eingriffen in unsere Rechte, Angriffen auf unsere Ehre, rückhaltslos entgegentreten; denn es ist eines Jugenderziehers höchst unwürdig, Schmähungen über sich ergehen zu lassen, ohne sich zu rechtfertigen; es verräth Gemeinheit und niedrige Gesinnung, Fußtritte schweif wedelnd hinzunehmen; es ist Feigheit und Erbärmlichkeit, sich von Denen fern zu halten, welche für Reinerhaltung ihrer Ehre eintreten; es ist Niedertracht, sich diesen entgegen zustellen." In solcher und ähnlicher Weise kennzeichnet sich die gegenwärtige Stimmung der Lehrer, welche wir nach der Art und Weise, wie die „Denkschrift" ins Leben gerufen worden ist, als eine allgemeine bezeichnen müssen. Der Schule zum Heil und Segen kann diese Unzufriedenheit wahrlich nicht gereichen. Es wird Zeit, daß man endlich auch einmal den Lehrern gerecht werde in Bezug auf ihre pekuniäre Lage. Wohl ist es ein Trost für den Lehrer, zu hören, daß man ihn auf den jenseitigen Lohn hinweist: aber so lange die darbende Familie sich nicht daran begnügt, so lange Schneider, Schuhmacher, Bäcker, Fleischer rc. von dem Lehrer Bezahlung verlangen und sich mit solchen und ähnlichen Hinweisen nicht abfettigen lassen, bleibt es auch unabweisliche Pflicht der Gemeinden, ihren Lehrern den ge nügenden materiellen Lohn zu geben. Man kann zwar mit Geld nicht einen gediegenen Lehrerstand schaffen, wohl aber durch dauerndes Darbenlaffen ihn gründlich zerstören. Kirchliche Nachrichten. DippoldiSwal d e. Am Johannistage Abends S Uhr wird ein Gottesdienst in der Nicolaikirche abgchalten werden. — Gesänge: „ Grabesschlummer " für gcm. Eher v. Hellriegel. „Abendlied," Männerchor v. Kuhlau.