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Port, wie wir sie in den letzten Jahren erlebten, verhindern ; wenigsten» würden dieselben den Bahnen jetzt theuer zu stehen kommen. — Das Reglement tritt am 1. Juli in Kraft. — In Mainz fand kürzlich eine Versammlung deS „Verein» deutscher Katholiken" statt, zu der 500 Theil- nehmer au» Preußen, Bayern und Oesterreich erschienen waren. Bei einem Festessen war auch der Bischof Ketteler erschienen, um den Papst, „den unerschütterlichen Einheitspunkt der Kirche, während die Welt au» allen Fugen zu gehen droht," hoch leben zu lassen. — In Trier, Köln und vermuthlich auch in andern Städten der Rheinprovinz wird jetzt ein Stahlstich in Visit- kartenformat verkauft, welche den „heiligen Vater" in einem Kerker hinter eisernen Gittern vorstellt. Zum Ueberfluß ist an dem Gitter noch ein große» Schloß angebracht. Ueber dem Kerker schweben Christus, der eine Dornenkrone für den Unfehlbaren bereit hält, sowie der schlüsselbewaffnete Petrus. Bremen. Bei dem, am 20. stattgehabten Banket hat König Albert von Sachsen einen Toast auf Kaiser Wilhelm gebracht. Der Kronprinz de« deutschen Reiches antwortete mit einem Toast auf den König von Sachsen. Nachdem der Bürgermeister von Bremen auf das Wohl de« Kronprinzen getrunken, dankte letzterer mit warmen Worten und schloß mit einem Hoch auf die freie deutsche Reichsstadt Bremen. Oesterreich. Die plötzlich eingetretene Veränderung im österreichisch-ungarischen Reichsministerium hat im Lande vorerst große Ueberraschung hervorgerufen; doch ist diese Ver änderung nur als ein reiner Personenwechsel, nicht aber als ein Wechsel im ganzen RegierungS-System aufzufassen. Zur Lehrerbesoldungsfrage. Sehr im Widerspruch mit dem Aufschwung«, welcher aus dem neuen, nun bald in Kraft tretenden Schulgesetze für unser Schulwesen erblühen soll, steht die wie eine läh mende Krankheit unter den sächsischen Lehrern verbreitete Unzufriedenheit und tiefe Verstimmung über die Resultate der im November vor. Js. stattgehabten Landtagsverhand lungen, bezüglich der Aufbesserung der Lehrergehalte. Wie alle Staatsdiener und sonstige öffentliche Beamte und Angestellte auf eine zeitgemäße Gehalterhöhung sehnsüchtig hofften, so auch die Lehrer; nur mit dem Unterschiede, daß siäi die Hoffnungen der ersteren vollständig, ja mitunter glänzend erfüllten, während die Lehrer in einer Weise ge täuscht worden sind, wie nie zuvor. Aber nicht blos tue Geringfügigkeit der, einem Almosen gleichenden Zulage ist es, welche die gesammte Lehrerschaft mit Unwillen und unver hohlenem Mißmuthe erfüllt, sondern mehr noch die Art und Weise, in welcher sie bewilligt wurde. Mußten die Lehrer schon in der ganz unzureichenden Zulage, wie sie dem Land tage vorgeschlagen wurde, eine gewisse Geringschätzung der Lehrerarveit erkennen, so sprach sich dieselbe bei den Ver handlungen über das betreffende Regierungsdekret am 19. Novbr. v. Js. in der Rede des Abgeordneten Penzig, und in dem Beifall, welcher dieser, an schiefen Urtheilen und offenbaren Unrichtigkeiten reichen Rede von verschiedenen Abgeordneten gezollt ward, unzweideutig aus. Der Leipziger Lehrerverein hat sich deshalb veranlaßt gefunden, zur „Ab wehr der erlittenen Unbilden," sowie „der Schmach und Unehre," die man den Lehrern angethan, eine Denkschrift herauszugeben, unter dem Titel: Die Lehrerbesoldungen in Sachsen. (Zu haben für 10 Ngr. bei Kirchhoff in Leipzig, Karolinenstraße 13.) Der Wortlaut derselben ist in einer in Chemnitz am 29. Decbr. 1873 zahlreich besuchten Dele- girtenversammlung diskutirt und festgestellt worden, wie denn auch Korrekturbogeu au verschiedene Lehrervereine, welche Abänderungsanträge zu stellen die Absicht hatten, versendet worden waren. Es dürfte diese Schrift, welche die allgemeine Stimmung im sächs. Lehrerstande kenn zeichnet, auch für das größere Publikum, namentlich aber für Gemeindevertreter, Schulvorstände rc. von Interesse sein, da sie mit Gründlichkeit und Sachkenntniß abgefaßt ist und namentlich auch werthvolle statistische Angaben enthält. Sie behandelt in 7 Kapiteln der Reihe nach folgende Gegen stände: Die Regierungsvorlage 1873; Aufnahme des Gesetzes in der 2. Kammer; Kritik der Penzig'schen Rede; Gesichts punkte für Bestimmung der Lehrergehalte; was zur genü genden Besoldung gehört; Möglichkeit der Gehaltsaufbesserung; warum der Landtag den Gehaltsaufbesserungen entgegen. —- Beispielsweise erfahren wir aus erwähnter Schrift, daß mau iu Orten unter 5000 Einwohnern den Minimalgehalt der Lehrer von 250 auf 280, den Maximalgehalt, welchen ein Lehrer erst im Alter von 50 Jahren erreichen kann, von 400 auf 430 Thlr. erhöht hat, während man, um nur einen Vergleich mit den letzten Subalternbeamten anzu führen, die Gehalte der Boten beim Oberappell.-Gericht von 310 auf 500 Thlr., die der Aufwärter von 327 auf 550 Thlr., die der Hausmänner, Polizeidiener rc. von 359 auf 450 Thlr. erhöhte. — Das ist gewiß beschämend und drückend für einen Lehrer, dessen berufliche Vorbildung in einem Seminare 6 Jahre gedauert hat, der nach dieser Zeit noch 2 Jahre verpflichtet ist, als Hilfslehrer oder Vikar für den Gehalt von 180 Thlr. der Gemeinde seine Kraft zu widmen, um alsdann erst in den gesetzlichen Minimalgehalt einzu treten! Im Interesse der Schule müssen wir die in gedachter Denkschrift sich ausprägende Mißstimmung tief beklagen. Wenn Diejenigen, welchen die Arbeit in der Schule anver traut ist, dieselbe nicht mit der innersten Ueberzeugung ver richten, daß es weder der Regierung noch dem Landtage an gutem Willen fehlt, dem Lehrerstand den gebührenden Lohn anzuerkennen, wenn sie für ihre saure, aufreibende und verantwortungsreiche Arbeit bittere Kränkung erfahren oder mit gehaltlosen Phrasen abgefunden werden, so muß die Frische, die Lust und Freude fehlen, die nur allein im Stande ist, einen gedeihlichen, Verstand und Herz belebenden Unter richt zu ertheilen. Nicht neue Lehrpläne, nicht nette Lehr mittel, nicht die Lokal- und Bezirksschulinspektoren, und sei deren Zahl noch so groß, vermögen an sich eine Schule zu heben. Der hauptsächlichste Faktor, mit dem man zu rechnen hat, ist und bleibt der Lehrer. In keinem andern Fache ist Anordnen so leicht und Ausführen so schwer, als im Schulfache. Soll der Lehrer seine ganze Kraft und Zeit der Schule widmen, soll er mit Treue uud Hingabe an derselben arbeiten, soll er überhaupt den vielen, an ihn ge stellten Anforderungen gerecht werden, so sei man auch gegen ihn gerecht und billig, stelle ihn vor drückenden Nahrnngs- sorgen sicher und ermögliche ihm eine Existenz, wie man sie heut zu Tage jedem andern Manne von Bildung zugesteht. „Die Schuld daran, daß die ökonomische Grundlage der Elementarschule so schlecht ist, — sagt Prof. Kneift, — trifft seit 1848, wo die verschiedenen politischen Parteien kein Bedenken getragen haben, mit weitgehenden Theorien Staat und Kirche umgestalten zu wollen, aber zu keinem lebensfähigen Plane gelangt sind, die gesetzgebenden Körper insgesammt. Im Hintergründe der Entschlnßlosig- keit liegt eine Trägheit im Denken und Handeln, deren weiterer Hintergrund der Mangel an ernstem Willen ist. Das Philosophien über Trennung von Kirche und Schule, Staat und Schule, Staat und Kirche, konfessionelle und konfessionslose Schulen ist den wirklichen Bedürfnissen gegen über nur eine andere Form des Nicht sthnns. . . Es giebt nur eine Probe für den ernsten Willen, der Volks schule zu helfen: dieser Wille liegt in dem Entschlüsse, Geld für die Volksschule zu schaffen. . . Alle Begeisterung für das Wohl der Mitmenschen, insbesondere für Kirche uud Schule, ist aber inhaltslos und unfruchtbar, wenn sie