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Dienstag. Rr. SO. W. März 1874. Weißerih-Ieitung. Amts-Al'att für die HeriPLs-Aemter und Stadträthe zu Aippotdiswal'de und Arauenstein. Verantwortlicher Nedactcur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. ° ... Dieses Matt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags nnd Freitags. Zn beziehen dnrch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit I Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Monats - Bericht. Die Anfangstage des Monats Februar brachten uns die Eröffnung des Reichstages. Wichtig war vor Allem die erste Lesung des Militärge setzen twnrfs und die bei dieser Gelegenheit gehaltene bedeutende Rede des Feld- niarschalls Grafen Moltke. Sie gipfelt in dem allseitig an erkannten Gedanken, daß wir uns durch unsere großen mili tärischen Erfolge zwar viel Achtung, aber wenig Liebe er worben haben, und daß es unsere Aufgabe sein werde, daS in sechs Monaten Errungene ein halbes Jahrhundert lang zu vertheidigen. Der Gesetzentwurf selbst, ebenso wie der über die Presse, wurde an Commissionen zur Vorberalhung verwiesen. Demnächst benutzten die zum ersten Male in den Reichstag eintretcuden Abgeordneten aus Elsaß-Lothringen die Gelegenheit zu dem bekannten, hauptsächlich für das fran zösische Publikum berechneten Anträge auf Volksabstimmung über die Annexion ihres Landes. Es war selbstverständlich, daß dieser Antrag vollständig Fiasko machen mußte. Von politischen Ereignissen hat hiernächst die Reise deö Kaisers von Oesterreich nach Petersburg zu mannich- fachem Zeitungsklatsch Veranlassung gegeben. Alle einsich tigen Politiker stimmen jedoch in der Auffassung überein, daß diese Reise die weitere Entwickelung und Begründung der angebahnte» freundschaftlichen und friedlichen Beziehungen zwischen den großen Nachbarreichen, Deutschland, Rußland und Oesterreich zum Zwecke gehabt habe. Es ist kein Zweifel, daß das compakte Zusammenhalten dieser drei großen Mächte in der Thal jeden Krieg in Europa unmöglich machen muß, uud insofern können wir jeden Schritt mit Freuden begrüßen, welcher, wie die jüngste Reise des Kaisers von Oesterreich, dieses Ziel zu fördern geeignet erscheint. Der Kampf der Republikaner und Karlisten in Spanien hat in den letzten Tagen des Monat Februar eine ernstere Gestalt angenommen und mit der Niederlage der Republikaner geendet. Die Armee der Karlisten scheint numerisch dem Heere der Republikaner überlegen und besser geführt zu sein, so daß die Regierung alle Kräfte wird auf biete» müssen, um den Karlisten gegenüber das Feld zu be haupte». So wenig Regierungsfähigkeit auch die Republi kaner bis jetzt an den Tag gelegt haben, so würde doch andrerseits ein Sieg des Don Carlos zwar die Ordnung vorübergehend Herstellen, aber wegen der ihn voraussichtlich begleitenden klerikalen Reaktion ebensowenig dauernde fried liche Zustände für das von Revolutionen durchwühlte Land begründen können. Wenn die Monate Februar und März häufig bestimmend für die politische Situation des Jahres gewesen sind, so können wir mit dem abgelaufenen Februar insofern zufrieden sein, als sich keine ernsthaften Shmtone einer Störung der allgemein herrschenden friedlichen Strömung gezeigt haben. Weniger erfreulich sieht es auf wirthschaftlichem Gebiete aus; indessen ist auch hier die weiter schreitende Reaclion gegen die Schwindelperiode der letzten Jahre als eine Rück kehr zu normalen und gesunden Zuständen zu betrachten, und wir dürfen daher auch auf diesem Gebiete einer bessern Zu kunft entgegensehen. —r. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparcasse wurden im Monate Februar d. Js. 486 Einzahlungen im Betrage von 15,365 Thlr. 17 Ngr. 9 Pfg. gemacht; da gegen erfolgten 299 Rückzahlungen im Betrage von 9985 Thlr. 11 Ngr. 5 Pfg. — Die Ein- und Zweipfcnnigstücke der neuen Reichs währung sind kleiner als ihre Vorgänger; die Metallmischung (Nickel und Kupfer) contrastirt durch eine halb schmutzige Farbe unvortheilhaft von der bisherigen Kupfermünze. Dresden. Wiederholt machen wir darauf aufmerksam, daß der Jahrmarkt in nächster Woche nur Montag und Dienstag dauern wird. — Auch ist hinkünftig den herum ziehenden Musikanten das Spielen auf Plätzen und Straßen verboten. — In verschiedenen Kreisen trifft man auch hier bereits Vorkehrungen, um den 78. Geburtstag des Kaisers Wil helm (am Sonntag, 22. März) besonders festlich zu begehen. — Actienbierbrauerei zum Felsenkeller vertheilt auf das verflossene Geschäftsjahr eine Dividende von 28 pro Cent. Berlin. Der Kaiser leidet seit voriger Woche an einer Erkältung, deren Zustand eine» regelmäßigen Verlauf nimmt; die Wiederaufnahme der Spazierfahrten ist jedoch noch nicht zu gestatten. — Das Befinden des Fürsten Bis marck ist kein erwünschtes; er leidet wieder an seinem alten Uebel, und wird wahrscheinlich den Geschäften für einige Zeit fern bleiben müssen. — Der Reichstag beschäftigte sich in den letzten Tagen mit Beratungen über das Jmpfzwanggesetz. Die Ein richtung von öffentlichen Badeanstalten, welche die Social demokraten zu den «»geordneten Impfstelle» beantragten, wurde abgelehnt. — Das Militärgesetz hängt »och immer in der Schwebe; man spricht schon davon, die Regierung beabsichtige, den Entwurf zurückzuziehen. — In Trier ist der Bischof Eberhard am 6. März durch den Landrath verhaftet und ins Gefängniß gebracht worden. Viele Geistliche begleiteten den Bischof auf dem Wege dahin; der Menschenmenge ertheilte derselbe seinen Segen. Ruhestörungen fanden nicht statt.