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Freitag. Rr. 93. 28. November 1873. Weißerih-Ieitung. Amts-Matt für die Herichts-Aemter »nd StadtrütKe z» Dippoldiswalde »nd Kranmstein. Verantwottlicher Rcdacteur: Carl Irhne in Dippoldiswalde. Dieses Blail erschein! wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. — — s- - —M.» - '""«I Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Die Besichtigung der Räumlich keiten im hiesigen Schlosse behufs der Aufnahme der neu zu errichtenden Amtshauptmannschaft hat am 26. Novbr. durch Hrn. Landbaumeister Canzler aus Dresden stattgefunden, und sind dieselben, was sowohl die Expeditione- als auch die Wohnungsräume anlangt, als in Zahl und Größe völlig genügend befunden worden. — Ueber die heute (Donnerstag, den 27. November) hier stattgehabte Diöcesan-Versammlung der hiesigen Ephorie berichten wir in nächster Nummer. Dresden. Die 2. Kammer beschäftigte sich mit dem Anträge des Abg. Schreck in Bezug auf Beamten-Verminde- rung. Eine Deputation wird die Frage, in Verbindung mit einer solchen der 1. Kammer, weiter erörtern und das Resultat der Regierung unterbreiten. — Unter den Regierungs vorlagen befindet sich ein Dccret wegen vorschußweiser Be willigung von 200,000 Thlrn. zu Anlegung eines Botanischen Gartens in Leipzig. Der jetzige, mit der Universität ver bundene, aber für die Zwecke derselben nicht ausreichende soll verkauft und der obige Vorschuß in 5 Jahren an die Staatskasse zurückgezahlt werden. Ein anderes Decret bean tragt die Bewilligung von 250,000 Thlrn. für die Land- wirthschaftliche Lehranstalt und für das Zoologische Institut der Universität Leipzig, ferner 250,000 Thlr. für die Er richtung einer psychiatrischen Klinik (für Seelenheilkunde) an der Universität Leipzig. — Am Montag Nachmittag hat sich hier eine unbekannte, anständig gekleidete, etwa in den 30er Jahren stehende Frauens person von dem Dache der hiesigen Kreuzkirche, wohin sie durch ein Fenster im sogen. Lauteboten gelangt ist, auf das Slraßenpflaster herabgestürzt und ist auf der Stelle todt geblieben. Leipzig. Welche Unverschämtheiten sich die Käufer auf dem hiesigen Wochenmarkte ost von den fremden Händlern gefallen lassen müssen, dafür sprechen folgende zwei Fälle, die sich ganz kürzlich zutrugen. Eine hiesige Bürgersfrau frug einen auswärtigen Gänsehändler auf dem Markte nach dem Preise einer Gans. Da ihr der Betrag von 3 Thlr. 5 Ngr. zu hoch war und sie eine diesfällige Bemerkung fallen ließ, erklärte der rohe Mensch: „Holen Sie sich eine GanS beim Schinder, da bekommen Sie dieselbe etwas billiger." Die Frau verbat sich derartige Ungezogenheiten und entgegnete dem Manne, wenn er nicht zu handeln verstände, möchte er doch den Markt nicht beziehen. Darauf nahm der über diese Rüge wüthend gewordene Gänsehändler ein mit heißem Grog gefülltes Glas, das er gerade in der Hand hielt, und warf eS der Frau mit einer solchen Gewalt iUS Gesicht, daß die selbe eine bedeutende Verletzung über dem einen Ange erhielt. Auf erstattete Anzeige wurde der brutale Mensch arretirt und erst nach Erlegung einer Geldstrafe und Zahlung von Kosten wieder entlassen. Der zweite Fall betraf den Ge schäftsführer eines Lindenauer Gasthauses, welcher ebenfalls von einem auswärtigen Gänsehändler, als er dem letzter« ein etwas zu niedriges Gebot gethan hatte, ohne Weiteres gepackt und geschlagen und auf das Straßenpflaster geworfen wurde. Auch dieser rohe Patron wanderte nach vorhergegangener Anzeige auf die Polizei und wurde erst am Abend nach Zahlung einer Geldstrafe und der entstandenen Kosten wieder freigegeben. Berlin. Der Kronprinz des deutschen, Reiches ist mit Gemahlin und Kindern in Stettin gewesen, um der Feier des Stapellaufes der Panzerfregatte „Borussia" beizuwohnen. Der Taufspruch, mit welchem die Frau Kronprinzessin das Schiff weihte, lautete: „Es ist Preußens eiserne Wehr, welcher unser deutsches Vaterland seine wieder gewonnene Einheit und Größe verdankt. Das erste Schiff, welches das ge einte Deutschland von deutscher Werft in Eisen gekleidet zum Schutze deutscher Macht in die Meere sendet, taufe ich darum auf allerhöchsten Befehl Sr. Maj. des Kaisers und Königs auf den Namen „Preußen." Möge es diesem Namen Ehre machen allezeit und mögen trotz Sturmes und Wetters seine Fahrten stets zu glücklichem Ziel führen." Bei dem nun folgenden Diner brachte Se. kaiserl. und königl. Hoh. der Kronprinz einen Toast auf die Marine aus. — Ein Sohn armer Aeltern aus der Provinz, welcher bei einem in Berlin wohnenden Kaufmann in der Lehre stand, hatte das Glück, in der letzten Ziehung der Klassenlotterie den vollen Betrag eines Viertels vom großen Loose zu gewinnen. Sein Principal, der bestimmt wußte, daß der Knabe kein eigenes Geld hatte, am allerwenigsten aber eine Summe, um ein ganzes Viertel allein spielen zu können, drang in den Lehrling, ihm zu bekennen, woher er das Geld habe — und der Glückliche gestand reumüthig, daß er es sich aus dem Erlös eines dem Chef entwendeten Stückes Waare verschafft habe. Der Principal verlangt jetzt den Gewinn als sein Eigenthum. Die Angehörigen des Knaben verweigern, hiesigen Blättern zufolge, die Herausgabe, und so steht ein Proceß bevor, wie er in den Annalen der CivilgerichtSpflege wohl noch nicht verzeichnet sein dürfte. — Aus Posen wird gemeldet, daß dem Erzbischof Ledochowsky kürzlichst wieder die Möbel aus drei Zimmern seines Schlosses aLgepfändet wurden; er war tief erschüttert. — In Köln ist der Erzbischof Melchers wegen Anstellung von Geistlichen ohne Genehmigung der Staatsregierung in 5 Fällen zu je 200 Thlrn. Geldbuße eventuell je 2 Monaten Gefängniß verurthetlt worden. — In Kassel sind 8 wider-