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Freitag. Nr. 77. 3. October 1873. WePerih-Ieitung. Amts-Matt für die KeriPts-Aemter und Stadträttje zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags nnd Freitags. Zn beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Im Anschluß und zur Richtigstellung des in voriger Nr. d. Bl. ausgesprochenen Urtheils über die Herstellung unseres Rathhaus-Saales müssen wir, nach dem Herr Architekt Schmidt Hierselbst uns die Skizzen und Zeichnungen, die von ihm angefertigt wurden, vorgezeigt, allerdings erklären, daß die Ausführung hinter denselben weit zurückgeblieben ist, wovon sich Jeder, der sich dafür interessirt, durch Einsichtnahme der Zeichnungen bei Herrn Schmidt, der anch zu weiterer Erläuterung gern erbötig ist, überzeugen kann. — Auch der hiesige Turnverein wünscht hinsichtlich der von uns gerügten Körperhaltung rc. die Aufnahme fol gender Berichtigung: „Bezüglich des Artikels in voriger Nr. dieses Blattes, über das am 28. vorigen Monats stattgefundene Schauturnen mit Ball, ist Mehreres zu berichtigen und zu erwiedern. In demselben heißt es, daß 5 auswärtige Vereine vertreten gewesen seien, während es deren blos 3 waren und wovon sich blos ein Verein durch 4 Mitglieder von Anfang an beim Turnen betheiligte; der zweite erst während des Kürturnens eintreffende Verein betheiligte sich nur durch einige seiner Mitglieder am Ende des Schauturnens und zwar, wie die Erstere», in vollständig exacter Weise und durchaus nicht so, wie in besagtem Artikel darüber ge schrieben ist. — Ebenso ist auch die Kritik bezüglich des Tanzens kaum in dieser Art und Weise am Platze, denn eine straffe und elastische Körperhaltung ist nur Wenigen von der Natur verliehen und wird in unserer Volkserziehung noch so stiefmütterlich behandelt, daß man von Leuten, die nur kurze Zeit erst dieser Pflege theil- haftig sind, denn solche sind bei Turnvereinen immer die Mehrzahl, von denjenigen, die der Sache blos dem Namen nach angehören, ganz abgesehen, wohl kaum verlangen kann, die besagte Körper haltung stets zur Schau zn tragen," — Am heutigen Vormittag (2. Octbr.) ist die Butter frau Wolf aus Hennersdorf am hiesigen Kirchplatze plötzlich umgefallen, wahrscheinlich in Folge eines Schlaganfalles, und sofort verschieden. Die Aufhebung durch die städtische Be hörde erfolgte alsbald. — Nach einer neuern Anordnung des kaiserl. General- Postamtes sind die österreichischen Biertelgulden von den Postanstalten nur noch in einzeln en Stücken bei Berichtigung von Postgefällen anzunehmen; die Annahme in größeren Quantitäten bleibt ausgeschlossen. — Aus Pirna wird berichtet, daß der Rittmeister v. Schwanewede — der Held von Lausigk — zur Verbüßung der ihm zuerkannten Monatlichen Festungsstrafe auf dem Königstein angekommen ist. Dresden. Der Landtag ist nunmehr definitiv auf Mon tag, den 13. October, einberufen. — Nach einer statistischen Zusammenstellung vertheilen sich die 80 Mitglieder der 2. Kammer auf folgende Berufs klassen: 30 gehören den Ackerbautreibenden an, nämlich die Guts- resp. Rittergutsbesitzer, 12 dem Advocatenstande, 12 sind Kaufleute und Fabrikanten, 6 Gewerbetreibende sonstiger Art, 11 Staatsdiener, 5 städtische Beamte, 2 Lehrer und 2 Rentiers. — Die Stadtverordneten in Dresden haben 30,000 Thlr. zur Errichtung eines Siegesdenkmals bewilligt. Ein patriotischer Verein hat zu gleichem Zweck schon 5000 Thlr. gesammelt und steuert diese Summe bei. Eibenstock. Am 27. Sept, sind hier 10 Wohnhäuser, 1 Maschinengebäude mit 20 Maschinen, mehrere Scheunen und Schuppen abgebrannt. Gegen 30 Familien sind obdachlos. Leipzig. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag hahen in der nächsten Nähe abermals die bedauerlichsten und bedeutende Excesse stattgefunden. Eine große Anzahl sog. „Steinetreiber" zogen in Reudnitz aus einem Local in das andere und verübten Ungezogenheiten. Ein Wirth requirirte polizeiliche Hilfe; doch ehe diese kam, ging der Krakehl mit den üblichen widerlichen Scenen vor sich. Dem Wirth gelang es, das Local zu räumen und zu schließen, und nun ging das Toben auf der Straße los; der Janhagel von Reudnitz kam aus allen Ecken und Enden herbei, so daß die gegen 12 Uhr heimfahrenden Pferdebahnwagen nur mit Mühe die 'Chausseestraße passiren konnten. Auf das Commando einiger Anführer setzte sich der ganze Zug, furchtbar tobend und lärmend, in Bewegung nach der „Grünen Schenke" und dem „Löwen" zu. Hier ging nun der Tumult erst richtig los, und trug der Crawall den Charakter, wie bei den jüngsten Pleißengassenexcessen. Das große Eingangsthor zum „Löwen" war verschlossen, die Menschenmasse drängte an, da« Thor krachte unter allgemeinem Hurrahgeschrei aus einander, und im Nu überflügelte die Masse das Gehöft und die Schenk stuben. Stuhlbeine knackten und flogen unter die Massen, Fenster, Klinken, Biergläser wurden zerschlagen, kurz der Vandalismus hauste auf schreckenerregende Weise. Da kamen plötzlich Gendarmerie und die Ortspolizisten an und griffen unerschrocken ein. „Stecht die Hunde nieder!" ertönten einzelne Rufe, und die Leute hatten alle Mühe, Herr der Situation zu werden, was ihnen jedoch nach furchtbarer Gegenwehr gelang. ES wurden zahlreiche Arreturen vorge nommen und die Verhafteten unter Unterstützung ordnungs liebender Männer in Verwahrsam genommen. Die Ruhe war jedoch nur theilweise herzustellen, denn wieder sammelten sich die Tumultuanten an andern Orten, in Anger, SeUer« —TOT-—