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- 482 — ein Hülferuf zur Linderung der äußern und innern Noch unseres Volkes, deren Beseitigung das Ziel der innern Mission ist, sondern auch ein Weckruf an das menschenfreundliche Herz und an das christliche Gewissen. Der Bericht des Herrn Pastor Zimmermann (Seifersdorf) schilderte in höchst anschaulicher, farbenreicher Darstellung einzelne Arbeitsgebiete der innern Mission (Krippe, Kinderbewahranstalt, RettungS- hauS, MägdebildungSanstalt, Mägdeherberge, Magdalenen- stift u. A.). Neu war uns am Schluß des Berichts das Ausbieten von Büchern und Bildern, die der sächs. Haupt verein für innere Mission herausgegeben hat. Sonst pflegt dies nur zu geschehen, wenn der Bericht in einer freien Ver sammlung außerhalb der Kirche gehalten wird. Hat dieser ungewöhnliche Schluß nun auch eine verschiedene Beurtheilung erfahren, so ist doch zu wünschen, daß die Sache selbst des halb von Niemandem verurtheilt werde. Denn die innere Mission, ein junger Zweig an dem Baum christlicher Liebes- thätigkeit, auf dem der Gustav-Adolf-Verein und die äußere Mission bereits erwachsen sind, ist der Förderung eben so bedürftig als würdig um des Segens willen, den sie stiftet. Johnsbach. Hier freuen wir uns Alle herzlich auf nächsten Sonntag, an welchem von Nachmittags 2 Uhr an die Jahresfeier des Dippoldiswaldaer Zweigvereins der Gustav-Adolf-Stiftung statlfinden wird. Da durch den beliebten Kanzelredner Hrn. Pastor Nächster, gewiß eine recht kernige und würdige Speise geboten werden wird und der Verein selbst, dessen Panier evangelischer Glaube und opferfreudige Liebe ist, durch seine «iegeskraft alle wohlge sinnten Herzen anzieht; so hoffen wir eine zahlreiche Be theiligung aus der Umgegend. Ja, liebe Glaubenbrüder und Glaubensschwestern, kommt recht Viele, Ihr seid uns herzlich willkommen. Dresden. In dieser Woche hat sich im Stadtbezirke kein neuer Cholerafall ergeben; es befindet sich nur eine Person im Sladtkrankenhause in ärztlicher Behandlung. — Die Stadtgemeinde brauchte zur dreimaligen Desinfection der Stadt, Wilsdruffer Vorstadt und Friedrichstadt 36,614 Pfd. DeSinfectionspulver und 34,318 Pfd. Eisenvitriol mit Carbol säure. — Auch in der Umgegend nimmt die Cholera ab. — Zu der demnächst stattfindenden Einweihung des Denkmals, welches das 12. (königlich sächsische) Armee- Korps seinen in der Schlacht bei St. Privat gefallenen An gehörigen errichtet, ist der Kronprinz von Sachsen nach Metz gereist. Das Denkmal kommt zwischen St. Privat und Noncourt zu stehen, da, wo die sächsischen Truppen, das Schicksal des Tages entscheidend, in den mörderischen Kampf um das erstgenannte Dorf erfolgreich, wenn auch unter schweren Verlusten, eingegrisfen. Leipzig. Hier wird in Kurzem der deutsche Pro testaulentag abgehalten werden. Dessen Sitzungen sollten mit einem Gottesdienste beginnen und der Kirchenvorstand hatte hierzu die Nikolaikirche angeboten, Pastor vr. Ahlfeld jedoch seine Zustimmung verweigert. Die Sache ist jetzt durch die Kreiödirection dahin entschieden worden, daß die Kirche dem Gottesdienste geöffnet wird. (Das Beispiel der preußischen Bischöfe scheint ansteckend zu wirken!) — Am 15. Juli wurde zur Chemnitz-Aue-Adorfer Bahn bei Zwönitz der erste Spatenstich gethan; ein Gleiches fand am 18. bei Oberau für die dirccte Berlin-Dresdner Bahn statt. Branschweig. In der Nacht zum 21. Juli ist hier die alte fürstliche Burg, das Schloß Heinrichs des Löwen, durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Baiern. In dem Processe Spitzeder sind sämmtliche Angeklagte im Sinne der Anklage vom Schwurgericht schuldig gesprochen worden: Adele Spitzeder erhielt auf Antrag des Staatsanwaltes 3 Jahre Zuchthaus, die Rosa Ehinger und Nebel je 1 Jahr Gefängniß rc. So schlagfertig und von ungewöhnlicher geistiger Spannkraft sich auch die Spitzeder während-der 7 tägigen Verhandlungen zeigte, so erschüttert war sie von dem Spruche der Geschworenen: sie sank erst bitterlich weinend auf den Sessel nieder, an allen Gliedern zitternd, und als sie den Saal verlassen, brach sie zusammen und konnte erst nach geraumer Zeit zum Bewußtsein gebracht werden. — In dieser und nächster Woche werden nun noch 4 derartige Verhandlungen gegen „Dachauer Bank-Inhaber" wegen betrüglichen Bankerottes stattfinden. Frankreich. In der Sitzung der Nationalversammlung am 21. Juli kam eine, längere Zeit schon erwartete Inter pellation Jules Favre's über die innere Politik der Regie rung in äußerst stürmischer Weise zum Austrag. Favre sagte, die Regierung solle erklären, ob sie auf der Fährte der Bonapartisten, der Orleanisteo oder der Legitimisten sei, da sie genügen dargethan habe, daß die Republikaner nicht in besonderer Gnade bei ihr ständen, und fuhr dann fort: „daß der provisorische Zustand nicht länger dauern könne, und jetzt, wo die Versammlung sich auf 3 Monate trennen werde, stelle er die Frage, welche Politik die Negierung im Innern verfolgen werde; man fühle allgemein das Bedürfniß einer festen, bestimmten Staatseinrichtung. Thiers habe dies erkannt, und weil er sofort die Republik gründen wollte, hätten ihn Die gestürzt, weiche sie nicht wollen. Man habe die Regierung gestürzt, aber die Principien derselben nicht über den Haufen werfen können; man hätte den Beleidigungen gegen Thiers Einhalt thun sollen; statt dessen seien sie aus der Umgebung des Vicepräsidenten des Ministerathes hervor gegangen." Es entsteht ein langer furchtbarer Tumult, und endlich wird eine von der Rechten beantragte Tagesordnung mit 400 gegen 270 Stimmen angenommen, welche lautet: „Die Nationalversammlung vertraut den Erklärungen der Regierung und billigt die seit dem 24. Mai befolgte Politik." —- In Biarritz ist am 20. Juli ein Mordversuch gegen den Marschall Serrano unternommen worden; der Thäter ist ergriffen. Vermischtes. Die ehrenwerthen Herren Apotheker stellt der Volksmund immer in die Kategorie der 99er, und meint dabei, dies käme daher, weil unter 100 Apothekern 99 schnurrige Kerlchen wären. Wenn wir nun auch gegen letztere Behauptung aus alter Erfahrung nicht protestiren wollen, so werden wir doch in Bezug auf die Entstehung dieser Bezeichnung eines Besseren belehrt. Man nummerire nämlich das Alphabet, unter Hinzunahme von j hinter dem i, nach der Reihe, stelle den Werth der Zahl zusammen, so ergiebt 1, 16, 15, 20, 8, 5, 11, 5, 18, a p o t h e k er, die Summa 99, und was das Schnurrigste ist: die Leimsieder, Bierbrauer und Affenhändler theilen mit den Apothekern dasselbe Schicksal! Unsere sich dafür interessirenden Leser mögen sich nun daran machen, noch andere 99er aufzufinden; eine hübsche Ferien arbeit. In der Gemeinde W. ist folgende amtliche Verfügung über die Hundescheu publicirt worden: „Auf Verfügung k. Amts Usingen ist dahier die Hundeswuth ausgebrochen; es wird jedermann gewarnt, bei der gesetzliche Straf sein Hund innerhalb 6 Wochen anzubinne." Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 7. Sonntag nach Trinitatis (27. Juli) predigt Herr Diac. Geisdorf. Vorher Eommunion: Herr Sup. Opitz. Nachmittags 2 Uhr Jahresfeier des Zweigvereins derGustav- Adols-Stiftung für Dippoldiswalde und Umgegend in der Kirche zu Johnsbach.