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Nr. 57. Freitag. Slk s« 25. Juli 1873. Weißerrh-Zeitung. Amts-Matt fiir die Herichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Iraumstei«. Verantwortlicher Redakteur: Cart Ichne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zn beziehen durch all» Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden nut 1 Ngr. für die Spalten - Zeile berechnet. Einen wichtigen Gedenktag feierte die gebildete Welt am 21. Juli dieses Jahres. Vor 100 Jahren an diesem Tage unterzeichnete Clemens XIV. die Bulle, durch welche der Orden der Jesuiten in der ganzen römisch-katholischen Kirche aufgehoben wurde. Ein durch Jahrzehnte anwachsender Sturm des Unwillens und der Entrüstung gegen die Jesuiten, war in allen Staaten Europa's vorangegangen; Clemens XIII., selbst ein Geschöpf der Jesuiten, hatte ihm zu widerstehen gewußt. Sein Nach folger wurde 1769 erst nach einem dreimonatlichen Conclave, in welchem die Höfe und die Jesuiten sich heftigst bekämpften und in welchem schließlich die Jesuiten unterlagen, erwählt. Clemens XIV. kämpfte einen schweren innern Kampf, ehe er zu der weltberühmten Maßregel schritt. Die sorgfältigsten Untersuchungen über Geschichte und Wirken der Jesuiten wurden angestellt, in inbrünstigem Gebet um Erleuchtung rang er lange Zeit nach einem Entschluß, endlich fand er ihn und „voll Vertrauens von dem Heiligen Geist gestärkt und geleitet," wie er selbst sagt, unterzeichnete er die Bulle. Dieselbe legt auch ein lautes Zeugniß ab für die Berechtigung der Kämpfe unserer Zeit. Wenn man die Bulle liest, so erscheint eS bezeichnend für die ganze Frivolität des heutigen Jesuitismu« auch in den ihnen angeblich heiligsten Dingen, wenn er diese durch innerliche Kämpfe sich abgerungene Er klärung des „unfehlbaren" Nachfolgers Petri eine Verirrung oder gar einen „Bocksprung" nennt, eine Bezeichnung, wir sie auch das unkirchlichste Blatt noch nie einer Kundgebung des apostolischen Stuhles beigelegt hat. Clemens XIV. hat jene Bulle, in der Absicht, der Welt damit den Frieden zu geben, unterzeichnet, wohl wissend, daß er sich selbst durch ihre Unterzeichnung opfere. „Diese Unterschrift wird mir den Tod geben!" so rief er bei der Unterzeichnung aus, und er hat richtig geweissagt, da er die Jesuiten kannte. Die Furcht, von den Jesuiten vergiftet zu werden, verließ ihn die übrigen Tage seines Lebens nicht, und wenn die oft er hobene Anschuldigung, daß das Gift der Jesuiten selbst seinen schon am 22. Sept. 1774 vorzeitig erfolgten Tod herbei geführt hat, vor dem Urtheile der Geschichte nicht standhält, so war es die Furcht vor diesem Gifte, welche seine letzten Tage erfüllte und sein Ende beschleunigte. Die Beseitigung der Jesuiten war ein großer Gewinn für die Welt gewesen, wenn sie die Heilung der Schäden auch nicht brachte. Aber die Menschen wie die Regierungen sind vergeßlich, und deshalb und zwar um so mehr, als Reaction und Restauration der einzig herrschende Gedanke nach dem Sturze der Napoleonischen Herrschaft war, ließen die Staaten es ruhig geschehen, daß Pius VII. sofort nach seinem Wiedereinzug in Rom die Bulle Clemens' XIV. im August 1814 wieder aufhob und den Jesuitenorden wieder herstellte! Alle religiösen Streitigkeiten der letzte» vierzig Jahre ferner die Dogmen von der unbefleckten Empfängnlß der Mutter Maria und von der päpstlichen Unfehlbarkeit, und endlich neben den andern Anmaßungen des PapstthumS auch die wieder aufgelebte: oberster Herr und Gesetzgeber in den Staaten zu sein, verdanken wir zum großen Theil jener Kurzsichtigkeit der Regierungen und jenem Vorgänge vom Jahre 1814. Und unsere Zeit möge sich stärken an den in der Bulle niedergelegten Ueberzeugungen, damit wir mit den Jesuiten auch den Jesuitismus wieder los werden! Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 24. Juli. Wir kommen aber mals auf den immer noch in seinem bisherigen Zustande ver harrenden Oberthorplatz zurück. Wenn endlich wird man die Planirung desselben in Angriff nehmen? Freilich jetzt, wo fast ununterbrochen Sonnengluth den Boden auS- dorrt, geht man dort, wenn man kein Auge für Unebenheiten hat, eben so gut oder eben so — schlecht, als auf anderen Straßen und Plätze» der Stadt; wenn sich aber die Witterung ändern und herniederströmender Regen den Boden erweichen und den nur z» bekannten Urbrei wieder Herstellen wird, dann wird man wenigstens wieder an die überaus zärtliche Fürsorge erinnert werden, mit welcher unsere städtischen Collegien für Diejenigen sorgen, welche nicht bei jedem Aus gange ein Paar frische Stiefel in Bereitschaft stehen haben. Man setzt unsere Geduld auf eine harte Probe; möge man sich nicht wundern, wenn sie uns endlich reißt und wir endlich energisch fordern, um was wir bisher nur gebeten hatten. Zeit genug ist gewesen, diese verhältnißmäßig kleine Arbeit auszuführen. Es wird nicht überraschen können, wenn der Verschönerungsverein, der auch den bereglen Platz mit in's Auge gefaßt hatte, seine Pläne ändert und die Sachen gehen läßt, wie sie gehen. Wenn ihm Seiten der städtischen Be hörden kein Entgegenkommen gezeigt wird, muß das Interesse für ihn nothwendig erlahmen. Nicht unterlassen wollen wir, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, wie es sich längst gehört hätte, die Aufschüttung des Bassins am Oberthorplatze mit einer sicheren Barriere zu versehen; wenn Jemand heruntergestürzt sein und Arme und Beine gebrochen haben wird, wird es vielleicht nicht mehr so lange als bisher dauern, daß man durch diese unbedingt notwendige Sicherung für Leben und Gesundheit Vorsorge trifft. Schmiedeberg, den 20. Juli. Heute Nachmittag wurde in hiesiger Kirche ein Gottesdienst für innere Mission gehalten, der ziemlich besucht war. Die Predigt des Herrn Sup. Etz, welche daS Gleichniß vom barmherzigen Samariter treffend auf VaS Werk der innern Mission deutete, war nicht bloS