Volltext Seite (XML)
Amts-Matt für die Herichts-Aemter und StadtrWe zu Dippoldiswalde und Z-raucnstein. Verantwortlicher Redatteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Monats - Bericht. Die auch während des Monat Juni anhaltende politische Windstille und der dadurch bedingte Mangel an Matersal zur Berichterstattung, veranlaßt uns, der rückläufigen Bewegung, welche sich seit einiger Zeit auf wirthschaft- lichem Gebiete vollzogen hat, unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Bekanntlich nahmen nach dem Friedensschlüsse Handel und Industrie einen ungewöhnlichen Aufschwung, neue Actien-Unternehmungen wuchsen wie Pilze aus der Erde, bestehende größere Geschäfte gingen in die Hände von Actien- Gesellschaften über, die Bauspeculation in großen Städten trieb die Preise des Baugrundes, der Bauinaierialien, der Arbeitslöhne und des Miethzinses fabelhaft in die Höhe, und die übermäßige Production auf allen Gebieten trug dazu bei, eine Menge Werthe zu schaffen, für welche es schließlich an Verwendung fehlte. Gar oft begegnete man der Frage: „Wo soll das hinaus?" und das Gefühl, daß es so nicht fortgehen könne, wurde allgemeiner. Bereits zu Anfang des Jahres machte sich ein Stillstand bemerkbar. Die Preise der Arbeitslöhne, Lebensmittel rc. gingen nicht weiter in die Höhe, Materialien wurden billiger, und schließlich führte die Ueberladung der Börsen mit vielen zweifelhaften Werthen, zunächst in Wien zu dem großen Börsenkrache, in Folge dessen zahlreiche Bankerotte und Ver mögensverluste entstanden sind. Die Wirkung dieses Rückschlags auf Handel und Industrie ist nicht ausgeblieben; die Spekulation ist gelähmt, und an Stelle der übergroßen Unternehmungslust ist eine eben so ungerechtfertigte Mutlosigkeit getreten. Daß bei diesem Uebergange für Viele erhebliche Verluste entstanden sind, ist selbstverständlich; allein es war die einzige Möglichkeit, um allmählig wieder zu geordneten Zuständen zu gelangen, und die Preise für viele Bedürfnisse auf das richtige Maaß zurückzuführen. Zu bedauern bleibt, daß manche volkswirthschaftlich wichtige Projekte gegenwärtig in den Hintergrund treten. Da indeß des Geldes nicht weniger geworden ist, so wird sich für Unternehmungen auf gesunder Basis auch bald wieder Vertrauen und mit ihm die nöthige Finanzkraft finden. Im Großen und Ganzen hat sich auch in gegenwärtiger Krills die Richtigkeit des alten Gesetzes bewährt: daß lediglich Angebot und Nachfrage die Höhe der Preise für alle menschlichen Bedürfnisse undLeistungen bestimmen und reguliren. Biel Maaren und wenig Nachfrage wird immer die Preise drücken, während umgekehrt, wenig Waare und viel Nachfrage dieselben stets in die Höhe treiben wird. Zwar kann auch die Spekulation, wie wir gesehen haben, die Preise in die Höhe treiben; allein sie findet ihre Grenze und muß dann die eingenommene Position bald wieder räumen. —r. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, 7. Juli. Nachdem in einigen Dörfern des Dresdener Amtsbezirkes (s. die Correspondenz aus Dres den) das Auftreten der Cholera constatirt ist, zeigt sich auch bereits die einer solchen Nachricht stets folgende Wirkung: allerorten glaubt man sich von der bedrohlichen Keuche un mittelbar gefährdet; hier und da soll sie neuerdings auSge- brochen sein und Opfer gefordert haben rc. Wenn von be rufenen Personen zur Vorsicht, zur Beachtung gewisser diätetischer Maßregeln aufgefordert wird, wenn von Obrig keiten zur möglichen Verhütung der Gefahr vorgeschriebepe Mittel auf's Neue eingeschärft werden: so ist das vollständig in der Ordnung; wenn aber von neuigkeitssüchtigen Schwätzern, oder aus übertriebener Aengstlichkeit, jede auch zu anderer Zeit auftretende Erkrankung als Cholerafall auS- posaunt wird, — so kann das wegen des, auf Verbreitung der bösen Krankheit nicht gering anzuschlagenden Einflusses gemüthlicher Aufregungen gefährlich werden, und wir irren wohl nicht, wenn wir behaupten, daß sich eine solche Hand lungsweise unter Umständen zur criminellen Bestrafung eigne. Da wir voraussetzen dürfen, daß, wenn irgendwo wirkliche Cholerafälle vorkämen, dies von Obrigkeitswegen bekannt gemacht werden wird, so möchten wir Jedermann wohlmeinend ersuchen, mit der Verbreifung ihm in dieser Hinsicht bekannt gewordener Mittheilungen — mögen sie herrühren, von wem sie wollen — vorsichtig zu sein, in seinem eigenen In teresse, wie in dem der Gesammtheit. Wir erwähnen nun zur Beruhigung aller ängstlichen Gemüther noch ausdrücklich: daß die Gerüchte von Cholera fällen in unserer Umgegend sich — nach der an das hiesige königl. Gerichtsamt erstatteten ärztlichen Anzeige — lediglich auf zwei in Schmiedeberg vorgekommene „cholera ähnliche" Krankheitsfälle und auf einen ganz gleichen in Ulberndorf zurücksühren lassen; es sind jedoch sänUntliche Kranke bereits so gut wie vollständig wieder genesen. — Also weg mit übertriebener Aengstlschkeit und Verbreitung unwahrer, dem Allgemeinen, der Stadt und Umgegend nur schädlicher Nachrichten! Vorsicht beim Genuß von Speisen und Getränken, Mäßigkeit und Beobachtung der klimatischen Verhältnisse sind allerdings jetzt sehr zu empfehlen. Hoffentlich können wir in nächster Nummer unseres Blattes weitere beruhigende und amtlich constatirle Mit theilungen bringen. — ES wird uns mitgetheilt, daß seit beinahe 14 Tagen eine ältliche, stets schwarz gekleidete Frau, die sich für eine gewisse Märker aus Dresden und aus dem geistlichen Stande stammend, ausgiebt (sie habe eine, jetzt im Krankenhause zu Dippoldiswalde befindliche Schwester), sich in den umliegenden Ortschaften umhertreibt. Sie zeigt eine gewisse Biwung, belästigt aber die Leute durch die Ansprüche, die sie än sie Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten - Zeile berechnet.