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Freitag. Nr. S8. 16. Mai 1873. Weißerrh-Fettung. Amts-Matt fiir die Kerichts-Aemter und StadträHe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redsttcur: Cart Irhne in Dippotdiswalde. Dieses Blatt erschein! wöchentli» zwei Mal: Dienstags mW Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen, vierteliäbrlicb 12 Nar. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Ver- Pre,s orrrrrri a w werden mit 1 Ngr. fiir di- Spalten - Zeile berechnet. Tagesgefchichte. Dresden. Durch die, demnächst eintretende neue Gerichts-Organisation sollen, soviel bis jetzt bestimmt ist, folgende 34 Gerichsämter ausgehoben werden, resp. mit andern Aemtern verbunden: Augustusburg, Altenberg, Bernstadt, Brandis, Elsterberg, Frohburg, Geithain, Gerings walde, Geyer, Gottleuba, Grünhain, Hartha, Johanngeorgen stadt. Jöhstadt, Königswartha, Lengenfeld, Lausigk, Markneu kirchen, Markranstädt, Moritzburg, Neustadt, Oberwiesenthal, Pausa, Reichenau, Rötha, Schöneck, Schönfeld, Sebnitz, Strehla, Taucha, Treuen, Weißenberg, Wermsdorf, Zwenkau. — Der Jahrmarkt in Dresden-Neustadt wird in diesem Jahre iy. der Woche nach Pfingsten, am 9., 10. nnd 11. Juni stattfinden. (Die Leinwandhändler halten auf dem Antonsplatze in der Altstadt feil.) Leipzig. Nach den Mittheilungen, welche in jetziger Ostermesse von Industriellen aus verschiedenen sächsischen, preußischen und andern Fabrik st ädten gemacht wurden, macht man sich in diesen Kreisen auf eine längere industrielle Krisis gefaßt. Schon gegenwärtig hat der Absatz bedeutend nachgelassen, und man glaubt aus verschiedenen Anzeichen entnehmen zu müssen, daß eS damit noch nicht sein Bewenden hat. Der hauptsächliche Grund zu der unerfreulichen Wendung liegt in derUeberproduction der letzten Jahre, der fortdauernden Unmöglichkeit jedes größeren Exports nach den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Umstande, daß die französische Industrie wieder als beachtenSwerther Konkurrent auftritt. Die Krisis, wenn sie eintritt, wird selbstverständlich auch auf die so rapid in die Höhe getriebenen Arbeitslöhne einwirken müssen, indem in den Fabriken dann zahlreiche Arbeitskräfte entbehrlich werden. Hoffentlich hat in diesem Falle die Land- wirthschaft Nutzen, welche schon seit Jahren mit einem wirklichen Mangel an Arbeitern kämpft. — Bürgermeister Koch in Leipzig feierte am 13. Mai sein 25jähriges Amts-Jubiläum. Die Stadt ernannte ihn zum Ehrenbürger und schenkte ihm eine silberne Votiv tafel und eine Stiftung von 5000 Thlr., die seinen Namen führen soll, für junge Studirende. Seine Verehrer aus der Bürgerschaft schenkten ihn eine prachtvolle Equipage mit zwei feurigen Rossen. Kreisdirector v. Burgsdorfs überreichte ihm im Namen des Königs daS Comthurkreuz des Civilverdienst- ordens; die städtischen Beamten einen silbernen Pokal; Mit glieder des Rathes einen Tafelaufsatz; gegen 20 Corporationen und Vereine beglückwünschten ihn durch Deputationen. Im Schützenhause fand Nachmittags ein Festmahl statt. Berlin. Der Kaiser ist am Sonntage von der Reise nach Petersburg wieder in Berlin eingetroffen, mit ihm Fürst Bismarck und daS übrige Gefolge. — Der Reichstag hat mit 130 gegen 102 Stimmen das Zweimarkstück in das neue Münzgesetz aufgenommen, der BundeSrath aber will es in feiner Mehrheit abweisen. Nun hat aber das Zweimarkstück nicht nur in Süddeutsch land, sondern auch in Norddeutschland zahlreiche Anhänger. Es ist eine im Verkehr sehr beliebte Münze und wird eS noch mehr werden, wenn wir erst keine Thaler mehr haben. Denn der Sprung vom 1-Markstück zum silbernen oder goldenen 5-Markstück ist für den alltäglichen Verkehr offenbar sehr unbequem. Es liegt also gar kein Grund vor, wegen dieses Votums des Reichstages daS Münzgesetz scheitern zu lassen. Kommt es darauf an, die österreichischen Gulden möglichst von unserm Verkehre fern zu halten, so haben die Regierungen durch den Z. 13 des Münzgesetzes die ausreichende Befugniß, den Umlauf fremder Münzen sogar bei Strafe zu untersagen. — DaS Entlassungsgesuch des Handelsministers Grafen Jtzen plitz ist vom Könige genehmigt worden; als sein Nachfolger wurde der UnterstaatSsecretär vr. Achenbach ernannt, eine tüchtige Kraft und einsichtsvoller Lenker für das so lange mißleitete Eisenbahnwesen. Oesterreich. In Wien ist eine bösartige Handels und Börsen-Krisis ausgebrochen, die das ganze Land mehr erregt, als die Ausstellung. Die Krisis ist die unaus bleibliche Folge der Überschwemmung de» Geldmarktes mit den Aktien neugegründeter Gesellschaften, die ohne jede reelle Gruiidlage und lediglich durch die Absicht in'S Leben gerufen wurden, den „Gründern" den Agiogewinn zu gewähren. Einen wirklichen Werth hatten diese Aktien nicht, aber ihr Nominalwerth belief sich auf Hunderte von Millionen, und die schnelle Entwerthung der neuen Papiere führte die schreck liche Krisis herbei: die Maschine stockte, die erbärmlichen Spieler, die in ihrem Geldprotzenthum keine Grenzen kannten, stürzten zusammen, und ihr Bau über ihre Köpfe. Es sind an 200 —300 Millionen verloren worden; auch die Börsen in Berlin und Frankfurt haben dadurch zu leiden, obgleich die Cultur und daS Glück der Völker durch dieses Millionen- bruch-Ereigniß nicht leiden wird. Es ist fast gut, vaß eS so gekommen: die Börsenluft wird reiner und gesünder werden. Leider ist die österreichische Regierung von dem Vorwurfe nicht freizusprechen, dieses gemeinschädliche Treiben durch Ertheilung einer ungeheuren Masse von Konzessionen begünstigt zu haben, indem sie, um einer großen Anzahl Adeliger einen leichten Gewinn zu verschaffen, beispielsweise innerhalb der letzten vier Monate etwa 50 neue Baugesellschaften konzessionirt hat! Jetzt schreien die geldbekümmerten HazardeurS, die Regierung solle »einschreiten, und verlangen Staatshilfe; solche wird aber den Patienten nichts nützen, die an derartigen Krebsgeschwüren leiden.