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Freitag. Nr 9. 3t. Januar 1873. Weißerih-Aeitung. Amts-Matt für die Kerichts-Aemter und Stadträtye zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redacteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten - Zeile berechnet. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 30. Januar. Die am 27. und 28. ds. Mts. gepflogene Eisenbahndebatte hat, soweit dieselbe die uns berührenden Projekte betrifft, Folgendes er geben: Die Bahn Freiberg-Pirna wird von der Kammer zwar abgelehnt, jedoch auf den Antrag der Abgeordneten v. Oelschlägel und Jungnickel, bloS „zur Zeit," so daß darin die Kammer selbst ihre Geneigtheit, später auf dieses Projekt bei erneutem Anträge zurückzukehren, zu erkennen giebt. Die andere Bahnstrecke, DreSden-Dippoldi Swalde- Lan des grenze, rief eine längere, sehr lebhafte Debatte her vor und zwar auf Grund der von hier und Altenberg bevor- werteten entgegengesetzten Projekte, hier eine Thal-, dort eine Bergbahn. Für das Altenberger Projekt traten ein v. Oelschlägel, Ströbel und Stadtrath Lohse aus Freiberg; für das Dippoldiswaldaer verwendete sich auf das Wärmste Jungnickel, beantragte jedoch eine Zweigbahn nach Altenberg; vr. Rentzsch (ehemaliger Sekretär der Dresdner Handels und Gewerbekammer), und der Minister v. Friesen sprachen sich für keine der beiden Bahnen entschieden aus, und als Letzterer mittheilte, daß das bei dem Baue vorzüglich inter- essirte Bankhaus (welches?) selbst wünsche, daß die Frage wegen der Richtung der Bahn noch offen gelassen werde, so gelangte der von v. Oelschlägel gestellte Antrag zur Annahme: ,,daß betreffs der von Dresden über Dippoldis walde nach der Landeögrenze führenden Bahn die- jenigeLinie concessionirt werden solle, welche sich in technischer Beziehung und im Interesse der Bevölkerung als die praktischste herausstelle." Die Müglitzthalbahn wurde nach warmer Empfeh lung von Lange und Petzold einstimmig genehmigt. Vollste Anerkennung müssen wir dem wackeren Abge ordnete» Jung nickel zollen, der sich hier, wie auch schon früher mehrfach, und zuletzt bei der Debatte über die Er richtung eines neuen Seminars, mit Wärme unserer Stadt und unseres Bahnprojectes angenommen hat. Der Abgeord nete unseres Bezirkes, Lange aue Glashütte, schloß sich dem Jungnickel'schen Antrag an (daß nämlich Altenberg möglichst berücksichtigt, event. eine Zweigbahn dahin gebaut werden möge); sonst hatte er kein Wort für unsere Interessen, trotzdem er früher persönlich mehrfach seine thätige Verwen dung dafür versicherte. Mit dem v. Oelschlägel'schen Anträge könnte man eigent lich ganz wohl zufrieden sein, da die Negierung, Im Besitze des ausgiebigsten topographische» und statistischen Materials, unschwer entscheiden könne, auf welcher Seite daS überwie gende Volks-Interesse zu finden ist; inbeß erleidet dadurch die Angelegenheit abermals eine Verschleppung, die tm Inter esse der rasche» Inangriffnahme des Baues zu beklagen ist, und es ist dadurch die Thätigkeit für die betreffende Bahn aus dem Gebiete der öffentlichen, mehr in den Bereich büreau- kratischer Verhandlung gerückt, die sich doch mehr als jene der klaren Einsichtnahme der Interessenten entzieht. Jndeß, Rom ist auch nicht in Einem Tage erbaut worden, verzagen wir daher nicht, und lassen wir das Interesse an dieser so wichtigen Angelegenheit nicht erkalten! Dresden. Die Regierung hat beschlossen, das Volks schulgesetz zu veröffentlichen, da in der 2. Kammer nicht die, nach tz 92 der Verfassungsurkunde zur Verwerfung er forderliche Zweidrittel-Majorität, sondern nur eine Majorität von 4 Stimmen gegen dasselbe gestimmt hat. — Am königl. Hofe wirb um den Exkaiser Napoleon 3 Wochen (vom 26. Januar bis 15. Febr.) getrauert werden. — Bei der Generaldebatte über da« Eisenbahndecret am Montage kamen in der 2. Kammer höchst interessante Bemerkungen über das Gründ er wesen vor, und Abg. Ludwig stellte einen Antrag, der die Ausschließung von Mitgliedern der Ständevertretung als solchen von Gründer geschäften bezweckte und einstimmig angenommen wurde. Leipzig. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ist hier ein Mord verübt worden. In einem am Markte gelegenen Keller halte sich zwischen dem Bildhauer Kießling und dem Markthelfer Schlieder ein Streit entsponnen, der sich auf die Straße fortpflanzte; hier hat Kießling mit einem Nickfänger dem Schlieder einen Stich in die Brust gegeben, daß er alsbald verschied. Der Mörder hat sich freiwillig der Polizei gestellt. — Der Ltrike in den Leipziger Buchdruckereien ist nun ausgebrochen. In den 46 durch Vertrag geeinigten Buchdruckereien haben von 916 Gehülfen am 25. Januar 316 gekündigt, vom größten Theile der übrigen wird dies nächsten Sonnabend erwartet. Die Prinzipale wollen eine Lohnserhöhung erst mit dem bereits in Bearbeitung begriffenen Tarif des deutschen Buchdruckervereins in einigen Monaten eintreten lassen; die Gehülfen aber verlangen den, von ihrer Commission ausgearbeiteten Tarif sofort eingeführt zu sehen DaS ist der Streitpunkt. Freiberg. Am letzten Sonntag früh ging der Unter- sörster Petasch in Niederschöna mit dem Zeichenschläger in den Wald, wo sie bald auf zwei anständig gekleidete Männer stießen, von denen der eine mit einem Gewehr be waffnet war, das er auf den Untersörster anlegte. Unerschrocken lhat Letzterer ein Gleiches und rief den Wilddieben zu: die Gewehre wegznwerfen, sonst würde er schießen. Die daranf die Flucht ergreifenden Männer wurden von Herr» Petasch