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Freitag. Nr. 11. °7. Februar 1873. Weißerih -Leitung. Amts-Asatt fiir die Herichts-Aemter und SLadLräthe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Carl Ichnc in Dippotdiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mai: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 18 Rgr. 8 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finde», werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. —————s———— - —M—SSi Togesgesehichte. Dippoldiswalde, 6. Febr. Bei den durch die Winter vergnügungen vielfach in Anspruch genommenen Kräften ist eS bisher für den Vorstand des Gewerbevereins doppelt schwer gewesen, für die VereinSabende desselben Borträge zu beschaffen, und erklären sich daraus zum Theil die länger als sonst währenden Pausen. Für nächsten Freitag hat Herr Kaufmann Billig Mittheilungen über eine Reise zugesagt, die vom November 1868 bis dahin 1870 von Bremen aus nach dem Innern Afrika'« von dem jetzt mehrfach ge nannten Reisenden Eduard Mohr unternommen worden ist. Bei dem Interesse, welche« der so wenig gekannte Erdtheil darbietet, ist es jedenfalls höchst interessant, einem Reisenden in diese, von nur Wenigen betretenen Gegenden zu folgen, und ist zu wünschen, daß eine recht zahlreiche Zuhörerschaft der Einladung im heutigen Blatte Folge leiste. Dresden. Seit einigen Tagen ist unsere Königin an einem akuten Lungenkatarrh erkrankt. Die Fieberer scheinungen waren bis Mittwoch ziemlich bedeutend, doch haben sie dann etwas abgenommen; das Allgemeinbefinden war zu friedenstellend und eine Abnahme der Kräfte nicht eingetreten. Neuere Nachrichten melden, daß die Königin weniger gehustet, die Fiebererscheinungen geringer seien, die Kranke aber sich sehr schwach und angegriffen fühle, dennoch aber mit Appetit einige Stärkungsmittel zu sich genommen habe. — Beim Landtage wurde in der 1. Kammer die Berathung über das Steuerreformgesetz am 3. Febr. zu Ende geführt. Für das ganze Gesetz erklärten sich 30 Mitglieder, dagegen 9. Das Gesetz gelangt nun an die 2. Kammer, wo indessen die Aufnahme keine günstige sein wird, wie man hört. Am 4. Febr. fand in der 1. Kammer die Berathung über das Vereinigungsverfahren wegen des Be hörden-Organisationsgesetzes, die revidirte Landgemeindeord nung rc. statt. — In der 2. Kammer wurden wieder eine große Anzahl Eisenbahn-Vorlagen berathen. — Auf dem Dresden-Leipziger Bahnhofe haben am Montag 70 Arbeiter (Weichen- und Wagensteller) die Arbeit eingestellt, weil ihre Forderungen um Lohnserhöhung nicht angenommen wurden. Durch Heranziehung anderer Arbeits kräfte sind die Lücken alsbald wieder ausgefüllt worden. — Die „Chemnitzer Nachrichten" enthalten einen Artikel, überschrieben: „Die Woller'sche Fabrik in Stollberg," in welchem es u. A. heißt: „Man kann sich eines ironischen Lächelns nicht erwehren, wenn man steht, wie die Regierungen durch politisch-polizeiliche Maßregeln — denn um solche handelt es sich hauptsächlich bei den Verhandlungen oder Besprechungen über die sociale Frage — die Uebelstände zu beseitigen suchen, während unter ihren Augen Dinge geschehen, die ihnen doch mit eindringlicher Beredsamkeit zeigen, wo die Sache anzugreifen ist. Die elenden Arbeiterverhältnisse, die noch in so vielen Fabrikdistrikten, zumal in sächsischen Fabrikgegenden, herrschen, sind die Quellen, aus welchen die Socialdemokratie gespeist wird, denn ohne diese wären die Agitationen der Parteiführer ohne Bedeutung. Einen neuen Beleg für die in der Thal höchst kläglichen Zustände in vielen sächsischen Fabrikorten giebt ein Vorfall in der Woller- schen Fabrik in Stollberg; denn wenn nur die Hälfte von Dem wahr ist, was im „Stollb. Anzeiger" darüber veröffent licht wird, so muß der unparteiische Leser sagen: Solche Zu stände schreien zum Himmel! So lange solche fortdauern, wird sich auch die Socialdemokratie mehren. Es ist Pflicht der Behörden in Stollberg, auf den Artikel hin einzuschreiten, eine strenge Untersuchung über die Zustände in der Fabrik des Ehregott Woller einzuleiten und das Resultat bekannt zu machen. Es ist auch Pflicht eines Jeden, gegen die menschen unwürdigen Zustände anzukämpfen, die jetzt noch in vielen Fabrikgegenden das Vaterland den Arbeitern verleiden und die Liebe zur Heimath in ihrer Brust nicht aufkommen lassen." Leipzig. Ueber den Strike in den hiesigen Buch druckereien ist zu berichten, daß am Sonnabend circa 200 Gehülfen, welche dem „Verband" angehören, ihre Stellung gekündigt worden ist. 53 Gehülfen erklärten ihren Austritt aus dem „Verband." In den 46 Druckereien conditioniren jetzt noch 600, in nächster Woche also noch 400 Gehülfen, und diese Zahl genügt zur Herstellung aller Zeitungen und sonstigen eiligen Druckarbeiten. Der Zweck deS, von dem Verbände veranlaßten Strike: Die Prinzipale durch Bereiten von Verlegenheiten zur Annahme des, von dem Verbände entworfenen, wesentlich erhöhten und sonstige, ganz unannehm bare Forderungen enthaltenden Tarifs zu nöthigen, darf so mit schon jetzt als vollständig gescheitert angesehen werden. — Die „Leipziger Nachrichten" schreiben darüber: „Es ist für jeden Klarblickenden schon jetzt entschieden, daß der Strike mißglückt und nur den Erfolg haben wird, seine Anhänger in Noth und Sorge zu stürzen. Die öffentliche Meinung er klärt auch allgemein diesen Strike für einen durchaus unge rechtfertigten und leichtsinnig herbeigeführten; denn da die Prinzipale sich bereit erklärt haben, in wenigen Monaten einen neuen Tarif mit günstiger» Lohnbedingungen einzuführen, so bedurfte es der Arbeitseinstellung, die dasselbe Ziel doch auch im günstigsten Falle nur in einigen Monaten erreichen könnte, gar nicht. Der Strike ist somit in den Augen jedes Unbefangenen als ein übermüthigeS Unternehmen gerichtet." Berlin. Die Neubewaffnung der deutschen Armee wird energisch durchgeführt. Auch die BefestiguiVs- arbeiten und FortSbauten von Metz und Straßburg machen solche Fortschritte, daß sie nach Jahresfrist, wenn Frankreich