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Dienstag. 17. December 1872. Meißerih-Leitung O Nr. »S. Amts-Mlatt für die Herichts-Aemter «ud Stadträthe zu Dippoldiswalde und Kraumstein. Verantwortlicher Redatteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blalt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und di« Agenturen. Preis vierteljährlich 18 Ngr. 3 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. TageSgeschiehte. Dippoldiswalde, den 16. December. Nach langer, durch unvermeidliche, darum freilich nicht minder bedauerliche Hindernisse verursachter Pause, hielt vorigen Freitag der G e- werbeverein eine, der Zeit nach recht gut besuchte Ver sammlung ab. Der Vorsitzende, Herr Buchdruckereibesitzer Jehne, nahm Gelegenheit, in seiner Ansprache zur Eröff nung der Versammlung die Mitglieder zu treuem Festhalten am Vereine und zu thätiger Theilnahme an den Versamm lungen aufzufordern. Hieran knüpfte er eine Mittheilung über die vom landwirthschaftlichen Verein für Dippoldiswalde und Umgegend projectirte Thierschau, mit welcher derselbe eine GewerbeauSsteÜung zu verbinden wünschte. Neuerem Beschlüsse des genannten Vereins nach, werde die Ausstellung erst 1874 stattfinden, weshalb also noch genügende Zeit zur Vorbereitung vorhanden sei. Nicht unerwähnt konnte der Vorsitzende dabei lassen, daß zwar schon in dieser Angelegen heit eine Aufforderung zur Betheiligung von anderer Seite, als vom Gewerbeverein, erlassen worden sei, er aber betonen müsse, daß die fragliche Angelegenheit lediglich Sache des Vereins sei, und er gewiß zu rechter Zeit die Interessen des Vereins wahrnehmen werde. — Hierauf hielt Herr Schul director Engelmann einen, durch Landkarten veranschaulichten Vortrag über „das Meer," wobei derselbe, von der Aus dehnung, Vertheilung, Begrenzung, Tiefe desselben ausgehend, die Farbe, die Durchsichtigkeit, daS Leuchten, das spezifische Gewicht, den Salzgehalt und endlich die Bewegung de« Meer wassers besprach. Bon letzterer, die sowohl durch Wellen schlag, als durch regelmäßiges Steigen und Sinken erfolge (Fluth und Ebbe), ging der Vortragende über auf die an der Ostsee vom 13.-14. vorigen Monats stattgefundene unge heuere Sturmfluth, und bestimmte zunächst den Schauplatz deS Unglücks topographisch näher, gab allgemeine Bemerkungen über die Küsten der Ostsee, über letztere selbst (als Tiefe, Salzgehalt, Ebbe und Fluth, Temperatur rc.) und knüpfte daran, von den dämmelosen Nordsee-Inseln (Halligen) aus gehend, eine Schilderung der Verwüstungen, welche durch Slurmfluthen angerichtet zu werden pflegen. Der Vortrag, der mit dem allgemeinsten Interesse angehört ward und leb haftesten Dank verdiente, schloß mit der Mittheilung einiger heroischer Züge, welche bei Gelegenheit der Ostseefluth vor gekommen sind. — Die Theilnahme der Versammlung für diese Mittheilungen sprach sich auch dadurch au«, vaß, auf geschehenen Antrag de« Vorsitzenden, die Versammlung ein stimmig 10 Thlr. für die ron der „Gartenlaube" angeregte Bescheerung der Kinder der Unglücklichen bewilligte. * Altenberg, 15. December. Auch Heuer wird unser Frauenverein, wie er es in löblicher Welse immer gethan, armen bedrängten Leuten eine Christbescheerung bereiten. — Sonst sah e« um diese Zeit bei uns schon gar winterlich aus, da uns der Himmel mit reichlichem Schnee bedacht hatte, und ein rege« Leben war auf den Straßen. Anders ist e« jetzt, wozu allerdings die Grenzsperre beiträgt. Wollen wir auch die böhmischen Korbweiber, die mit Obst, Zwiebeln u. s. w. hausiren gehen, gern missen, so berührt e« un« doch schmerzlich (und theuer), vergeblich nach Kohlenschlitten zu spähen. Mancher, der darauf gerechnet und sich nicht hin länglich mit Holz versehen, ist darum in großer Verlegenheit. Dresden. Die 2. Kammer hat die Hoffnungen nicht unerfüllt gelassen, welche in Bezug auf ihre Haltung bei der anderweiten Berathung des Volksschulgesetzes auf sie gesetzt wurden. In den letzten Sitzungen sind sämmtliche, auf die Ausrechthaltung der früheren Beschlüsse gerichtete Anträge der Deputation mit großer Majorität angenommen worden. Die Debatte über das Schutpatronat, dessen gänzliche Beseitigung die Kammer mit 65 gegen 8 Stimmen wiederholt beschloß, gestaltete sich zu einem lebhaften und interessanten Kampf gegen die 1. Kammer und die Staats regierung. Der Abg. Körner wies mit warm empfundenen Worten auf die gänzlich veränderten Zeitverhältniffe, auf die gestiegene Bildung de« Volke« und auf die große Unbilligkeit hin, die darin liege, daß man die Gemeinden verpflichte, alle zur Unterhaltung der Schulen nöthigen Mittel anfzubringen, ihnen aber da« Recht verweigere, die Lehrer selbst anzustellen. Gleich günstigen Eindruck, wie diese Rede, machte auch die de« Vicepräsidenten Streit, der mit historischen Beweismitteln und vielem Geschick nachwies, wie in der That die Behauptung, da« Schulpatronat gehöre zu den wohlerworbenen Privat rechten, al« unbegründet angesehen werden dürfe. — In dem Hauöhaltplan der Stadt Dresden für 1873 hat sich der Bedarf wiederum erheblich vermehrt; da« Gesammterforderniß, im Jahre 1872 885146 Thlr., erhebt sich auf 935933 Thlr. Berlin. Am 14. Decbr. ist Fürst Bismarck wieder hier eingetroffen; er ist völlig genesen nnd geht neu gekräftigt qn die Aufnahme seiner Geschäfte. Wa« an dem Gerüchte ist, daß er da« Präsidium de« preußischen StaatöministeriumS niederlegen wdlle, wird die Zukunft lehren: Es ist allerdings nicht immer gut zu vereinbaren gewesen, in einer Person Kanzler des Reiches und als solcher verantwortlich für alle Reichsangelegenheiten, für Heer und Marine, Post und Telegraphenwesen, dann Minister de« Auswärtigen, preußischer Conseilspräsident, Minister für Lanenburg rc. zu sein. — Der Rücktritt de« Kriegsministers Grafen Roon und de« Ministers Selchow Ist jetzt entschieden. — Die Gesammtausprägung der Reichsgoldmünzeu stellt sich bis 30. Novbr. auf 395,713760 Mark, wovon