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Freitag. Nr. 98. 13. December 1872. Weißenh-Zeitung. Amts-Matt für die Kerichts-Aemter «nd Stadträtye zu Dippoldiswalde und Arauenkein. Verantwottlicher Redstteur: Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 18 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Unsere Gifenbahnfrage. Thal oder Berg? Wie dem Publikum aus den in dieser Zeitung erlassenen Bekanntmachungen bereits hinlänglich bekannt sein wird, haben zwei Consortien die Genehmigung zur Vornahme der tech nischen Vorarbeiten für eine Eisenbahn von Dresden über Dippoldiswalde nach Schmiedeberg und von da nach der Landesgrenze zum Anschluß an die Frei- berg-Brüxer Bahn vom Königl. Ministerium des Innern ertheilt erhalten, und zwar steht an der Spitze des einen ConsortiumS Hr. Hauptmann und Gutsbesitzer Thiele in Hirschbach, an der Spitze des anderen die Herren v. Etlinger und EgellS aus Berlin. Während nun beide Consortien von Dresden ab eine ziemlich gleiche Richtung bis Dippoldiswalde verfolgen, schlagen sie von letzterem Orte ab verschiedene Wege ein. DaS Consortium, an dessen Spitze Herr Hauptmann und Gutsbesitzer Thiele in Hirschbach steht, gedenkt nämlich von Dippoldiswalde weg zunächst im Thal der rothen Weißeritz über die Ortschaften Ulberndorf, Obercars dorf, Naundorf nach Schmiedeberg, sodann im Pöbel- bachthale über die Ortschaften Nieder- und Oberpöbel, hierauf nach Passirung eines Tunnels von ca. 900 Meter Länge im Thale der wilden Weißeritz weiter über die Ort schaften Seide, Rehfeld, Zaunhaus nach Böhmisch- Mulda zum Anschluß an die Freiberg-Brüxer Bahn, und zwar, soviel bis jetzt bekannt, noch auf sächsischem Boden, zu gelangen. Dagegen beabsichtigt das Consortium, an dessen Spitze die Herren von Etlinger und EgellS stehen, von Dippol diswalde weg, unter Umgehung des rothen WeißeritzthaleS, links über Elend, Oberfrauendorf, auf dem Höhen plateau zwischen den Orte» Johnsbach und Falken hai» hinführend, in die Nähe von Altenberg zu ge langen und von da hinter dem Kahlenberg, eine Strecke dem Neugraben folgend, auf böhmischem Gebiet weitergehend, den Anschluß an die Freiberg-Brüxer Bahn zu gewinnen. CS beabsichtigt also das erste Consortium Thiele den Bau einer Thalbahn, das letztere, von Etlinger und Egels, den Bau einer Bergbahn. Eine, bereits vom 9. November ds. IS. datirte, an die Hohe Ständeversammlung Sachsens gerichtete, vom Stadt rath zu Altenberg durch dessen Vorstand unterzeichnete Petition, welche das Bergbahnproject befürwortet, leidet nicht allein an Unklarheit, sondern enthält auch offenbare Unwahrheiten; ja, sie scheut sich nicht, in gehässiger Weise Denjenigen, die im Interesse des ThalprojecteS voraegangen sind, indirekt den völlig unbegründeten Vorwurf „Haustrer mäßigen Sammlung von Unterschriften" für eine Petition zu machen! Nachdem jedoch dieses, gewiß nur zu mißbilligende Ver fahren fast in wortgetreuer Weise in einem, in Nr. 342 der „Dresdner Nachrichten" unter der Correspondenz „Altenberg" aufgenommenen Artikel sich wiederholt hat, bleibt nichts Anderes übrig, als die vorstehend« gerügten Mängel öffentlich zu beleuchten. Zunächst leidet, wie bereits gesagt, sowohl die Petition des Stadtrathes zu Altenberg, als auch der gedachte Artikel, insofern an Unklarheit, als wohl hier und dort davon die Rede ist, daß die projectirte Bergbahn Schmiedeberg mit berühre, nirgends aber näher angegeben wird, wie und wo Dieses geschehen solle. Muß sich aber schon jeder Laie sagen, daß es ein Ding der Unmöglichkeit ist, von dem im Thale liegenden Schmiedeberg weg eine Eisenbahn auf den Kamm des, die Straßen des rothen Weißeritz- und des MüglitzthaleS trennenden Gebirgszuges und von da in die Nähe von Alten berg zu führen, so muß man annehmen, daß weder der Ver fasser der Petition, noch der deS gedachten Artikels, mit den betreffenden Terrainverhältniffen genau vertraut ist. Sind doch schon die SteigungSverhältniffe von Schmiede berg weg nach Schellerhau so bedeutend, daß man zur Zeit der ersten Messungsversuche, wo man die Verbindung zwischen Dippoldiswalde und Altenberg noch beabsichtigte, sich ge- nöthigt sah, von einer Fortführung der Bahn auf dieser Strecke abzusehen und lieber dem Pöbelthal entlang weiter zu gehen. Sollte von Schmiedeberg aus Altenberg berührt Werder^, so bliebe nichts Anderes übrig, als daß man von Schmiedeberg weg eine Strecke entlang das Pöbelthal — vielleicht bis zu Fischers Brettmühle bei Hennersdorf — ver folgt und sodann in einer Serpentine am gegenüberliegenden Osthange zurück, bis kurz vor Schmiedebera und von da wieder rückwärts nach der Grenze zu auf dem Plateau zwischen dem rothen Weißeritz- und Pöbelthal über Schellerhau nach Alten berg zu gelangen sucht. Der Tract würde aber dadurch nicht unwesentlich — um wenigstens eine Meile — verlängert. Um nun diese, die Rentabilität der Bahn bedeutend beeinträchtigende Verlängerung zu vermeiden, ist es vorge zogen worden, im Pöbelthal weiter und mittelst Tunnel« hinüber in's Thal der wilden Weißeritz zu gehen. Es könnte sich also höchstens darum handeln, ob es nicht vielleicht angemessen wäre, um Altenberg der Bahn näher zu bringen, daß auf Staatskosten eine Nebenbahn von Altenberg nach Zaun- hauS zum Anschluß an die Bahn Dresden-DippoldiSwalde- LandeSgrenze gebaut würde. Hätte der Stadtrath zu Alten berg in dieser Weise petitionirt, so würde ihm vielleicht die Begründung seiner Petition leichter geworden sein, und wäre man nicht genöthigt gewesen, die Thatsachen so zu entstellen wie es geschehen. ,