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Freitag. ' Rr. 84. 25. October 1872. Weißerih-Ieitmrg. Amts-Akatt Mr die Kerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein. Verantwottlicher Redatteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährl. 18'/r Ngr. Inserate, welche bei der bedeutmden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit I Ngr. für die Spaltcn-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 24. Oktober. In Hänichen bei Possendorf war seit Sonntag Abend auf unerklärliche Weise das 5jährige Töchterchen des Bergschmieds Neßler ver schwunden. Die vielen Nachsuchungen waren bis gestern vergebens, wo man das unglückliche Kind auf Ripp jener Flur unter einem Krauthaufen todt vorfand, — den Mund voll Erde gestopft und — nach Aussage der Aerzte — ge schändet! Die gerichtsamtliche Untersuchung ist bereits im Gange. Möge die Unthat bald entdeckt werden. Frauenstein. Unsere Glocken weihe scheint nächsten Montag in der aller ei «fach st en Weise vor sich gehen zu sollen, denn es verlautet noch nichts von einem dazu aufge stellten Programm, und von einer festlichen Vorbereitung da zu ist keine Spur. Die Bewohner unserer Kirchfahrt werden sich noch recht deutlich an das vorige Glockenfest im Jahre 1857, welches in allen seinen einzelnen Theilen als ein sehr gelungenes bezeichnet werden mußte, erinnern. Wir erwähnen aus dem damaligen Programm nur die feierliche Einholung der neuen Glocken, an welcher sich nicht nur die Stadt, sondern auch die Landgemeinden der hiesigen Parochie, Reichenau und Kleinbobritzsch, sowie die Schulkinder der gedachten Orte, in großer Anzahl, ja wir können getrost behaupten, über die Hälfte der Bewohner jedes der genannten Orte, an dem Zuge betheiligten, Derjenigen, welche als Zuschauer herzuge kommen waren (und dies war keine kleine Zahl) gar nicht zu gedenken. Es war dies ein fast unübersehbar langer Zug. Die Stadt aber zeigte sich damals im herrlichsten Guirlanden- und Flaggenschmuck, nicht blos am Markt, sondern bis an das äußerste Ende der Vorstädte. Abends wurde sogar, irren wir nicht, illuminirt. Das war ein Fest! Und diesmal wird, wie es den Anschein hat, — Nichts! Glashütte. Nach längerer Pause wird unser Män nergesangverein wieder ein Concert geben, und zwar am 28. October (Montag), dem Tage unserer Kirchweihe. Wir machen Gesangesfreunde auch an dieser Stelle darauf aufmerksam und können einen genußreichen Abend versprechen Dresden. Vom 15.-20. Octbr. hat hier eine von sämmtlichen deutschen Regierungen (mit Einschluß von Elsaß- Lothringen) beschickte Schul-Conferenz stattgefunden. Man einigte sich über die Bedingungen, von denen eine all gemeine Anerkennung der von Gymnasien und Realschulen ausgestatteten Maturitätszeugnisse abhängig zu machen sei, über die Ausdehnung einer entsprechenden Gleichwerthigkcit auf die Prüfungözeugnissc der Schulamtskandidaten und auf die Zeugnisse über das Probejahr, Abänderungen im bisherigen Austausch der Schulprogramme, Anbahnung einer größeren Uebereinstimmung in der Orthographie, Uebertragung öffent licher Berechtigungen auf Privatlehranstalten, Pflege des deutschen Geschichtsunterrichts und Berücksichtigung der Ge sundheit der Schüler. Ueber sämmtliche Gegenstände ist eine erfreuliche Uebereinstimmung erzielt worden und sind die ge stellten Anträge den einzelnen Regierungen zur Prüfung unv eventuellen Ausführung übermittelt. — Unser König und der CultuSminister v. Gerber haben den Verhandlungen eine ehrende Theilnahme gewidmet. — Der Herb st markt in Altstadt hatte sich bei schönem Wetter eines außerordentlich lebhaften Verkehrs zu erfreuen. — Die Polizei war sehr thätig in dem Suchen nach dem Gebrauche von Ellenmaaßen (anstatt des Metermaaßes), machte auch beim Confisciren derselben eine reiche Ernte. — Ein Herr Gotthelf Hoffmann, genannt Kutschke, der sich nach den, bei der Polizei vorgelegten Papieren als der echte Kutschke legitimirt hat, gab im Körnergarten Hier selbst am 23., 24. und 25. October unterhaltende Vorträge, die sehr besucht waren. Leipzig. Am Sonntag hat der Luftschiffer Sievel aus Paris hier eine glücklich verlaufene Luftschifffahrt unter nommen, bei welcher er von mehreren Personen begleitet wurde. Der Ballon, nach 4 Uhr losgelassen, stieg in den ersten 10 Minuten 500 Fuß in der Minute; die Gondel mit den Personen war nur geringen Schwankungen unter worfen. Um 4^/s Uhr war der Ballon 1851 Meter (5700 Par. Fuß) über dem Erdboden, also 2500 Fuß über dem Gipfel des Brockens. Nach 5 Uhr kam er eine halbe Stunde westlich von Delitzsch glücklich zur Erde. Der Ballon ist 16 Meter hoch, faßt 42,000 Knbikfuß GaS, wiegt 3 Ctr. 75 Pfund, das Netz 1 Ctr., die Gondel 80 Pfd., Anker und Seil 70 Pfd. Meerane. Hier fand am 21. und 22. Octbr. die diesjährige Versammlung des sächsischen Gemeinde tages statt, die zahlreich besucht war. Die Reform der Gemeindegesetzgebung beschäftigte die erschienenen Vertreter am ersten Tage. Am zweiten wurde u. A. der Antrag ein stimmig angenommen, das Bedauern über die in verschiedenen Gegenden des Landes verbreiteten Petitionen gegen die neue Landgemeindeordnung auszusprechen, und zu erklären, daß man sich von diesem neuen Gesetz nützliche Resultate verspreche, weshalb mit allen Mitteln für das Zustandekommen desselben zu wirken sei. Berlin. Der bi« 21. October vertagt gewesene preußische Landtag ist am 22. wieder eröffnet worden. Im Herrenhause fand die Neuwahl eines Präsidenten statt, die auf Graf Otto Stollberg fiel. Die neue KreiSordnung wird im Herrenhause zuvörderst berathen werden. Im Ab geordnetenhause wird man sich mit Petitionen und dem Staats-