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Freitag. Nr. 8«. 11. October 1872. Weißerih-Zeitung. Amts-Matt fiir die Kcrichts-Aemter und Stadttätye z« Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redactcur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wSchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitag». Zu beziehen dnrck alle Post-Anstalten und dir Agenturen. Prei- vierteljährl. 1L'/» Ngr. Inserate, welche bei der bedeutende» Auslage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten-Zeile.berechn«. > " rn Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 9. October. Die am heutigen Tage im hiesigen Rathhaussaale abgehaltene, ziemlich zahlreich be suchte Diöcesanversammlung konnte nicht alle Punkte der reichhaltigen, vor Beginn der Verhandlungen auch noch um zwei Punkte vermehrten Tagesordnung erledigen. Herr Superintendent Opitz eröffnete dieselbe nach dem Vortrage einer Motette durch ein männerstimmiges Doppelquartett mit einer an Phil. 1, 3 ff. anknüpfenden Ansprache, und stellte dann nach Erledigung etlicher, die Debatte betreffenden For malien die von ihm gedruckt vorliegenden Thesen über die Neugestaltung des Verhältnisses von Kirche und Staat zur DiScussion. Eine eigentliche Debatte über diese Thesen kam nicht in Gang. Nur einzelne, das neueste Vorgehen des Staates gegen die Kirche mißbilligende oder vertheidigende Bemerkungen wurden aus der Mitte der Versammlung ge macht. Betreffs einer anzuregenden Jahresfeier de» neuer standenen deutschen Reichs für Kirche und Schule, worüber Herr Kirchschullehrer Hanitzsch (Dittersdorf) und Herr ?. Kober (Geising) referieren, wurde mit Ablehnung von irgend welcher Bestimmung über das Wann? und Wie? dieser Feier, im Wesentlichen ein Antrag von Herrn k. Richter (Reichstädt) angenommen, dahingehend, daß dem Königlichen CultuSministerium erklärt werde, wie man eine solche Jahres feier für nothwendig und wünschenswerth halte, und daß das selbe zu ersuchen sei, eine solche Feier im Namen der Kirche und Schule bei den kompetenten Reichsbehörden anzuregen. — Ueber die Competenzerweiterung des Kirchenvorstandes hatte Herr ?. Zimmermann (SeiferSdorf) den Vortrag übernommen. Derselbe faßte sich in der Hauptsache in eine Anerkennung der immerhin bedeutsamen Befugnisse zusammen, die dem Kirchenvorstand schon jetzt gegeben seien, und stellte als weitere anzustrebende Rechte des Kircheuvorstands die hin, daß demselben verstärket werde, Anlagen selbstständig auSzu- schreiben, auch Schuldverschreibungen für die ganze Kirchenge meinde rechtsgiltig und rechtsverbindlich zu vollziehen, sowie für den Fall der Trennung der Kirche von der Schule, alle jetzt mit Schulämtern verbundenen kirchlichen Aemter selbst ständig, bez. in der ihm durch das Collauirgesetz eingeräumten Ausdehnung zu besetzen. Mit dieser letzteren Competenzer weiterung soll natürlich die Verbindung von Schulämtern mit solchen Kirchenämtern immer noch möglich bleiben, nur nicht nothwendig sein. — Die weiteren Punkte der Tagesordnung wurden der vorgerückten Zeit wegen zurückgelegt, wie denn auch bedauerlicher Weise über die von Herrn ?. Zimmer mann vorgelegten, sehr diScussionSfähigen Thesen eine Debatte abgelehnt wurde. Bon Seite der Nichtgeistlichen betheiligte sich überhaupt Niemand an irgend einer Debatte. Herr Sup. Opitz schloß die Verhandlungen mit dem Ausdruck der Be friedigung über ihren Verlauf und dann noch mit Gebet. — Am 9. October feierte der hiesige Bäckermeister Herr Carl Heinrich Lindner daS 50jährige Jubiläum als Bürger unserer Stadt. Bon den städtischen Collegien ward derselbe beglückwünscht und ihm ein Diplom überreicht. Dresden. Unser Ministerium des Innern will mit dem Reichskanzleramt in Berlin in Verbindung treten, um die Frage obligatorischer Einführung der Schiedsgerichte bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf dem Wege eines Reichsgesetzes zu regeln. — Die Deputation für Berathung des Volks sch ul« gesetz-Entwurfes ist zusammengetreten, um die Special- berathung desselben vorzunehmen und den Entwurf zur Vor lage an den Landtag zu bringen. — Die 2. Kammer wird sich auch mit den ultramontanen Umtrieben in unserm Lande zu beschäftigen haben, und hat der Kammerausschuß bereit» Vorarbeiten über die Untersuchung derselben gemacht. Die Anstellung der „Schwestern der christlichen Liebe" aus Paderborn im Dresdner Josephinenstifte wird dabei einen Hauptangriffspunkt abgeben, denn es bedarf keiner Frage, daß diese mit den Jesuiten verschwistert sind und ihr Aufent halt im Lande ein ungesetzlicher ist. — Wegen Ermittelung der Viehhaltung in den deutschen Staaten wird am 10. Januar 1873, und später sich in Perioden wiederholend, eine Viehzählung statlfinden, zu welcher in jeder Gemeinde eine, bereits am 15. December d. Js. in Thätigkeit zu tretende ZählungS- Commission zu bestellen ist. Zwickau. Am 5. Octbr. ist der von hier nach Schwarzen berg abgegangene Güterzug wegen falscher Weichenstellung mit einem Kohlenzuge zusammengestoßen und entgleist. Mehrere Wagen stürzten den Damm hinab, andere wurden vollständig zertrümmert, im Ganzen 15 Wagen. Drei Schaffner wurden schwer verletzt. Der Verkehr war 2 Tage gehemmt; der Schaden ist sehr bedeutend, doch konnte das Unglück schrecklich werden, wenn es den bald darauf abge gangenen Personenzug betraf. Berlin. Die Arbeiten zur Verstärkung Ker deutschen Kriegsmarine werden jetzt mit erhöhter Energie betrieben. Es besteht die Absicht, die Marine auf eine solche Stärke zu bringen, daß sie in kurzer Frist der russischen Flotte über legen wird. Die neuen Panzerfregatten werden im Frühjahr 1874 kriegsbereit sein; die Zahl der Dampscorvetten wird im Ganzen auf 24 gebracht werden. Oesterreich. Die Auflösung der früher unter Hohen wart'« Leitung so mächtigen Parteien macht rasche Fort schritte. Die Slaven sind mit ihren Bemühungen, sich im ganzen Reiche zu gemeinsamer Opposition zu vereinigen, ge scheitert; im czechischeo Lager herrscht Zwietracht und Ver wirrung, die Jungen empören sich gegen die Alten, kurz die