Volltext Seite (XML)
Freitag. Rr. 78. 4. October 1872. Weikenh-Leitung. Amts-Akatt fiir die Gerichts Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch aste Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährl. 18'/- Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blastes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten-Aeile berechnet. Tagesgeschrchte. Dresden. Zur Jubiläumsfeier unseres KönigS- paares werden die hierher kommenden Fürsten (die Kaiser von Deutschland und Oesterreich, der König von Baiern u. A.) am 9. Novbr. eintreffcn; Tags vorher wird der Empfang der Glückwunsch-Deputationen aus Stadt und Land stattfinden. Die Einsegnung des Jubelpaares am 10. Novbr. erfolgt in der Schloßkapelle; hierauf feierliches Hochamt in der katho lischen Kirche, dann Galatafel bei den Majestäten und Abends Festtheater. Am 11. Novbr. wird im Prinzenpalais der Kronprinz einen glänzenden Hofball geben. Den Schluß der Feierlichkeiten bildet eine am 12. Novbr. beim Prinzen Georg stattfindende Soiräe, bei der Lebende Bilder den Glanzpunkt bilden sollen. Den Kindern des Prinzen Georg ist bei diesen Tableaux eine besondere Rolle zugedacht; man glaubt, daß Scenen aus dem Leben des sächsischen Volkes zur Darstellung gebracht werden. — Das Finanzministerium bereitet für den nächsten Landtag einen Gesetzentwurf vor, betreffs der nicht rechtzeitig zum Umtausch gebrachten Cassenbillets von 1855. So lange derselbe von den Ständen nicht genehmigt ist, können Verlustentschädigungsgesuche nicht berücksichtigt werden. Am 29. Septbr. starb in Dresden nach längeren Leiden der wohlrenommirte Schriftsteller vr. Ferdinand Stolle, der bekannte „Dorfbarbier." Er war 1806 in Dresden geboren, der Sohn des Wirthes auf „Kammerdieners." — Man geht damit um, in Dresden ein Aquarium zu gründen, dasselbe jedoch mit dem zoologischen Garten nicht zu verbinden. Die Herren Hofrath vr. Carus, Adv vr. Lehmann und vr. Hilgendorf haben die Angelegenheit in die Hand genommen. — Der „Dresdner Bauverein für Familienwohnungen" hat in Neu-Strießen am 30. Septbr. die Grundstein legung zu den neuen Gebäuden begonnen, welche je 16 Wohnungen in 4 Etagen enthalten werden. Freiberg. In der Kirche zu Gränitz (bei Brand) ist am Sonntag, und zwar in der Bälgetreterlocalität, Feuer ausgebrochen, welches das mit Schindeln gedeckte Gotteshaus in kurzer Zeit zerstörte. Von den Kirchengeräthschaften konnte nur ein Theil gerettet werden. .— In Großhartmannsdorf waren ein 16jähriger Bursche und ein 12jähriges Mädchen mit Kartoffelausmachen beschäftigt und warfen sich aus Scherz mit Kartoffeln. Eine derselben traf das Mädchen so unglücklich an die Schläfe, vaß sie nach einigen Stunden starb. — In Mülsen St. Jacob hat die Frau des Webers Hübner, wahrscheinlich in Geistesstörung, ihr 8 Jahre altes Kind mit 4 — 5 Messerstichen ermordet, sich dann mit blutigen Händen zu Bett gelegt und ruhig geschlafen, und so fand sie der unglückliche Gatte und Vater, als er von der Arbeit heimkehrte. Berlin. Der Geburtstag der Kaiserin-Königin am 30. Septbr. wurde vom Hofe, wie in der Residenz, all gemein gefeiert. — Das Befinden des Prinzen Albrecht bessert sich nicht, und die Lähmungserscheinungen sind noch unverändert. — In Bad Ems ist am 28. Sept, die Spielbank geschlossen worden, — die erste in Deutschland, welche nach dem Gesetze zu existiren aufhörte. Der im letzten Sommer erzielte Gewinn betrug 400,000 Gulden. — In Osnabrück tagte am 1. — 3. October der 6. allgemeine deutsche Protestantentag. Baiern, Im ganzen Lande fließen die „Peterspfennige" jetzt so spärlich (die Leute werden eben auch gescheidt), daß es eines besonderen Aufrufes der Geistlichkeit an die Gläubigen bedurfte, um das von klerikaler Seite befürchtete gänzliche Versiegen der päpstlichen Hülfsquellen zu verhindern. Straßburg. Am 28. Septbr. fanden die Grundstein legungen zu den Neubefestjgungen von Straßburg statt. Der Gouverneur v. Hardtmann hielt vor vielen Gästen und dem Militär die Festrede und schieß mit der Hoffnung, daß das Werk noch in den spätesten Zeiten von allen deutschen Zungen gesegnet werden würde. Ein Hoch auf den Kaiser, Absingen der Nationalhymne, sowie 21 Salutschüsse, bildeten den Schluß der Feier. Frankreich. In einer Unterredung (man weiß nicht, mit wem) hat Hr. Thiers sich über die allgemeine poli tische Lage und die Situationen und Aufgaben Frankreichs ausgesprochen, aber auch viel „gekohlt" und geprahlt. Er hat in seiner Rede vor Allem die Friedensliebe der französischen Regierung betont und unter specieller Bezugnahme auf die Verhältnisse zu Deutschland, Oesterreich und Italien, sowie die Ansichten der leitenden Staatsmänner dieser Länder, nach gewiesen, daß eine Störung des Friedens von keiner Seite zu befürchten sei. Was speciell Frankreich anbelange, so werde dieses eine „Revanche" nicht mit Hülfe der Waffen, sondern in dem friedlichen Dienste der Arbeit und einer schöpferischen Entwickelung seiner industriellen Thätigkeit suchen. Die Industrie Frankreichs aber nehme den günstigsten Aufschwung. Wenn er sich persönlich eingehend mit den Heeresverhältnissen beschäftigte, so habe da« seinen Grund in der Absicht, Frankreich ein Heer zu schaffen, welches jedem anderen, wenn nicht an Zahl, so doch an innerer Tüchtigkeit überlegen sei. Die jetzige französische Armee sei in der Thal ganz unvergleichlich (I), und mit einer solchen Armee und mit seiner glücklichen finanziellen (?) Lage habe Frankreich nichts zu