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FMag. Nr. 7V. 6. September 1872. Weißerih-Zeitung. Amts-Matt für die Herichts-Aemter und Stadträthe z« Dippoldiswalde und Zlrauenstrin. Verantwortlicher Redatteur: Cart Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags nnd Freitags. Zn beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 18'/' Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blatter eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. sür die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 5. September. Wie wir in der letzten Nummer noch kurz bekannt geben konnten, ist auch bei uns der 2. September nicht ganz spurlos vorübergegaugen. Noch in letzter Stunde beschloß man, um in der vorige« Jahr einmal begonnenen Feier keine Unterbrechung eintreten zu lassen, wenigstens in der Weise der Patriotischen Abende eine Abendunterhaltung auf hiesigem RathhauSsaale zu ver anstalten. Dieselbe war denn auch über Erwarten (da erst Montag Nachmittag durch unser Blatt dazu eingeladen wurde) besucht und begann nach 8 Uhr mit dem Vortrage einiger Musikstücke durch das Stadtmusikchor, worauf Herr Schul- direckor Engelmann eine längere Ansprache hielt, in welcher er die Nothwendigkeit einer einheitlichen Erinnerungsfeier durch ganz Deutschland und besonders die Gründe für die Feier des 2. September entwickelte. Dabei verwahrte der selbe unsere Stadt ganz besonders gegen den Vorwurf des Partikularismus (es war hier von einer allgemeinen, volks festartigen Feier abgesehen worden), da man sich nur im Interesse einer allgemeinen Feier, die bei dem Ausschlüsse der großen Städte nicht durchführbar gewesen sei, sür dies Jahr nicht habe zu einem Beschlüsse einigen können, der im nächsten Jahre möglicherweise habe geändert werden müssen. — Der Vortrag einzelner Gedichte und Lieder von dem ge mischten Chor, sowie weitere Concertmusik, hielt die Versamm lung bis nach 11 Uhr beisammen, und zuletzt wurde den Veranstaltern die Freude zu Theil, den Wunsch nach Wieder holung im nächsten Jahre laut aussprechen zu hören. Nun, über'S Jahr feiern wir hoffentlich ein ordentlich Volksfest I — Wir werden darauf aufmerksam gemacht, daß sich die an dem Felsen der Eichleithe angebrachte Marmor - täfel, die an die reiche Ernte des Jahres 1847 erinnert, es wohl verdiente, an ihrem 25jährigen Jubiläum einiger, maßen abgeputzt und erneuert zu werden. Kaum ist die Schrift noch zu lesen. Sollte sich, wenn Seiten de« Stadt- rathe« Nichts geschehen würde, Niemand finden, der sich dieser Erinnerungstafel annimmt, daß sie auch Heuer beim Erntefeste ihre Mahnung deutlich vor die Augen stellt: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich!" — Bei dem am 3. ds. MtS. hier abgehaltenen Ferkel markt waren 75 Stück zum Verkauf gestellt. Davon sind ca. 50 Stück, das Paar von 7 bis 10 Thlr., verkauft worden. * Von der sächsisch-böhmischen Grenze. Unsere Gegend athmet auf, denn aus dem Mulden- und rothcn Weißeritzthale schallt der Ruf „Eisenbahn" zu uns herüber. Wir stimmen in diesen Ruf um so freudiger ein, als man nach unserm Dafürhalten nun endlich auf die Projekte ge kommen ist, welche sowohl den technischen, als auch den volkswirthschaftlichen Interessen die vollste Rechnung tragen und daher auch ohne allen Zweifel zur Ausführung gelangen werden. Wir haben, al« im Frühjahre vorigen Jahres abermals die Linie „Freiberg-Frauenstein-Moldau-Neustadt" gezogen und betreffs der Steigungsverhältniffe näher untersucht wurde, die in jeder Hinsicht unpraktische Lage dieses Traktes bereits öffentlich besprochen und dabei auf das Muldenthal mit dem Hinweise aufmerksam gemacht, daß dasselbe für den Betrieb der Bahn, neben manchen anderen Vortheilen, hauptsächlich auch viel günstigere Steigungsverhältniffe, sowie eine gegen Schneewehen weit geschütztere Lage darbieten dürfte. ErstereS hat sich, wie wir vor einigen Tagen von ganz zuverlässiger Seite in Erfahrung brachten, bei den gegenwärtig im Gange befindlichen Nevillirarbeiten bereits bestätigt, und letzteres ist als einfache Thatsache zu bezeichnen, die von keinem erfahrenen Bewohner de« Hochgebirges in Abrede gestellt wird. Wer die Schneestürme nicht bloS vom Zimmer aus beobachtete, sondern oft in die Nothwendigkeit versetzt war, ihnen Trotz bieten zu müssen: nur der kann beurtheilen, welch colossaler Unterschied bei Stöberwetter im Fortkommen auf freien Hoch lagen und im Verkehr durch bewaldete Thäler besteht. Während man auf den Höhen häufig drei und vier Tage lang die Communication durch hohe und fest zusammen getriebene Schneemassen vollständig abgeschnitten findet — und es pasiirt dies bei dem hiesigen, 5 bis 6 Monate andauernden Winter wahrhaftig nicht selten —, gehört es in den Thälern zu den größten Seltenheiten, den Verkehr tagelang ganz gehemmt zu sehen. Nur ein mit den faktischen Verhältnissen ganz Unbekannter kann die Behauptung aufstellen, die wir vor Kurzem hörten: „Ach, was! im Muldenthale wird es die Eisenbahn genau so oft verwehen, wie auf der Höhe von Frauenstein über Hermsdorf nach Moldau!" Wir bringen die geschütztere Lage des MuldenthaleS deshalb nochmals ausführlich zur Sprache, weil wir derselben in der vorliegenden Angelegenheit hohe Wichtigkeit beilegen und erinnern ebsn einfach nur daran, daß man, falls der Trakt durch da« mehrfach genannte Thal unberücksichtigt bleibt und die andere Linie: „Frauenstein-Moldau" zur An nahme gelangt, beim späteren Bahnbetrieb voraussichtlich häufige Verkehrsstockungen erleben wird, die nicht bloS die Aktionäre, sondern auch die Volksinteressen in hohem Maße schädigen werden. Möchten daher die Herren, welche ein entscheidendes Uttheil über die künftige Lage der Bahn ab zugeben haben, vor definitiver Beschlußfassung diesem Gegen stände die gebührende Würdigung ja nicht versagen, denn im andern Falle dürfte sie leicht eine große und schwere Ver antwortung treffen! Dies die Ansicht eines Gebirgsbewohners, der in der vorliegenden Eisenbahnfrage nicht beeinflußt wird von irgend