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Kreiberg. Die König!. Forstakademie Freiberg hat, nachdem sie neuerdings einer gründlichen Reorganisation unterworfen worden, nunmehr ihr neues Statut veröffentlicht. Danach wird dieselbe, an welcher bisher nur ausnahmsweise Ausländer, d. h. Nichtsachsen, zugelassen waren, von nun ab für alle Deutsche geöffnet sein. Nach dem Statut sind an der Akademie bedeutende Verbesserungen eingeführt und hat eine Vermehrung der Disziplinen, Herabsetzung der Honorare u. s. w. stattgefunden, so daß nunmehr der Besuch derselben auch minder Bemittelten ermöglicht ist. Bedenkt man, daß die Freiberger Akademie viele und umfassende Sammlungen, bedeutende Stipendien und außerdem eine sehr günstige Lage besitzt, inmitten von musterhaft betriebenen Gruben- und Hüttenwerken, daß endlich vortreffliche Lehrkräfte der Akademie zur Verfügung stehen, so läßt diese Vereinigung von günstigen Umständen hoffen, daß diese neue Umformung der alten, welt berühmten Bergschule ihren alten Glanz wieder verleihen werde. Berlin. Im October dieses Jahres werden hier Con- ferenzen zunächst zwischen Vertretern der österreichischen und preußischen Regierung stattfinden, welche den Zweck haben, eine Verständigung über Mittel zur Hebung der materiellen Lage der arbeitenden Classe herbeizu führen. — Kaiser Wilhelm wird bei seinem Besuche in Ischl von der Kaiserin von Oesterreich persönlich ihre Zusage einholen, daß sie in Begleitung ihres Gemahls nach Berlin kommen werde. — Die Zahl der Fürsten, welche bei der Kaiser-Zusammenkunft hierher kommen, mehrt sich; auch der Großherzog von Sachsen-Weimar hat seinen Besuch anmelden lassen, und werden somit die thüringischen Fürsten vollzählig hier anwesend sein. — Aus Danzig wird gemeldet, daß der Arbeits einstellung der Schiffsbauer auch die der Tischler, Schmiede, Schlosser, Maschinenbauer und Kupferschmiede gefolgt ist. — In Koblenz sind die Jesuiten abgereist. In Mainz wurden sämmtliche Patres aus den Beichtstühlen gerufen und sie durch die Polizei in Kenntniß gesetzt, daß ihnen alle seelsorglichen Functionen, Beichthören, Predigen, Ertheilung von Religionsunterricht rc. verboten seien. Würtemberg. Wie in Baiern, so ist auch in Würtem- berg dem deutschen Kronprinzen bei seinen Inspektions reisen durch beide Länder in allen Orten der allgemeinste Jubel entgegengebracht worden, und dieser ist eine neue sichere Bürgschaft, daß das Werk der Einigung Deutschlands mit raschen Schritten seiner Vollendung entgegengeht. Möge die warme Zuneigung, welche man besonders in Stuttgart in der Person des Kronprinzen dem nationalen Gedanken entgegenbringt, glückverheißend sür die Entwickelung des politischen Lebens im Süden sein; mögen die Freudenfeuer, die auf den Bergen in der Umgebung der schwäbischen Hauptstadt brannten, als günstiges Vorzeichen für die Zukunft des deutschen Reiches zu betrachten sein! Oesterreich. Der „katholische Verein" in Prag hat in einer Versammlung sich offen zu Gunsten der Jesuiten ausgesprochen und Resolutionen für dieselben beschlossen. Die katholisch-politischen Casino's werden sich diesen Beschlüssen zu Gunsten der Jesuiten anschließen. Die Jesuitenkirche in der Brentegasse wird bereits glänzend renovirt. Dann hat auch das Jesuitencollegium Mari «schein bei Teplitz einen reichen Zuwuchs erhalten, denn es hat jetzt bereits 58 Patres mehr, als vor zwei Monaten. — Dagegen wird aus Kärnthen und Krain gemeldet, daß man dort Petitionen an die Landesregierung beschlossen bat, die Zulassung der aus Deutsch land verwiesenen Jesuiten nicht zu gestatten. Italien. Cardinal Antonelli, der schon seit längerer Zeit mit dem Papste nicht auf sonderlich freundschaftlichem Fuße steht, hat demselben erklärt: er werde seine Entlassung nehme««, falls der Papst auf seiner feindseligen Stellung gegen die italienische Regierung beharre; die Kirche werde nur noch größeren Leiden ausgesetzt sein, wenn eine Einigung zwischen dem Papste und der italienischen Regierung nicht zu Stande komme. Vermischtes. In der königl. Porzellan-Manufoctur in Berlin ist jetzt eine kostbare Vase in Arbeit, welche als Geschenk für den Kaiser von Oesterreich bei seiner Anwesenheit in Berlin bestimmt ist. Die Vase hat einen Werth von 7000 Thlrn. Während der Anwesenheit der beiden Kaiser in Berlin, und zwar am Abend des 7. Septbr., wird nach Schluß der Gala- Oper ein großer Zapfenstreich der vereinigten Spielleute und Militärmusik-Chöre stattfinden, an dem 22 Musikchors mit circa 800 Mann und 350 Spielleute Theil nehmen werden. In der Linienstraße in Berlin fand dieser Tage ein armer Schuhmacher, just als er ein Kleidungsstück zum Versatz in's Leih- amt tragen wollte, einen Brief ohne Aufschrift. Er öffnete denselben und fand darin einen Zehn tha le r sch ein und nebenbei ein Papier mit folgender Aufschrift: „Ehrlicher Finder, wenn Du arm bist, so sei dieses Geld Dein eigen; bist Du wohlhabend, so gebe cs dem ersten Armen, der Dir ausstößt! Thust Du es nicht, so möge der Zorn Gottes Dich treffen!" — Daß ich arm bin, ist gewiß wahr, dachte wahrscheinlich der Schuhmacher; denn er behielt das Geld für sich und eilte vergnügt nach Hause und brachte seiner Frau, anstatt des wenigen Geldes sür das Pfand, zehn Thaler. Eine Anzahl Personen hatte sich um den glücklichen Finder ver sammelt, und eine Frau erzählte, sie habe einen jungen Mann den Bries hinlegen sehen; sie habe denselben jedoch nicht ausgenommen, weil sie einen schlechten Scherz vermuthete. Ein preisgekröntes Fest-Knödelessen fand kürzlich in einem Gasthause zu Weilheim in Baiern statt. Es waren drei Preise ausgesetzt, und diese wurden von drei Herren gewonnen. Der erstere dieser Herren hatte 26, der zweite 19 und der dritte 16 Knödel st 9 Loth zu sich genommen. Hier darf man wohl von ganzem Herzen „Gesegnete Mahlzeit!" wünschen. Civil-Listen. Der russische Kaiser hat täglich 25,000 Thlr. zu verzehren; der Sultan 18,000 Thlr.; Louis Napoleon genoß vor Sedan täglich 12,400 Thlr.; der deutsche Kaiser gebietet über 8210 Thlr.; Victor Emanuel hat 8250 Thlr., und die Königin Victoria muß sich mit 5250 Thlr. einschränken. Die Stadt New-Aork wird endlich eine unterirdische Eisenbahn haben. Die Herstellung derselben wird zwei Jahre etwa in Anspruch nehmen. Die Länge der Bahn, die überall unter der Erdoberfläche hinlausen wird, soll vier Meilen betragen. Diese Strecke, auf der sechs Haltestellen in Aussicht genommen sind, wird in zehn Minuten zurückgelegt werden können. Gine Amerikanerin über die weibliche Mode von hente. Fräulein Schwartenbach hat den von amerikanischen deutschen Frauen mit Begeisterung angenommenen Antrag gestellt: der weiblichen Modethorheit durch einfache und geschmackvolle Kleidung mit vereinten Kräften entgegenzuwirken. Es ist ein starker und im Wesentlichen berechtigter Ausfall gegen diese weibliche Hauptthorheit, wodurch sie ihren Antrag motivirt. „Ich halte es für eine ganz falsche Berechnung," sagte die Antragstellerin, „wenn Mädchen glauben, daß sie durch auffallende und luxuriöse Trachten für die Männer anziehender werden, als durch einfachen und geschmackvollen Anzug. Ihre Verschwendung und Geschmackverläugmmg ist auch in dieser Beziehung nutzlos, sogar schädlich und ab schreckend. Unser Geschlecht ist bereits im Verdacht, daß es den Verstand verloren habe oder immerwährend Maskenball feiere. Die jetzigen Trachten sind derart, daß fast jedes Weib arretirt werden müßte, wenn öffentliche Beleidigung