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Freitag. Rr. «». 2. August 1872. Weißerih-Zeitung. Amts-Alatt Mr die Kcrichts-Aemter und Stadtrüthe zu Dippoldiswalde u«d Irmrenstem. Verantwortlicher Redattcur: Cart Jehne in Dippoldiswalde. s Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags nnd Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 18'/- Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeilc berechnet. zur Fortschaffung der Möbel Feuerwehr requirirt werden mußte, so wuchs die Zahl der Zuschauer immermehr, und die Aufforderungen der Schutzleute zum Auseinandergehen wurden bald von dem bekannten Rufe: „Haut ihm!" übertönt, und erst um 3 Uhr Nachmittags gelang eS, durch reitende Schutzmänner den Platz zu säubern. Aber nach Entfernung derselben erneuerte sich der Tumult; matt begann das Haus zu demoliren und erst um 1 Uhr Nachts, nachdem von der blanken Waffe Gebrauch gemacht worden war, gelang eS, die Ruhe herzustellen. Am nächsten Tage sammelten sich in der Straße abermals bedeutende Menschenmassen. Leutnant Roth wurde durch einen auf ihn geschleuderten Ziegelstein verletzt und mußte vom Platze geschafft werden. Gegen */s2 Uhr erschien der Commandant der Schutzmannschaft, v.Tempsky, mit einer ansehnlichen Zahl von Schutzleuten und ließ die Straßen vom Pöbel säubern. Gegen Abend aber sammelte sich die Menge, welche durch die Nachricht von dem Abbruch einzelner Baraken noch aufgeregter geworden war, von Neuem und excedirte in der Landsberger-, Straußberger-, Großen Frankfurter- und Krautsstraße in solcher Weise, daß der Auf ruhr fast zum Barikadenkampf auSartete. Fast sämmtliche Straßenlaternen der Gegend, sowie Thüren und Fenster an verschiedenen Häusern wurden zertrümmert, sowohl Excedenten wie Polizeimannschaften verwundet, Familien in ihren Woh nungen gefährdet. Ein vollständiges Bild des Crawalls zu entwerfen, ist selbst ein Augenzeuge im Augenblicke nicht im Stande. Leider ließ sich eine Fortsetzung deS Excesses befürchten. An derselben hat'S denn auch nicht gefehlt, ja, in einem neuen Stadttheile, in der Skalitzer Straße, haben die Excesse eine derartige Ausdehnung angenommen, daß Militär zur Herstel lung der Ruhe requirirt werden mußte. An der Ecke des Grünen Weges und des Küstriner Platzes hatte der Pöbel wiederum aus Rinnsteinbohlen eine Barikade construirt, die selbe aber ohne besonders starken Widerstand verlassen, als die Polizei, das Hinderniß umgehend, anrückte. Bei dieser Gelegenheit ist der Wachtmeister Kunze durch Steinwürfe schwer verletzt worden. Was den Epceß in der Skalitzer Straße anlangt, so wurde derselbe durch ein exmitirtes Mädchen her- vorgerufen, welche behauptete, ihr Wirth habe sie mit einem Pistol bedroht. Der Tumult darüber wurde so arg, daß sich ein förmliches Steinbombardement des Pöbels gegen die Schutzmannschaft eröffnete, die sich zum Rückzüge genöthigt sah. Nun wurde aus der Dragonercaserne auf der Alepan- drinenstraße militärische Hülfe requirirt, welche durch energisches Vorgehen die Ordnung wieder herstellte. Herausgestellt soll sich haben, daß unter 85 in Haft gebrachten Exceventen sich sich nur 8 Berliner befinden; alle anderen seien erst kürzlich von außerhalb herzugelaufene Subjecte. — Mehrers Haus besitzer suchen um Schutz nach, andere haben Berlin den Rücken gewandt. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 1. August. In erfreulicher Weise mehren sich die Anmeldungen zum Gesangfest; auch haben bereits die Offerten von Freiquartieren ihren Anfang genommen. Einer der Herren Sammler theilt uns mit, daß ihm die Freude widerfahren sei, an einem Orte, und zwar bei einem unserer keineswegs mit Glücksgütern gesegneten Mitbürger, acht Sängergäste aus einmal unterzubringen. Das ist ent schiedene Theilnahme, welche, wenn sie nur annähernd Nach ahmung fände, dem Festcomitee die immerhin mühevolle und kostspielige Einrichtung von Massenquartieren ersparen würde. Ein Bravo dem freundlichen Wirthe! Vivat sequsim! Dippoldiswalde. Am 30. Juli Vormittags 10 Uhr erhängte sich in seiner Wohnung in Hänichen der 70- jährige Auszügler Johann Gottlob Schwibus in Folge von Lebensüberdruß. Possendorf, den 30. Juli. Heute Abend 5 Uhr fand die Beerdigung des am 28. ds. Mts. nach längeren Leiden in einem Alter von erst 30 Jahren hier verstorbenen DiaconuS Herrn Wilhelm Kretzschmar statt. Der Verstorbene hinter läßt eine Wittwe und ein Kind, und war derselbe nur erst seit August 1869 hier angestellt. Am Grabe sprachen Herr Pastor Richter aus Reichstädt und der leidende betagte Vater des Verewigten; in der Kirche hielt, nachdem die Herren Lehrer der hiesigen Parochie das Gebet von Jul. Otto: „Es weht durch euren Frieden rc." vorgetragen hatten, Hr. Pastor Nadler die vom Herzen kommende übliche Standrede, in der derselbe die schätzenwerthen Eigenschaften des Dahingeschiedenen als Seelsorger, Amtsbruder, Gatte, Familienglied und Freund hervorhob und ihm den wohlverdienten Dank in die Ewigkeit nachrief. Dresden. Es klingt wie Hohn auf das erlassene Reichs gesetz und muß ganz entschieden gerügt werden, daß für morgen in der katholischen Hofkirche ein feierliches Hoch amt „zu Gunsten des heiligen Ignatius Loyola, des Stifters des Jesuitenordens" angekündigt wird. (Const. Zeitg. vom 30. Juli.) Leipzig. Se. Maj. der König hat abermals einige Vorlesungen angehört, mehrere hiesige Etablissements besucht und ist, nach einem von den Studirenden gebrachten Fackel zuge, den 30. Juli Nachmittags, nach Pillnitz zurückgereist. Berlin. Hier ist es in den letzten Tagen zu den be dauerlichsten Straßenexcessen gekommen, in Folge deren die umfassendsten. Vorkehrungen zum Schutze der öffentlichen Ruhe und Sicherheit haben getroffen worden müssen. Alles in Folge der immer höher steigenden WohnungSnoth. Au« dem Hause Blumenstraße 51« sollte ein Tischler wegen Nicht bezahlung der Miethe am Donnerstag exmittltt werden. Da