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— 462 — Glashütte. Unser für nächsten Sonntag und Montag bevorstehende» Vogelschießen wird für Auge und Ohr, wie für den Gaumen und andere Sinne, gar Manches bieten. Die Parade unserer Schützen werden der Hauptmann und Adjutant zu Pferde abnehmen; ein Militär--Musikchor wird den Auszug begleiten und im Tanz-Salon, wie im Saale deö Gasthofs zur Sonne, concertiren und lustige Tanzweisen spielen; ein Circus ist neben dem Festplatze aufgestellt, und zur Unterhaltung und Belustigung, wie zur Stärkung des Leibes, ist alles Mögliche gethan und vorbereitet. Unsere Wirthe, Restaurateure, Weinstuben u. s. w. sind auf massen haften Besuch eingerichtet und werden ihren guten Ruf wieder bewahren. So mögen die Festtheilnehmer kommen und viele Gäste uns erfreuen, — der Himmel aber uns gutes Wetter schenken I Berlin. Das Jesuitengesetz hat nunmehr die Sanktion des BundeSraths und des Kaisers erhalten und ist durch den „Staatsanzeiger" veröffentlicht worden. Hierin dürste aber die schwache Seite dieser, mit so vieler Mühe von den Liberalen Deutschlands zu Stande gebrachten Er rungenschaften liegen; denn mit der Überwachung und Voll zugstreckung des Gesetzes sind nicht Reichsorgane, sondern die betreffenden Landesbehörden beauftragt, und dadurch ist dem PartikulariSmuS weiter Spielraum gelassen. Es wird der starken Hand des Reichskanzlers bedürfen, um etwaige Competenzfragen zu beseitigen. — Aus Anlaß der Unterzeichnung des deutsch-französischen Vertrages hat der Kaiser 73 Franzosen, die noch in deutschen Gefängnissen saßen, begnadigt. — Der „Große Generalstab" veröffentlicht ein Werk überden deutsch-französischen Krieg, und ist die erste Lieferung jetzt erschienen. Die großen Erwartungen, die man von dem Werke hegte, sind vollständig gerechtfertigt, und die Bewunderung für den genialen Scharfblick unseres großen Strategen, des Grafen Moltke, wird noch gesteigert. Die Einleitung enthüllt eine politische Uebersicht der Zustände in Deutschland und in Frankreich vor und bei Beginn des Krieges-, sie wird in letzterem Lande einen großen, sehr er nüchternden Eindruck machen, enthält auch gehörige, in feinster Form ausgetheilte Hiebe aus Frankreich. Erstaunt ist man ferner über die Voraussicht, welche zwei Jahre vor Ausbruch des Krieges einen Plan schuf, der eintretenden Falls ohne Weiteres zur Ausführung kam, da er auf den in Aussicht genommenen Fall bei dessen wirklichem Eintritt paßte und die deutsche Armeeorganisation dessen sofortige Ausführung gestattete, während Marschall Niel bald erfahren mußte, daß der französische Plan nichts taugte und die Organisation nicht fertig war. Derselbe Fall, wie er 1870 eintrat, wird aber immer eintreten, wenn Preußen resp. Deutschland zum Kriege genöthigt werden sollte, da die Arbeiten des Großen General stabes, nach „Kriegstheatern" eingetheilt, sich auf alle mög lichen Fälle und Schauplätze eines Krieges beziehen und für einen solchen durch Entwerfung von Plänen rc. Fürsorge treffen. — Die Umwandlung der im Feldzuge von 1870—71 erbeuteten Chassepotgewehre, deren Zahl zu etwa 400,000 angenommen werden kann, ist jetzt in voller Ausführung und dürfte voraussichtlich bis zum nächsten Herbst bewirkt werden. Auch für daS neue deutsche Hinterladungsgewehr sollen die Bestellungen bereits ausgegeben sein; doch würde deffen Ein führung bei der erforderlichen Zahl von nahezu 2 Millionen Gewehren immerhin noch Jahre auf sich warten lassen. — Die Festung Erfurt als solche wird wohl bald ganz aufgehoben werden. Die strategische Lage von Er furt, welches weder an einem Flusse, noch an einem Straßen knoten liegt, ist jetzt nicht mehr von solcher Wichtigkeit, um die enormen Kosten der Anlage großer Außenforts zu recht fertigen. Die Festung soll daher geschleift und das werth volle Terrain verkauft werden. Die Citadelle, „der Peters berg," und die „ChriakSburg" sollen als Festungen erhalten bleiben, da sie werthvolle militärische Etablissements enthalten. Hannover. Das deutsche Bundesschießen hier hat am 14. Juli begonnen. Tags vorher wurden die hier einziehenden fremden Schützen — mit besonderer Freude die aus Oesterreich und Amerika — festlich empfangen. Der Festzug am 14. verlief, bei heiterstem Wetter, unter jubelnden Zurufen der Bevölkerung ; es herrschte eine gehobene nationale Stimmung und ein auf den Kaiser Wilhelm und den Fürsten Bismarck, als die Gründer der deutschen Einheit, auSge- brachtes Hoch fand die allseitigste, enthusiastische Aufnahme. Den ersten Preis auf der Scheibe „Deutschland" mit dem Gewinne von 1200 Thlrn. und einem Becher hat der Schütze Helfer aus Reichenberg in Böhmen erhalten. Oesterreich. In Prag sind eine Anzahl junger Leute verhaftet worden, welche des Verbrechens des Hochver rates und des beabsichtigten Mordes beschuldigt sind; sie gehören einem Geheimbund „ Blanik" an, welcher sich die gewaltsame Beiseiteschaffung der, den Czechen mißliebigen Persönlichkeiten zum Ziele gesetzt hat. Unter diesen nimmt der Statthalter Baron Koller den ersten Rang ein, ferner Hofrath Marx, Staatsanwalt Jarosch u. A. — Der Exkaiser Napoleon wird am 20. Juli nach Prag kommen, einige Tage dort verweilen und dann zu einer 6wöchentlichen Cur nach Karlsbad reisen. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 8. Sonnt, noch Trinit. (21. Juli) pred. Herr Sup. Opitz. Vorher Communion: Derselbe. Nachmittags kein Gottesdienst. Jahresfeier des Zweigvereins der Gustav-Avolf-Stistung für Dippoldiswalde u. U. in Höckendorf, 2 Uhr. Predigt Herr Pastor Meier aus Schmiedeberg. Altenberg. Am 8. Sonnt, n. Trin. öffentl. Communion und Beichte (8 Uhr) durch Herrn Diaconus Kleinpaul. Vormittags predigt Herr Pastor Friedrich. Nachm. Hr. Diac. Kleinpaul. Christliche Unterredung mit den Jungfrauen hiesiger Kirchfahrt. Allgemeiner Anzeiger. Erlaß, die Gestellung der Militairpflichtigen vor der Königlichen Departe- ments-Ersatz-Commission betreffend. Den mit Führung der Stammrollen beauftragten Ortsbehörden werden in den nächsten Tagen die Vorladungen der in ihren Orten aufhältlichen Militärpflichtigen zur Gestellung vor der Königlichen DepartementS-Ersatz-Commission zugehen, und erhalten diese Behörden mit Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Unterzeichneten vom 5. vor. MtS. Anweisung, diese OrdreS den Gestellpflichtigen sofort gehörig zu behändigen und dieselben unter nochmaligem Hinweis auf die für den Fall des Außenbleibens oder des unpünktlichen Erscheinens in 8 176,, der Ersatz-Instruction angedrohten Strafen zum