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Dienstag. Rr. 38. 9. Ink 1872. Weißerih-Ieitung. Fmts-Matt für die Kerichts-Acmter und Stadträtyc zu Dippoldiswalde und Krauenftei«. Verantwortlicher Redarteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 18'/» Ngr. Inserate, welche bei der bedcutmden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zcile berechnet. Monats - Bericht. Auch der sonst stille Monat Juni war diesmal nicht arm an politischen Ereignissen. In der letzten Hälfte des Monats wurde die au Arbeiten reiche ReichStags-Session geschlossen. Neben dem Abschlüsse des neuen Militärstrafge setzbuches für das deutsche Reich war es besonders das Gesetz gegen die Jesuiten, welchem eine größere politische Bedeutung beizumessen ist. Ueberhaupt war esderKampfderStaats- gewalt gegen den Ultramontanismus, welcher sich auch im abgelaufenen Monat im Reichstage und in der Presse fortspann und in mehrfachen Akten der preußischen Regierung zum Ausdruck kam. Es ist nicht zweifelhaft, daß dieser Kamps früher oder später auf das politische Gebiet hinübergespielt werden wird, und daß es Frankreich ist, welches die unzu friedenen Elemente der Ultramontanen so gut, wie die der Socialdemokraten, bei einem etwaigen künftigen Kampfe gegen Deutschland zu benutzen gedenkt. Die Wachsamkeit unseres Reichskanzlers ist daher wohl am Platze, und wie neuerdings die Zeitungen berichten, ist zwischen dem deutschen Reiche, Oesterreich und Italien eine Vereinbarung darüber getroffen worden, wie man sich bei einer etwa eintretenden Vacanz des päpstlichen Stuhles verhalten wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die genannten Großmächte der Neuwahl eines ihnen etwa feindselig gesinnten Papstes die Anerkennung ver sagen. Andererseits soll, wie die „Spenersche Zeitung" aus guter Quelle berichtet, „der Papst schon 1870 eine Bulle unterzeichnet haben, durch welche er für einen Todesfall, mit Umgehung aller bisher üblichen und vorschriftsmäßigen For malitäten, die Wahl seines Nachfolgers xraessnto eg-äuvsrv (noch über seiner Leiche) durch die in Rom anwesenden Car- dinäle vorschreibt. In diesem Falle würde der Sieg der Jesuiten gesichert, aber auch eine Anfechtung der Giltigkeit einer so uncanonischen Wahl von Außen her wahrscheinlich." Der Tod PiuS' IX. wird daher voraussichtlich das Signal zu weitgehenden Verwickelungen werden. Glücklicherweise ist Frankreich, als die einzige Macht, welche auf Seiten der Jesuiten steht, noch für eine lange Reihe von Jahren außer Stande, das Schwert zu ziehen, und Dank der umsichtigen Politik unseres Reichskanzlers, diplomatisch vollständigst isolirt, während auf der anderen Seite drei europäische Großmächte zusammenstehen. Die Papstwahl wird daher jedenfalls keinen Krieg im Gefolge haben. Frankreich hat im vorigen Monate Unterhandlungen angeknüpft über die Zahlung der noch rückständigen drei Milliarden Kriegsentschädigung und Räumung des französischen Gebiets von deutschen Truppen. Diese Verhandlungen sind zu einem günstigen Abschluß gelangt. In Börsenkreisen be sorgt man von dem Zuflusse einer so ungeheueren Summe nach Deutschland eine weitere Entwerthung des Geldes. Jn- deß dürste diese Besorgniß nur theilweise gerechtfertigt fein, da jene enormen Summen nur allmählig in den großen Ver kehr übergehen. Wie der Kronprinz von Italien kürzlich mehrere Tage an unserm Kaiserhofe verweilte und Pathenstelle bei der jüngstgeborenen Tochter des deutschen Kronprinzen versah, so beabsichtigt auch der Kaiser von Oesterreich mit mehreren Erzherzögen unserem Kaiserhaus« im September dS. Js. einen achttägigen Besuch abzustatten. DaS hierdurch bezeugte freundschaftliche Einvernehmen zwischen dem deutschen Reiche, Oesterreich und Italien ist jedenfalls hocherfreulich und eine wesentliche Garantie für Erhaltung des Friedens in Europa. England und Amerika sind über die bekannte Ent schädigungsfrage noch nicht in'S Reine gekommen. In Spanien erfolgte am Schlüsse des Monats die Auflösung der Cortes. Die Herstellung geordneter Zustände in diesem, von Jesuiten und Radikalen unterwühlten Lande scheint fast unmöglich zu sein. In den übrigen Ländern ereignete sich nichts BemerkenS- wertheS. —r. Tagesgeschichte. Dresden. Die königl. PrüfungS-Commission der Frei - willigen zum Militärdienst wird vom 9. Septbr. d. IS. an die Prüfungen zur Erlangung der Berechtigung rum einjähr. Dienst abhalten. Die jungen Leute, welche dieselbe zu erlangen wünschen, haben (wenn sie das 17. Lebensjahr vollendet, das dienstpflichtige Alter aber noch nicht erreicht haben, ihre Anmeldung bis 24. August d. IS. schriftlich zu bewirken, derselben auch 1) einen Nachweis der Reichsange hörigkeit, 2) einen Geburtsschein, 3) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes, 4) ein UnbescholtenheitSzeugniß und 5) einen Nachweis über die erlangte wissenschaftliche Aus bildung beizufügen. (Die Anmeldung erfolgt be m Büreau der Commission, Schloßstraße Nr. 15, 2. Etage, in Dresden.) — Die verwittwete Königin Elisabeth von Preußen ist am 8. Juli, von Possenhofen kommend, in Pillnitz zum Besuche unseres Königshauses eingetroffen. — In der zweiten Hä fte des Juli wird unser König sich zu einem mehrtägigen Au enthalt nach Leipzig begeben und da seine besondere Aufmerksamkeit der Universität zuwenden. Bischofswerda. Am 4. Juli Mittags sind hier zwei, auf dem Grundstücke des Hrn. Kauffer mit Errichtung eines Mauerwerkes in einer Tiefe von 16 Ellen beschäftigt gewesene Arbeiter (Roch und Teich) von einstürzenden Erbmassen ver schüttet worden. Die sofort angestellten RettungSarbeiten, an denen über 100 Mann beschäftigt wurden, find später unter Leitung des mit der Rettungsmedaille decormen Ober-