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Freitag. Nr. S«. 28. Ium 1872. Weißerih-Ieituirg. Amts-Akatt fiir die Kerichts-Aemtcr u«d Stadträthe zu Dippoldiswalde und KraucnMn. Verantwottlicher Redakteur: Carl Ichne itt Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle' Post-Anstalten imt>> -die Agenturen. Preis vterteljährl. 18'/- Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spaltcn-Zcilc berechnet. Unseren geehrten Abonnenten zur Nachricht, daß mit dieser Nummer das zweite Quartal schließt, und ersuchen wir namentlich die auswärtige« Leser, die Abonnements bei den betreffenden Post-Anstalten sofort zu erneuern, damit in der Versendung keine Unterbrechung eintrttt. Dippoldiswalde, 27. Juni 1872. Die Verlags-Expedition. Tagesgeschichte. Dresden. Während der diesjährigen Herbstübungen beim königl. sächs. Armeecorps werden keine größeren Manöver stattfinden und erstere Mitte September beendet sein. — Unser Kronprinz und die Kronprinzessin sind, von Marienbad kommend, am 22. Juni in München einge troffen, von dort nach Possenhofen gereist, woselbst sie acht Tage verweilen und dann nach Tegernsee reisen werden. — Die sächsischen Staatsbahnen haben im Jahre 1871 eine Einnahme von über 12 Mill. Thlr. erzielt; die Ausgaben betrugen gegen 7 Mill. Thlr und verblieb ein Reinertrag von 5'/s Mill. Thlr., l'/s Mill, mehr, als im Jahre 1870. Das 77 Mill. Thlr. betragende Anlagekapital verzinst sich mit ziemlich 7 Procent. — Der Jahrmarkt in Neustadt-Dresden, vom besten Wetter begünstigt, war außerordentlich gut besucht, und haben die Verkäufer auch sehr gute Geschäfte gemacht. — Die Idee, eine landwirthschaftliche Mobiliar- Feuer-Versicherungs-Gesellschaft für das Königreich Sachsen zu gründen, geht ihrer Verwirklichung entgegen. Die constituirende Versammlung wird am 17. Juli in Dresden stattfinden (s. d. Inserate dieser Nr.), und es ist eine recht lebhafte Betheiligung aller Landwirthe um so mehr zu er warten, als nach dem Statut auch solche Mitglieder Auf nahme finden können, welche jetzt noch verhindert sind, ihr Mobiliar bei der Genossenschaft sofort zu versichern. Welchen Anklang übrigens der Gedanke, eine solche Versicherungs- Genossenschaft ins Leben zu rufen, in ganz Sachsen gefunden hat, beweist der Umstand, daß über 5000 Landwirthe ihre Zustimmung für das Zustandekommen dieses Institutes ge geben haben. Berlin. Der Kaiser ist am 24. Juni Abends über Magdeburg, Kassel, Gießen nach Ems gereist. Nach etwa vierwöchentlichem Aufenthalte daselbst wird derselbe auf einige Wochen nach Gastein gehen. — AuS bester Quelle verlautet, daß die Verhand lungen mit Frankreich den günstigsten Verlauf nehmen. Man hält eS für wahrscheinlich, daß schon in den nächsten Tage» die gegenseitige Unterzeichnung der getroffenen Ver einbarung stattfinden wird. — Am Sonntag in den frühesten Morgenstunden ist auf offener Straße in Verffff ein Mord verübt worden. Der Schuhmachermstr. Krall, der in einer Wirthschaft ge spielt und Scandal angefangen, deshalb entfernt worden war, lauerte an seinem gegenüber liegenden Hause auf die übrigen Betheiligten und brachte einem 23jährigen Schlosser Baltzer mit einem scharfen Schuhmachermesser einen Stich durch die Kehle bei, so daß derselbe leblos zu Boden fiel. Krall ist verhaftet ; er ist verheirathet und Vater eines Kindes. — In voriger Woche starb in Berlin der Feuerwerks- Unternehmer Gericke, der in dürftigsten Umständen gelebt und ein zum Abbruch bestimmtes Gebäude von der Armen commission als Wohnung angewiesen erhalten hatte. Man fand nach seinem Tode 300 harte Thaler und ein Vermögen in Papieren von 30,000 Thlrn. vor, das der Stadt Berlin zufällt, da der Mann keine Erben hat. In letzter Zeit hatte sich Gericke noch krank gestellt und wöchentlich 2 Thlt. Krankengeld vom Armenverein erhalten. In'Nassau wird am 9. Juli die Enthüllung des Stein-Denkmals stattfinden, und baben der Kaiser und die Kaiserin ihre Theilnahme an der Feier in Aussicht gestellt. Frankreich. Die Bedingungen, welche Deutschland, betreffs der Räumung der occupirten Provinzen, angenommen hat, sind folgende: 1) Sofortige Bezahlung einer halben Milliarde; Bezahlung einer zweiten halben Milliarde bis zum 1. Jan. 1873 und sofortige Räumung von zwei Depar tements; 2) für die Bezahlung der zweiten Milliarde stellt Deutschland als letzten Termin den 1. Febr. 1874 fest, ist jedoch bereit, Vorausbezahlungen anzunehmen; 3) nach der Bezahlung der zweiten halben Milliarde nimmt Deutschland die Garantien der Bankiers für die dritte Milliarde an und räumt, ohne die Bezahlung derselben abzuwarten, vollständig das französische Territorium. Vermischtes. Auf dem Magdeburger Bahnhofe zu Leipzig fand am 23. Juni früh ö Uhr ein interessantes Schauspiel statt. In Folge einer Wette wurden nämlich daselbst 12 0 Brieftauben, welche in der Nacht in drei Körben verpackt von Hamburg angelangt waren, wieder freigelassen. Als man die Körbe öffnete, stiegen die Tauben zunächst im Schwarme kerzengerade auf, kreisten sodann kurze Zeit über dem Bahnhofe und begannen danach ihren Flug in nördlicher Richtung. Auf das Eintreffen der ersten Brieftaube in Hamburg zu einer bestimmten Zeit ist ein Preis von 200 Thlrn. ausgesetzt.