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Dienstag. Rr. 47. 18. Juni 1872. Weißenh-Leitung. Amts-Mlatt fiir die Herichts-Aemter «nd StadtrSthe zu Dippoldiswalde «nd Kraumstem. Verantwortlicher Redstteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Diese- Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. IS'/- Ngr. Inserats welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. für die Spaltcn-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 17. Juni. Das gestrige, vom Trompeterchor des Feldartillerie-Regiments unter Direction des Stabstrompeters Hrn. A. Böhme im hiesigen Schießhaus- faale gegebene Concert war, wie eS dasselbe wohl verdient hätte, zwar gut, doch nicht so zahlreich besucht, als man das bei ähnlichen Veranlassungen gewohnt ist. Die Leistungen des Chores, sowie die seines Dirigenten auf Posaune und Bariton-Cornet, sind bekannt, und entsprachen dieselben auch diesmal ihrem Rufe. Frauenstein. Am Sonntag, 9. Juni, Nachmittags, hielt der hiesige Zweig verein der Ev. Gustav-Adolf- Stiftung nach dreijähriger Ruhe, die man mit den bekannten Verhältnissen hiesigen Orts in dieser Zeit wohl entschuldigen wird, wiederum eine Jahresfeier, ähnlich der vorigen zu Pretzschendorf, diesmal in Nassau, dessen Kirchenvorstand die Vorfrage des hiesigen Zweigvereinsvorstands, ob die dortige Kirchengemeinde dazu geneigt sei, bereitwilligst bejaht und mit derselben, unter Mitwirkung der Filialgemeinde von Rechenberg, zum festlichen Begängniß des Tages alles Mögliche in rühmlichster Weise vorbereitet hatte. Nach einem Festzug mit der Schuljugend unter dem Geläute der sonoren Glocken in das freundliche, festlich geschmückte Gotteshaus hielt der von dem Vorsitzenden des Vereinsvorstandes darum ersuchte Herr Pastor vr. xb. Voigt aus Dorfchemnitz, Vorstand des Saydaer Zweigvereins, die Festpredigt über 1. Kor. 13, 2, welche in ergreifender Weise den Verein als einen Verein des Glaubens mit der Liebe schilderte, und der Vorsitzende, Sup. vr. Hasse von hier, gab den üblichen Rechenschaftsbericht. Ein vorher vom Herrn Kirchschnllehrer Neumann zu Nassau mit den übrigen Lehrern des Kirch spiels und der Nachbarschaft vierstimmig vorgetragener Psalm trug zur Erhöhung der kirchlichen Feier wesentlich bei; Nicht minder das Spiel der kräftigen Silbermannschen Orgel zu den vollstimmigen Gesängen der dichtgedrängten Festgemeinde und die Anwesenheit mehrerer bei der Liturgie mitwirkender Geistlicher im Ornat. Eine beim Ausgang des Gottesdienstes vor den Kirchthüren gesammelte Collecte ergab 15 Thlr. 21 Ngr. 9 Pfg. Die nach Vereinsgebrauch dann im Saale des Steuer'schen Gasthofes abgehaltene öffentliche Ausschußsitzung bestimmte sie, nachdem der Vorsitzende zwei aus Frösch - weiler im Elsaß und aus Reichenberg in Böhmen bei ihm eingegangene Unterstützungsgesuche zur Vergleichung und Auswahl vorgetragen, für erstere Gemeinde zur Beihilfe beim Wiederaufbau ihrer in der Schlacht bei Wörth am 6. Aug. 1870 eingeäscherten ev. luth. Kirche. Zu Abgeordneten unsers Zweigvereins nach Großenhain in die diesjährige Dresdner Hauptversammlung wurde der Vorsitzende des ersteren und Herr Landschöppe Jrmer in Burkersdorf, da Herr Gem.- Vorst. Merkel die Wähl aus vorliegenden Gründen ablehnte zu Stellvertretern der Letztgenannte und Herr Diac. Krumb holz hier gewählt. Dresden. Der zu Ende voriger Woche hier abgehaltene Wollmarkt hat einen raschen und für die Producenten auch sehr günstigen Verlauf genommen. Schon in den ersten Vormittagsstunden war das eingebrachte Quantum fast völlig verkauft und zu Preisen, welche bei guter Wäsche 2 — 2'/» Thlr. pro Stein höher waren, als die vorjährigen. Viele Gutsbesitzer aus der weitern Umgegend (Freiberg rc.) hatten einige Tage vorher ihre Wollen in der Heimath verkauft, jedoch zu viel billigeren Preisen, als die in Dresden gebotenen und bezahlten. — In ultramontanen Kreisen Sachsens soll die Hoffnung herrschen, den früheren sächsischen Gesandten in Paris, Grasen Seebäch, zum deutschen Botschafter in Rom ernannt zu sehen. Graf Seebach ist Protestant, ließ aber seine Kinder im katholischen Glauben, und zwar zum Theil in der be kannten Jesuitenanstalt zu Feldkirch in Vorarlberg, erziehen, und dürfte deshalb im Vatican trotz seines persönlichen Ketzer- thumS eine gewünschte und gewichtige Persönlichkeit sein. — Die diesjährige allgemeine sächsische Lehrerver sammlung wird in den Tagen Vock 7.-9. Augst inLeisntg abgehalten werden. Berlin. In der Sitzung des Reichstages am 14. Juni erfolgte die erste Lesung des Jesuitengesetzes. Der Bundescommissar erklärte, das Gesetz sei nur ein Nothwehr- gesetz für den Fall, daß die staatsgesährliche Tendenz des Ordens offen und klar werde; er wies die Ansicht zurück, als ob das Gesetz gegen die katholische Kirche gemünzt sei, welche bestanden habe, ehe der Jesuitenorden existirte und als derselbe aufgehoben war. Unter den, dem Jesuitenorden ver wandten Gesellschaften bezeichnet der Bundescommissar die Ligorianer und die FröreS Jgnorantins, sowie zwei Schul brüder-Orden, davon einer unter französischer, der andere unter römischer Oberhoheit stehe. Oesterreich. Die Regierung hat im Abgeordnetenhause eine Gesetzvorlage eingebracht, durch welche die Mittel zur Erhaltung des Hofstaates um 1 Million Fl. jährlich er höht werden. Bisher betrugen sie für die im ReichSrathe vertretenen Königreiche und Länder 3,650,000 Fl - dies ist aber nur die Hälfte des Bedarfes, da die andere Hälfte von Ungarn gedeckt wird und somit der ganze Betrag sich auf 7,300,000 Fl. beziffert, — eine Summe, die nach der Er klärung des OberhofmeisteramteS „trotz aller Sparsackkeit" nicht ausreicht zur Bestreitung des Hofhaushaltes. Der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses hat denn auch die Erhöhung um 1 Million angenommen.