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Dienstag. Nv. 4S. 4. Juni 1872. Amts-Matt Mr die Kerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Nedacteur: Carl Jehne in Dippotdiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstag« und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. Rgr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 3. Juni. Zwar haben wir bereits früher von der heurigen Thätigleit des VerschönerungS- VereinS berichtet; doch können wir, da nun die Anlage am Anfänge des Walksteges fertig ist, die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne dankend Derer zu gedenken, die sich um das Zustandekommen und bei Ausführung derselben wesentlich mit verdient gewacht haben. Es sind dies nament- die Herren Stadtgutsbesitzer Müller und Restaurateur Lotze, sodann aber auch Herr Sattlermstr. Ficke und Frau. Den Ersteren ist überhaupt die, in erweiterter Weise, als früher beschlossen, gemachte Anlage zu danken, denn nur durch ihre unermüdliche eigene Arbeit und Hilfe war es möglich, mit den jetzigen Mitteln des Vereins etwas Ansprechendes aus zuführen. Hr. Sattlermstr. Ficke hat die zur Verzierung der Barriören verwendeten Knöpfe und Eicheln selbst gedreht, dessen Gattin sämmtliche Blumen aus eigenen Mitteln besorgt und gepflanzt. Möge nun aber auch jeder Besucher der Anlage, namentlich auch unsere liebe Jugend, es sich angelegen sein lassen, dieselbe zu schonen, daß sie recht lange zur Zierde der Stadt erhalten bleibe. — Wie wir hören, soll das in der Nähe befindliche LeiterhauS beseitigt und weiter hinaus verlegt werden. Es ist freilich schade, daß das Spritzenhaus nicht eben so leicht zu entfernen ist. Doch wie Rom nicht in Einem Tage erbaut worden ist, so wird auch unser Verschönerungsverein seine Arbeit noch lange nicht vollendet haben und sich neben anderen Tugenden auch der Geduld zu befleißigen haben. Möge er sich nicht abhalten lassen, stets das Mögliche zu erstreben und auszuführen, und möchten ihm ganz besonders dergleichen Helfer, wie wir sie oben genannt haben, recht lange erhalten bleiben! — Die „Dresdener Nachrichten" von heute (Montag) melden: „Nach einer am Sonntag Mittag an die Dampf schifffahrts-Gesellschaft gelangten Depesche ist heute (also Montag) Abend eine neue Hochfluth der Elbe zu er warten, die, nach dem Urtheile der Depesche zu schließen, noch bedeutender werden dürfte, als die kaum verflossene. Am Sonnabend sollen hinter Prag wieder zwei bedeutende Wolkenbrüche gefallen sein. In einer anderen Depesche wird gemeldet, daß in der Moldau das Wasser bereits '/i Elle höher stehe, als der höchste Standpunkt beim letzten Hoch wasser gewesen sei. Dresden. Im sächsischen Cultusministerium ist man jetzt mit Entscheidung der Frage beschäftigt, ob den Kindern die Bibel vollständig oder nur im Auszüge in die Hand zu geben sei. Unter Andern ist auch Prof. MasiuS mit einem gutachtlichen Berichte über diese Angelegenheit betraut worden. Leipzig. Das Erkenntniß des Ober-AppellationSgerichtS in dem Leipziger HochverrathSprozeß ist jetzt bekannt gemacht worden, darnach das Urtheil erster Instanz — 2 Jahre Festungsstrafe gegen Bebel und Liebknecht — Bestätigung erhalten hat. Berlin. Der Reichstag wird sich in nächster Zeit mit den Berathungen über das Militärstrafgesetzbuch beschäftigen. Es heißt, am 14. Juni solle der Schluß des Reichstages erfolgen, da der Kaiser, dessen Abreise iiz's Bad auf den 15. 'festgestellt ist, in Person dek Reichstag schließen wolle. — Die Einbringung eines Anträge« auf Gewährung von Diäten an die Reichstagsmitglieder wird erwartet. — 89 Mitglieder des Reichstages und BundeSratheS haben am 1. Juni eine Vergnügungsreise über Stettin nach der Insel Rügen unternommen. DieEisenbahndirection hatte freie Fahrt offerirt, welches Anerbieten aber vom Comite» das die Fahrt arrangirt (in Reichstagskreisen die „Gründer" genannt), abgelehnt wurde, da nicht der Reichstag, sondern nur eine Anzahl Mitglieder die Fahrt unternahmen. In Stettin von den Behörden empfangen und durch die festlich geschmückte Stadt geleitet, erfolgte die Einschiffung zur See auf dem Dampfer „Kaiser." Bonn. Das vierte allgemeine deutsche Turnfest wird vom 4.-6. August hier abgehalten werden. Die warme patriotische Stimmung, welche Turnern geläufig ist, wird gerade in der Rheingegend und in der Vaterstadt Arndt'S nach dem siegreichen Kampfe eine beziehungsvolle Wahl erblicken. Braunschweig. Am 31. Mai starb schnell und uner wartet Hierselbst der bekannte Schriftsteller und Reisende Friedrich Gerstäcker. Er war 1816 in Hamburg geboren, Sohn des dortigen Sängers Gerstäcker, und begleitete häufig den Vater auf dessen Kunstreisen, wo seine Reiselust frühzeitig geweckt wurde. 1835 — 1837 erlernte er in Döben hä Grimma die Landwirthschaft, schiffte sich aber dann in Bremen nach Amerika ein, wo er Wanderungen durch alle Staaten der Union begann und als Jäger in den Urwäldern des Westens ein abenteuerliches Leben führte. 1842 übernahm er die Leitung eines Hotels in Louisiana, kehrte 1843 nach Deutschland zurück und war hier literarisch thätig. 1849 unternahm er eine neue größere Reise, kehrte 1852 zurück; 1860 ging er nach Südamerika und kam Ende 1861 wieder, 1862 begleitete er den Herzog Ernst von Gotha nach Aegypten und Abessinien und nahm nach der Rückkehr in Gotha seinen Aufenthalt. 1867—1868 reiste« er wieder nach Amerika und Westindien, wohnte dann nach der Heimkehr in Dresden und dann in Braunschweig. Eben jetzt ging er mit einer neuen Weltfahrt um. Er hinterläßt Gattin und Kinder. j