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Personen sanden dort im Wasser den Tod. Im Ganzen Weitere wolkenbruchartige Regengüsse mit Hagel werden über 400 Menschen umgekommen sein. Karlsbad schlag rc. werden von denselben Tagen gemeldete aus dem wurde gleichfalls arg überschwemmt; doch ereignete sich kein Riesengebirge, Schlesien, aus Darmstadt, Stutt- Unglücksfall an Menschen. gart, Basel und Bern. Klärchen. Novelle von August Schrader. (Fortsetzung.) „Guten Tag, lieber Herr Klotz!" Krug nannte diesen Mann „lieber Herr Klotz;" den braven Meister Göpel, der bittend zu ihm gekommen, hatte er kurz behandelt und zur Thür hinaus geschoben. Klotz, ein widerwärtig aussehender Mann von fünfundsechzig Jahren, hing seinen Hut auf den Stock und lehnte den Stock neben der Thür an die Wand. Nur wenig Haare bedeckten seinen kleinen viereckigen Schädel noch. Sein braunes Gesicht war von auffälligen Pockennarben zerrissen. Ein dunkles graues Auge, klein, wie das eines Schweins , blickte listig unter buschigen Brauen hervor. In seinen ziemlich langen Ohr läppchen zeigten sich gelbe Knöpfe. Klotz war ein ziemlich langer knochiger Mensch, der in seinem Alter noch eine Fülle physischer Kraft besitzen mußte, denn jede seiner Bewegungen war fest und sicher. Gr trug, nach Sitte der Landleute, eisten blauen SonntagSrock, dunkle Manchesterhosen und Stiefeln, deren Schäfte bis an daS Knie reichten. Als er den Rock öffnete, ward eine schwarze Tuchweste sichtbar, auf der eine altmodische Goldkette sich zeigte. „Wie steht es, Herr Advocat?" fragte er mit markiger Stimme. Zugleich ließ er sich auf den Clientensessel nieder, da Krug schon auf seinem Arbeitsstuhle saß. „Bald, lieber Herr Klotz, wäre unsere Angelegenheit noch gescheitert." „Oh, oh!" rief der Bauer. „Der Professor verlangte tausend Thaler mehr." Klotz blieb ernst; er legte die schwere Hand auf den wurmstichigen Arbeitstisch und murmelte: „Der fromme Mann scheint den Werth des Geldes zu kennen." „Ich habe weidlich schwatzen müssen, um ihn zur Unter schrift der Cession zu bringen." „Er hat also doch unterschrieben?" „Das Geschäft ist abgemacht. Sie sind Jnhgber der Hypothek von sechstausend Thalern, die auf Göpels Mühle lastet. Das Kapital ist, wie unter uns beschlossen, vor einem halben Jahre gekündigt und von morgen an können Sie den Müller, wenn er nicht zahlt, mit Weib und Kind an die Luft setzen lassen. Die beim Gerichte nöthigen Schritte werde ich women thun." „Beantragen Sie den Verkauf und beschleunigen Sie den Proceß." Klotz zog seine schwere Brieftasche hervor, legte acht tausend Thaler auf den Tisch und fügte eine fünfhundert Thaler-Rote für den Vermittler bei. Wer seinen Gleichmuth gesehen, mit dem er die Zahlung machte, würde ihu weder für habsüchtig noch für geizig gehalten haben. Große Summen schienen keine Bedeutung für ihn zu haben. Ruhig verbarg er das Taschenbuch, das noch eine ansehnliche Summe enthielt, sprach von der Dringlichkeit des Geschäfts, da er, wie er äußerte, die Mühle zu industriellem Zwecke bedürfe, machte dem Advocuten. die äußerste Strenge zur Pflicht und entfernte sich mit der Miene eines Mannes, der eine ganz gewöhnliche Angelegenheit geordnet hat. Gegen fünf Uhr Nachmittags erblicken wir de» alten Klotz auf der Chaussee, die von der Stadt nach Langendorf führt. Gemüthlich aus einer kurzen Pfeife schmauchend, schritt er dahin. Sein Gesicht war stark geröthet, denn er hatte, um den glücklichen Abschluß des, für ihn wichtigen Geschäfts zu feiern, eine Flasche Wein mehr als sonst ge trunken. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, nahm den Hut ab und gab das heiße Gesicht dem Winde preis, der schon anfing kühl zu werden. Dann ging er wieder weiter. „David kann zufrieden sein!" murmelte er vor sich hin. „Ich setze Kopf und Kragen daran, daß er das Müllermädchen bekommt. Warum auch nicht? Er kann ja zehn solcher Weiber ernähren, wenn es sein muß. Den starren Göpel wollen wir schon weich machen, denn jetzt halte ich die ganze Geschichte in der Hand. Dem Professor war doch nicht so recht zu trauen, er hätte sich am Ende noch zur Nachsicht bewegen lassen. Die fünfhundert Thaler, die ich dem Advocat gegeben, haben da» Ihrige bewirkt . . . Dieser Krug ist für Geld zu Allem fähig . . Ich möchte wohl wisse», wie er gelogen hat, um den Professor so weit zu bringen ... Es steht fest: die Welt ist aus Lug und Trug zusammengesetzt und wer es nicht versteht; sich seiner Haut zu wehren, muß untergehen. Da habe ich auf ganz gesetzlichem Wege den alten Göpel, der sonst ein rechtschaffener Mann ist, in meine Gewalt bekommen . . . Seine Noch muß doch recht groß sein, da er mich um Geld anging . . . Dummer Teufel, gieb Dein Mädel her und Du bist reich! Es ist keine Kleinigkeit, von Haus und Hof verjagt zu werden ... Na, ich denke, der Alte wird einwilligen, wenn ihm das Messer an der Kehle steht, und Klärchen erst recht . . . Eine schmucke Dirne ist sie, die schmuckste in der ganzen Gegend. ... Ich kann es dem David nicht verdenken, daß er bi« über die Ohren iu sie verliebt ist . . . Na, wird Klärchen seine Frau, so wird er auch ein ordentlicher Kerl. Kommt wider Erwarten die Heirath nicht zu Stande, so gerathe ich auch nicht in Verlust . . . Die Mühle ist unter Brüdern sechstausend Thaler werth, mehr, vielmehr noch ... Ich nehme sie in Besitz und verpachte sie." Diesen Gedanken sich hingebend, schritt Klotz, dessen Kopf immer leichter ward, auf dem ebenen Wege dahin. Der Herbsttag neigte sich dem Ende zu, eS begann zu dämmern. Da hörte er Schritte hinter sich. Als er zurück sah, erkannte er einen stattlichen jungen Mann, der ein Packet unter dem Arme trug und mit Behagen eine Cigarre rauchte. „Guten Abend!" grüßte Friedrich Winter. „Danke!" antwortete Klotz. Beide ginge» neben einander. Der Mühllnappe war guter Laune und fühlte das Be- dürfniß, sich zu unterhalten. „Wohin deS WegS?" fragte er unbefangen. „Nach Langendorf." „Ah, so gehen wir eine Strecke mit einander." Klotz fragte, zur Seite blickend: „Wohin wollen Sie denn?" „Nach der Mühle des Meisters Göpel, die sich bald zeigen muß." Diese Antwort machte den Fremden in den Augen deS Bauers interessant. „So, nach der Mühle wollen Sie?" Ja!" ,"Da gehen wir allerdings eine Strecke Wegs zusammen; ich muß noch eine gute halbe Stunde weiter hinaus, nach Langendorf." Klotz betrachtete verstohlen den jungen Mann, dessen straffe Haltung und schönes Gesicht ihm auffielen. Und wie elegant war er gekleidet, wie wohlklingend war die Stimme, wie gut wußte er zu sprechen. Was hatte dieser Mensch, der ein großes Packet unter dem Arme trug, so spät noch