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— Der Pianofortefabrikant Kaps in Dresden benutzte dieser Tage die Fertigstellung des tausendsten Flügels in seiner Pianosortefabrik zu einem fröhlichen Feste für seine Arbeiter, an welchem mehrere Staatsbeamte rc. Theil nahmen Berlin. Der Reichstag wird hoffentlich eine Er mäßigung der Salzsteuer beschließen. Dieselbe bringt dem Reiche über 10 Millionen Thlr. ein; da aber außerdem alle übrigen indirekten Steuern und die Zölle bedeutend mehr einbringen, so ist die Herabsetzung unbedenklich, ja man hofft sie alljährlich so herabzusetzen, daß sie 1876 gänzlich ver schwunden sein wird. — Vor Ende Mai wird der Reichstag mit seinen Berathungen nicht zu Ende kommen. — Für das neu zu erbauende deutsche Parlaments gebäude waren bis 15. April nahezu 100 Concurrenz-Ent- würfe eingegangen. — Die Kronprinzessin von Preußen ist am 22. April von einer Tochter entbunden worden. — Die Berliner Zimm er meist er machen Strike. Sie erklären öffentlich, daß eine Verständigung mit ihren Gesellen nicht möglich gewesen sei und sie deshalb letztere entlassen haben, bitten auch das Publikum um Nachsicht während des ihnen aufgedrungenen Kampfes. Die Maurermeister werden sich baldigst diesem Vorgehen anschließen, um ebenfalls gegen die fortwährend steigenden Ansprüche ihrer Gesellen Garantien zu erlangen. Auch unter den Schuhmachern und Bäckern gährt es; letztere wollen jedoch nur die Nachtarbeit mehr in die Tagesstunden verlegt haben. Hamburg. Hier feiern Tausende von Arbeitern; die Schiffswerften stehen leer, die Schneiderwerkstätten sind geschlossen, die Tischler und Maler wollen ihnen folgen. Oesterreich. In Böhmen haben die Landtags wahlen eine ziemliche Erregung hervorgerufen; in Prag mußte den ganzen Wahltag hindurch das Militär unter Waffen stehen; ernstliche Conflicte kamen jedoch nicht vor, obgleich die Verfassungstreuen siegten. Der böhmische Land tag wird vom 24. April bis 5. Mai dauern und der ReichS- rath am 7. Mai zusammentreten und bis Ende Juni ragen. Klärchen. Novelle von August Schrader. (Fortsetzung.) Aber Klärchen hatte sich getäuscht. Denselben Abend näherte sich ihr Friedrich, plauderte freundlich mit ihr, lobte die reizende Lage der Mühle und fragte endlich: „Ist der Meister mit mir zufrieden?" Klärchen horchte verwundert auf. „Wie meinen Sie das?" „Meister Göpel sah heute den ganzen Tag so finster aus." „Ah," rief sie, „beziehen Sie das nicht auf sich." „Er war auffallend verdrießlich." „DaS trifft sich mitunter so; achten Sie nicht darauf! Der gute Vater hat auch seine Sorgen wie jeder Geschäfts mann. Man spricht immer von Krieg." „Auch ich habe davon gehört und gelesen. Unmöglich ist ein Krieg zwar nicht, denn die BundeSwirthschaft in Frankfurt wird nachgerade lästig ..." „Bundeswirthschaft in Frankfurt?" „Ja wohl." „Was ist das?" Der Knappe erklärte dem Mädchen die politischen Ver hältnisse Deutschlands so bündig, daß eS sich einen vollständigen Begriff davon vorstellen konnte. „Wie gut Sie unterrichtet sind!" „Wenn ich nun auch wünschte," schloß er, „daß Deutsch land sich zu einem festen Schlage emporraffen möge, so käme mir ein Krieg, ohne den die Sache doch nicht abgemacht werden kann, doch nicht gelegen." „Ihnen, warum Ihnen?" „Weil ich als Landwehrmann mit ausrücken muß." „In den Krieg?" „Ich muß jeden Tag der Ordre gewärtig sein." „DaS wolle Gott verhüten!" rief Klärchen erschreckt. „Für dieses Jahr habe ich wohl Nichts zu fürchten; auch ist es möglich, daß der Streit zwischen den deutschen Bundesstaaten auf diplomatischem Wege geschlichtet wird. Ein Krieg hat gar viel zu bedeuten, er kostet Menschen und Hab und Gut. Schon die Befürchtung, es könne Krieg ent stehen, wirkt lähmend auf Handel und Wandel." Klärchen« Hände, die einen Strickstrumpf hielten, zitterten leicht. „Man hat mir gesagt," flüsterte sie, „daß die Soldaten oft verkrüppelt heimkehren ... Es wäre doch schrecklich, wenn ein solches LooS Sie beträfe ..." „Es kann auch mich betreffen." „Da giebt es im Dorfe Leute, die den Krieg in Schleswig-Holstein mitgemacht haben . . . Dem Einen fehlt ein Arm, dem Andern ein Bein . . . Mir blutet das Herz, wenn ich die unglücklichen Menschen sehe, die, noch in ihren besten Jahren, nicht arbeiten können und auf das Mitleid der Leute verwiesen sind. Es geht doch recht grausam zu in der Welt!" „Nicht alleSoldaten werden verwundet, meinte Friedrich. „Trotzdem bleibe ich doch lieber bei meiner friedlichen Be schäftigung, die ich lieb gewonnnen habe; hier in der Mühle gefällt es mir, und darum fürchte ich, daß der Meister mit mir nicht zufrieden sei . . ." „ES würde dem Vater leid thun, wenn Sie gezwungen werden sollten, abzuziehen, dies kann ich Ihnen mit voller Bestimmtheit versichern!" rief die Meisterstochter lebhaft. Friedrich trat ihr näher, indem er leise fragte: „Und Ihnen, Klärchen?" Sie erröthete. „Was kann Ihnen an mir liegen?" „Ich fühle mich so heimisch, seit Sie freundlich mit mir sprechen, und halte die stille Mühle Ihres Vater« für den schönsten Ort auf dieser Erde . . . Setzen Sie nicht wieder leere Schmeicheleien voraus, die Sie meinen Worten so gern unterlegen ... Ich verbürge mit meiner Ehre, daß ich die volle Wahrheit spreche. Zwar bin ich Ihnen noch fremd, ein zugewanderter Mühlknappe, der sich kaum das Vertrauen seines Herrn erworben hat ..." „Ich glaube Ihnen ja!" flüsterte Klärchen. „Gott sei Dank!" „Sie haben auf mich stets den Eindruck eines Ehren mannes gemacht. Auch der Vater und die Mutter schätzen Sie . . . Unsere Verhältnisse sind freilich klein und beschränkt, sie mögen Ihnen wohl nicht so recht behagen ..." Er nahm sanft ihre Hand. „Klärchen, lassen Sie mich als Mann zu Ihnen sprechen, der in allen Stücken offen und ehrlich zu Werke geht . . . Aber antworten auch Sie mir mit derselben Offen heit, damit ich mich nicht trügerischen Hoffnungen hingebe. Ich habe Sie so lieb gewonnen, daß ich mich nie wieder von Ihnen trennen möchte. Ist eö Ihnen möglich, mich Ihres Vertrauens zu würdigen, mich näher kennen zu lernen? Ich würde diese Frage unterdrückt haben, wenn Ihre milde Freundlichkeit mich nicht dazu ermuthigt hätte. Weisen Sie mich ab, wenn irgend etwa« an mir Ihnen mißfällt; aber deuten Sie mir auch nur durch ein Wort an, daß Ihnen, meine Annäherung nicht unlieb ist. Von Ihrer Erklärung