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Freitag. Rr. S4. 22. März 1872. Weißerih-Ieitung. Amts-Akatt für die HeriPts-Aemter und StadtrLtfie zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehe« durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 10 Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit I Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Am vorigen Sonntag, den 17. März, fand auf hiesigem Nathhause bei der, früher so ange- feindeten und doch so segensreich wirkenden Stiftung weil. deS Herrn Amtschirurg Carl David Kiebsch die Verlo sung der AuSstattungsgelber für das verflossene Jahr im Betrag von 612 Thlr. 13 Ngr. 8Pfg. statt. Hierbei haben Ida Marie Kaiser, Tochter des Tischlermstr. Kaiser, Anna Marie Elisabeth Mende, Tochter des Schuh- machermstr. Fr. Wilh. Mende, Auguste Emilie Friedrich, Tochter des Feilenhauer Friedrich, die Treffer gezogen, so daß also jede der Genannten bei ihrer Verheirathung die Summe von 204 Thlr. 4 Ngr. 6 Pfg. zu erhalten, bis dahin aber, resp. bis zu ihrem Ableben, die Zinsen davon zu beanspruchen hat. Uebrigens sind seit dem Bestehen gedachter Stiftung, d. i. seit dem Jahre 1853, schon 10,770 Thlr. 16 Ngr. 6 Pfg. Ausstattungsgelder verloost und davon 6209 Thlr. 19 Ngr. 5 Pfg. bereits ausgezahlt worden, während 908 Thlr. 25 Ngr. 8 Pfg. der Stiftung zurückgefallen und 3652 Thlr. 1 Ngr. 3 Pfg. annoch auszuzahlen sind. Für die geburts hilfliche und gesammte übrige Armenpraxis hiesiger Stadt sind bis jetzt aus der Stiftung 1900 Thlr. bezahlt worden. Dippoldiswalde. Die am Dienstag und Mittwoch stattgehabten Osterprüfungen an unserer Stadtschule haben bei Allen, welche sie besuchten und somit Gelegenheit hatten, die Fortschritte wahrzunehmen, welche von den Schülern und Schülerinnen fast aller Klassen gemacht worden waren, einen günstigen Eindruck hinterlassen. Bei der umsichtigen Leitung unseres Schulwesens und dem thatkräftige», einheit lichen Zusammenwirken des Lehrerkollegiums ist auch nur Gutes für unsere Schule zu hoffen, und wird dies in noch erhöhterem Maße der Fall sein, wenn die immer noch vacante 7. Lehrerstelle besetzt sein wird. — Wahre Freude hat allen Schulfreunden das Erscheinen der Schulschrift gemacht, die außer den statistischen und andern Nachrichten eine Arbeit des Herrn Cantor Hellriegel über „Schulstrafen" enthält, welche wir den Eltern zur Beherzigung dringend empfehlen. Die Schrift ist bei Hrn. Schuldirector Engelmann unent- geldlich zu haben. — Der 75. Geburtstag des deutschen Kaisers am morgenden 22. März wird allerorts im deutschen Reiche festlich begangen werden ; an Orten, wo Militär ist, durch Paraden, und sonst durch Festakte, auch in Schulen, durch Zusammenkünfte, Fahnenschmuck und Illuminationen rc. Hoffentlich werden auch bet uns derartige Zeichen der Freude nicht fehlen. Dresden. Die 2. Kammer des Landtages hat zum Bau des Hoftheaters noch 100,000 Thlr. bewilligt. Der erste Plan ging auf 520,000 Thlr. wozu der vorige Landtag 400,000 Thlr. bewilligte und 120,000 Thlr. die Magde burger Feuer-Bers.-Gesellschaft zahlte. Nach Prof. Semper'S Plan kostest aber die Ausführung 887,580 Thlr., welche Summe sich bei einer Aenderung des Planes um 76,450 ermäßigte; somit wird das Hostheater noch 710,000 Thlr. kosten. Der König hat sich entschlossen, zu dem Baue 160,000 Thlr. aus seiner Civilliste in jährlichen Raten zu geben. — Am 18. März berieth die 2. Kammer über die revidirte Städteordnung und stellte hierbei fest, daß nur Diejenigen das Bürgerrecht erlangen können, welche mindestens 20 Ngr. Gewerbe- und Personalsteuer zahlen. Staatsminister v. Nostitz hielt den CensuS von 1 Thlr. auf recht, der dazu beitragen werde, die Verwaltung der Ge meindeangelegenheiten in den Händen patriotischer und be sonnener Männer zu belassen und sie unabhängig zu erhalten von der Parteileidenschaft derjenigen Massen, die den Winken fanatischer Agitatoren folgten. — Der Kronprinz Albert von Sachsen ist zum Ge burtstage des deutschen Kaisers nach Berlin gereist. Leipzig. Der Prozeß gegen die Socialdemokraten Bebel, Liebknecht und Hepner wird so bald nicht zu Ende kommen. Es sind so viele Zeugen abzuhören, welche zugegen waren, als Bebel in einigen Volksversammlungen mehrere Aeußerungen that, die gravirlich gegen ihn sind, so z. B. der Satz: „Seiner Zeit, wenn den Rekruten mehr Gift eingeimpft sein wird, könne es sehr leicht kommen, daß das Militär wo anders hin schösse, als eS commandirt wird." Berlin. KönigLudwigvonBaiernwird jedenfalls zum Geburtstage des Kaisers hier eintreffen, und dürste dieser Besuch wohl mit der, bisher nur als Gerücht ver breiteten Verlobung des Königs mit der Prinzessin Marie zusammenhängen. — Der Reichstag ist vom deutschen Kaiser auf Mon tag, den 8. April, nach Berlin einberufen. — Es mehren sich die Petitionen an den Reichstag, worin derselbe ersucht wird, im Wege der Gesetzgebung den Orden der Jesuiten im deutschen Reiche zu ver bieten. Auch der Breslauer Protestantenverein hat eine solche beschlossen. — Am Geburtstage des Kaisers werden jedem deutschen Regiment, das an den Kämpfen 1870—71 Theil genommen, noch 20 eiserne Kreuze überwiesen werden, und sollen die Ehrenzeichen, der Bestimmung des Kaisers zufolge, nicht an Offiziere, sondern nur an Unteroffiziere und Gemeine zur Bertheilung kommen.