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Dienstag. Nr. Ul. , 12. März 1K72. Weißenh-Leitung. Amts-Ilatt fiir die Herichts-Aemter imd StadtrWe ;u Dippokdiswakde und Iranenftein. VeraMwortlichrr Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blati erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch lalle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 1v Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Mattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 11. März. Am Freitage hielt Hr Kaufmann Lincke im Gewerbeverein einen recht inter essanten Vortrag über Münzwesen, insbesondere Gold- und Silberwährung. Zuerst that derselbe einen Rückblick auf die Entwickelung der Zahlungsmittel aus allerlei im Tauschhandel gebrauchten Bedürfnißgegenständen (wie heute noch in Abhssinien und Aegypten Salz, in Grönland Fische rc. als Ausgleichung gebraucht werden); kam dann auf die Benutzung der Metalle als Zahlungsmittel, anfangs für jeden einzelnen Gegenstand dargewogener Stücke, dann im Vorrath gefertigter, roh mit dem Hammer geschlagener und abgeschlagener, mit einem Stempel versehener unregelmäßig geformter Platten, wie z. B. der spanischen Schiffsmünzen zu 2 Loth (vom Anfänge des 16. Jahrh. an), dann auf das Prägen. Hierbei wurde der Entstehung der Kreuzer, Gulden, Thaler (Joachimsthaler), Groschen (Oros863 — Dickpfennigei, Species gedacht. Interessant war die Bemerkung, daß die österreichische Regierung sich bei der 1857 geschlossenen Münz-Convention das Prägen von Maria Theresiathalern mit der Jahrzahl 1780 für den Handel im Orient Vorbehalten hat, da die morgenländische Bevölkerung an dieses Zahlmittel so gewöhnt ist, daß sie anderes nicht mag, weil sie es für falsch hält. Ein Maria Theresiathaler wird übrigens 2500 kleiner Poyalenmuscheln — Kauris, 1 Kauri 5—6 Datteln gleich geachtet. — Hierauf wurde von der Ausprägung der jetzt im Handel gebräuchlichen Münzen gesprochen, die Be griffe Nominal- und Realwerth und Münzfuß erläutert, von dem früheren 14 Thaler-, 20 Gulden-, 24Hz Guldenfuße, nicht minder aber von der seit 1857 angenommenen Aus prägung des Zollpfundes zu 500 Gramm in 30 Thlr., 52h« Gulden und 45 Gulden resp. in Nord- und Süddeutsch land und Oesterreich gesprochen. — Endlich erläuterte Herr Lincke die Begriffe Gold- und Silberwährung, sprach sich für erstere aus und verwarf ebenso die von mancher Seite vor geschlagene Doppelwährung. Schließlich erfreute Hr. Kalkulator Gerhard durch Vor zeigung den Vortrag theilweise erläuternder Münzen, die er mit einigen von vorzüglicher Sachkenntniß zeugenden Bemer kungen begleitete, die diesmal leider sehr kleine Zuhörerschaft, die aber den beiden genannten Herren ihren lebhaften Dank auszusprechen nicht unterlassen konnte. — Die am Sonnabend stattgefundene General-Ver sammlung des hiesigen Vorschuß-Vereins, von 42 Mit- gliedern besucht, genehmigte die bereits gedruckte und den Mrtgliedern zu vertheilende Jahresrechnung für 1871, nahm die Mutheilung von der für das verstossene Jahr zu ver theilenden Dividende von 10 pro Cent entgegen und wählte hierauf au Stelle des ausscheidenden Cassirers Hrn. Richter, der eine Wiederwahl ablehnte, den Kaufmann Hrn. R.Mncke Hierselbst, welcher vom 1. April an die Caffengeschäfte über nehmen wird. Für die ausscheidenden VerwaltungrathSmit- glieder Herren Frosch, B. Teicher und Dittrich wurden die ersteren Beiden abermals und an des ablehnenden Hrn. Dittrich Stelle Herr OrtSrichter Schreiber in Reinholdshain neu gewählt. — Die mit der Post hier anlangenden Packete werden bekanntlich seit 1. März den Adressaten zugesendet; doch kann man dieselben, nach erfolgter dieSfallsiger Erklärung, die von der Behörde bescheinigt sein muß, auch abholen lassen. Geschieht dies nicht binnen 24 Stunden nach Ankunft, so werden solche Packete auch Denen zugesendet (natürlich gegen Zahlung von 1, resp. 2 Ngr.), welche sie abzuholen erklärten. — DaS Erdbeben am 6. März hat eine große Aus breitung gehabt. Außer in ganz Sachse», wo es an vielen Orten sehr stark, an vielen schwächer auftrat, ist dasselbe in Böhmen, ferner in Baiern, Stuttgart (bis jetzt der südlichste Punkt), aber auch in Norddeutschland sehr weit und heftig aufgetreten. Dresden. Die 2. Kammer hat in. vergangener Woche die Debatten über das Schulgesetz fortgesetzt. Sämmtliche Beschlüsse und das Gesetz selbst werden wir nach Schluß der Berathungen veröffentlichen. Leipzig. Am 11. März beginnen vor dem hiesigen Schwurgerichtdie Verhandlungen in dem HochverrathS- Processe gegen die Socialdemokraten Bebel, Liebknecht und Genossen. Berlin. Die Verhandlungen im Herrenhaüse über das Schulaufsichts-Gesetz haben am 6. März begonnen. Viele von Denen, welche man für Gegner des Gesetzes hielt, werden für dasselbe stimmen ; die Regierung hat auch nicht versäumt, um alle Diejenigen im Herrenhause zu versammeln, von denen sie seiner Unterstützung ihrer Politik sicher sein darf, und so hält man die Annahme des Gesetzes in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung für gesichert. — (Das Resultat der Abstimmung über das Gesetz am 8. März übertraf selbst die kühnsten Erwartungen: es wurde mit 125 gegen 76 Stimmen angenommen.) — Der König von Würtemberg ist am 8. März zum Besuche am kaiserlichen Hofe in Berlin angekommen. — Der Kronprinz von Preußen hat das Protektorat über die deutsche Betheiligung an der Weltausstellung zu Wien i. I. 1873 übernommen. Baiern. DaöGerücht von der beschlossenen Verlobung des Königs von Baiern mit der preußischen Prinzessin Marie, Tochter des Prinzen Friedrich Carl, tritt jetzt sehr