Volltext Seite (XML)
Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. WePerih-Ieitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile SPfg. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenstei«. Verantwortlicher Redakteur. Tart Zehne in Dippoldiswalde. Johannistag ist heut! Die Rosen blüh'», Auf blauem Grund die Somicnfeuer alüh'n; Die Purpurkirsche lacht aus dunklem Laub, Und Silberlilien streuen goldnc» Staub; Frisch-würz'ge Düfte trügt herbei der West — Die Erde feiert heut' ihr Ehrenfest. Schön prangt sie, holde Lust im Angesicht! Ihr grünes Kleid verklärt das gold'ne Licht! Um ihre Stirne schlingt der holde Kranz Von Blüth' und Aebrcn sich im duft'gen Glanz. Und sanft im Schooße ruht der Frühlingsknab', Der Sommer aber führt den Hcrrscherstab. Der guten Mutter Frcudentag so schön, Woll'n ihre Kinder festlich auch begeh'»: Mit Jubel eilen sie durch Wald nud Flur Und suchen ihrer Blumen bunte Spur, Und Licdeslnst und Heller Waldesklang Mischt sich mit Blüthenduft als Opfcidank. Johannis. Doch Schmerz und Trauer flieht zum Paradies, Aus dem noch nie der Engel sie verwies: Zu der Erinnerung blüthenreichem Hain; Mit lieben Tobten dort allein zu sem; Still in Gedanken kehren sic zurück Und feiern froh des Wiedersehens Glück. Die trcne Liebe pflückt manch' duft'gen Strauß, Legt stumm ihn auf der Tobte» grünes Haus, Mischt ihre Thräue» mit dem Mergenthau. Blickt fragend auf zum lichten Himmelsblau; Zum Blümchen dann, das still vom Himmel spricht, Der Tobten: O vergiß, vergiß mein nicht! Und hcil'ger Frieden zieht durch's kalte Herz, Die Klage schweigt, es schweigt der Gram und Schmerz; Die Seele, allen Trostes noch beraubt, Wird von der Hoffnung wieder neu umlaubt; Ihr Engel drückt mit mildem Scgensgruß Leis aus die Stirn der Tröstung süßen Kuß. So feiert schön den Sanct Johannistag Das frohe Herz, das Herz voll Schmerz und Klag'; Um beide aber schlingt so liebewarm Die Mutter Erde ihren treuen Arm Und lächelt: Alles, Alles ja vergeh«! Bald ist die Thräne, bald die Lust verweht! Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 22. Juni. In wenig Tagen werden die Sammellisten des evangelischen Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung ausgegrben werden, um zu der aus den 16. Juli dö. Js., Nachmittags 2 Uhr, in Glashütte angesetzten Hauptversammlung unseres Zweigvereins eine Summe in den Händen zu haben, von welcher hilfsbedürftige protestantische Ge meinden, in katholischen Ländern vereinzelt, bei der Beschaffung ihrer kirchlichen Bedürfnisse, d. h. bei dem Baue von Kirchen und Schulen und bei der Anstellung von Geistlichen und Lehrern, unterstützt werden können. Möchten die Gaben recht reichlich fließen, möchte der nun gewonnene erfreuliche Friede recht viele Herzen und Hände diesem Friedenswerke öffnen, denn auch der Gustav-Adolf-Verein, eine ächtdeutsche Stiftung, hat nicht wenig dazu beigetragen, die Liebe zum und den Zusammenhang mit dem deutschen Vaterlande bei zahl reichen in der Zerstreuung lebenden deutschen Gemeinden zu befestigen. Das Jahresfest anlangend, so soll das selbe, wie schon erwähnt, einem auf der vorjährigen Hauptversammlung gefaßten Beschlüsse gemäß, versuchs weise diesmal Sonntags abgehalten werden, und hat Herr Oberpfarrer Meier in Dohna die Uebernahme der Festpredigt freundlichst zugesagt. — Wir werden seinerzeit über die gefaßten Beschlüsse unser« Lesern ausführlichen Bericht erstatten. Dippoldiswalde. Der nachstehende Bericht über den Siegeseinzug in des deutschen Reiches Kaiserstadt Berlin, von einem in Dresden woh nenden hochgeehrten Freunde unseres Blattes, der zw dem denkwürdigen Feste dorthin gereist war, kam leider für die vorige Nummer zu spät. Er wird aber trotz dem auch heute gern gelesen werden, da er mehrere interessante Momente bekannt giebt, die wir unseren Lesern somit noch bringen. „Daß eS in einer Stadt von 700,000 Einwohnern schwer halten sollte, Unterkommen zu finden, daß es fast zu den Unmöglichkeiten gehören sollte, von den vorhandenen 4000 Droschken auch nur ei» einziges Fahrzeug zu erlangen, hätte Ihr Berichterstatter auch nicht geglaubt, und doch war Beides in Berlin am 15. und 16. d. M. der Fall! „Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die gastlich hier zusammen kamen?" Der Segen des Himmels, der so sichtlich die deutschen Waffen begleitet, bewährte sich auch bei dem Schlußdrama dieses gewaltigen Kriegs: dem Einzuge unsrer lorbcergekrönten Helden in die neue Kaiserstadt. Nach vorangegangenem mehrtägigen Regen ging die schönste Junisonne strahlend über dem großartigen militärischen Schauspiele aus. Das Glück des Kaisers mit dem Wetter ist in Berlin geradezu sprüch- wörtlich; wenn er etwas veranstaltet, wird es gewiß schön, und sollte es am Tage vorher noch „wie mit Kannen gießen", sagen die Berliner. Der Einzug selbst verlief nach dem in diesem Blatte mitgetheilten Programme. Um 10 Uhr stieg der Kaiser zu Pferde, ritt den Truppen mit der großen Suite