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— 39 — — An Stelle des bisher in Dresden fungirenden k. k. österreichisch-ungarischen Gesandten soll künftig nur cin Ministerresivent in Dresden treten. Berlin. Der Rücktritt des CultuSminister v. Mühler ist Thatsache; sein Entlassungsgesuch liegt bereits dem Kaiser vor, und die amtliche Publikation ist in den nächsten Tagen zu erwarten. Als Nachfolger wird jetzt mit Bestimmtheit der Geh. Oberjustizrath Falk genannt, der bereits vom Kaiser empfangen wurde. Man hofft, daß nicht nur die Personen gewechselt werden, sondern daß mit der Entfernung Mühler's das ganze unliebsame und verderbliche System des bisherigen preuß. CultuSminifteriums geändert werden wird: sonst hätte die vom Volke ersehnte Entlassung Mühler's wenig Bedeutung. Aber hoffentlich wird man durch das bedrohliche Auftreten der römischen Ultramontanen und das stammverwandte Gebühren unserer evangelischen Jesuiten zu der Einsicht gelangt sein, daß die Regierung zu ihrem eigenen Heile und der eigenen Ehre willen eine andere Richtung einschlagen und energischer auftreteu müsse. Wie weit die Staaten kommen, in denen die Schwarzen, das das schlimme Pfaffenthum die Oberhand genommen, zeigt die Geschichte der alte» und neuen Zeit am besten; das zer rüttete Oesterreich ist der deutlichste Beweis. Der rührigen, dreisten und gewissenlos-egoistischen Klerisei gegenüber müssen die Regierungen feste» Ernst zeigen, wenn sie nicht zum Ambos dieser verderblichen Sippe werden wollen. Elsaß. Aus Mühlhausen schreibt man: Unsere Industrie sah noch nie schönere Tage als die gegenwärtigen; Tag und Nacht reichen nicht mehr hin, die eingehenden Be stellungen auszuführen; alle Vorräthe von fertiger Waare sind vergriffen, der letzte Faden ist aus den Magazinen ver schwunden. Größere Fabrikanten bewerkstelligen die Abliefe rung über die Grenze mit eigenen Fuhrwerken, die sie sich zu diesem Zwecke anschafften; täglich gehen große Fuhren nach Belfort und Mömpelgard, und für ein einziges Haus sind 50 Pferde in diesem Dienst. — Nach den kürzlich erfolgten Berathungen im ReichS- kanzleramte über die Einstellung der elsaß-lothring'- schen Rekruten in die deutsche Armee wird als sicher betrachtet, daß schon im nächsten Herbst, wenn auch in be schränktem Umfange, Aushebungen zur deutschen Armee er folgen sollen. Larrdwirthfchaftliches. Sehr häufig behängen viele Pferdebesitzer ihre Pferde während der Arbeit mit Decken, wollenen, leinenen oder ledernen — in der Absicht, die Einwirkung schädlicher, klimatischer und atmosphärischer Einflüsse zu verhüten. Es soll nun untersucht werden, schreibt der „landwirthschastliche Anzeiger sür Kurhessen," ob dieser Zweck wirklich erreicht wird. Die Natur hat den Pferde körper mit einem dichten Haarpelze versehen, der geeignet ist, den klimatischen und atmosphärischen Einflüssen siegreich Widerstand zu leisten, weshalb nur da, wo durch eine fehlerhafte Erziehung und Pflege die Haut verweichlicht oder in Folge mangelhafter Ernährung keine genügende Wärmeentwickelung im Körper stattfinven kann, zu Decken — aber nur als Aukunftsmittel und nach der Arbeit — zu greisen sein dürfte. Das Bedecken der Pferde während der Arbeit ist jedenfalls nicht nur denselben lästig — namentlich die schweren ledernen Decken — sondern es wird hierdurch der Verzärtelung der Haut Vorschub geleistet. Bei milder Temperatur, wo die Decken nur zum Schutze gegen Regen dienen sollen, wird die Haut über mäßig ausdünsten — soweit sie bedeckt ist — wodurch sich unter der Decke Schweiß ansammelt, der in den Zwischenpausen der Arbeit durch die Abkühlung der äußeren Deckenfläche sich niederschlägt und dann erkältend auf die flache Haut zurückwirkt. Das von der Decke Herablausende Wasser sammelt sich an der Bauchfläche an und be wirkt hier den empfindlichsten Nachtheil. In dieser Hinsicht — und auch in jeder anderen — find die ledernen Decken am nach theiligsten, während die wollenen sich weniger schnell abkühlen, die Verdunstung des Wassers und Schweißes zulassen und dabei nur dann Niederschläge an der innern Fläche erfolgen, wenn mit dem eintre,enden Regen zugleich ein Sinken der atmosphärischen Tempe ratur verbunden ist. Bei der Frage: „welche Theile des Pferde körpers sind am meisten des Schutzes bedürftig?" muß Rücksicht aus den anatomischen Bau genommen werden. Der Rücken, mit einer derben Haut, starken Muskeln und der Wirbelsäule versehen, ist schon mehr für Ertragung schädlicher Außeneinflüsse befähigt, als der nur von einer zarteren Haut und einer dünnen Muskelschicht gebildete Unterleib, auf welchem die Baucheingeweide ihre Lage haben. Das Bedecken des Rückens ist bei weitem nicht so nöthig, als das Einhüllen des Leibes, das freilich nur während der Ruhe änge- wendet werden kann. Außer dem Unterleibe ist noch die Vorder brust und der untere Lheil des Halses (Luftröhre) hinsichtlich des Bedeckens wichtiger, als der Rücken. Der Einwand, daß durch Naßwerden des Rückens leicht Erkältung der Nieren und in Folge dessen Harnverhaltung entstehe, ist nicht stichhaltig; die Lage der Nieren ist durch die starken Rückenmuskeln und die breiten Quer- sorisätze der Lendenwirbel sehr geschützt (bei gut genährten Pferden auch noch durch Fett), und dann ist der Sitz der Harnverhaltung entweder in der Blase oder in der Harnröhre, und diese Theile haben keinen Nutzen von der Bedeckung des Rückens. Dem Naß werden und Erkälten des Unterleibes aber hat man das in regne rischen Tagen häufige Erkranken an Koliken zu verdanken. Das Naßwerden während der Arbeit würde nichts geschadet haben, wenn nach derselben ein tüchtiges Frottiren des Leibes und Einhüllen in wollene Decken stattgefunden hätte. Hiernach kann dreist behauptet werden, daß das Pferd während der Arbeit keines Schutzes einer Decke bedarf, daß das Behängen mit Decken während der Arbeit eher schädlich als nützlich, in den meisten Fällen aber entschieden schädlich ist, und daß vorzugsweise die ledernen Decken alle Eigen schaften in sich tragen, die Körper der Pferde zu disponiren. Klärchen. Novelle von August Schrader. (Fortsetzung.) 2. Bei dem Professor. Die Straßen einer Landstadt von fünszehntausend Ein wohnern sind an den Wochenmarktlagen belebter als sonst. Die Landleute bieten ihre Waaren feil, die Städter beeilen sich zu kaufen und wenn außerdem noch eine Garnison vor handen, sieht man auch Soldaten, die von dem einen zu dem andern Berkaufsstande sich bewegen. Ein Bild dieser Art ist zu bekannt, die freundlichen Leser erlassen dem Verfasser die Schilderung desselben. Er fügt nur hinzu, daß die Land stadt, in der unsere Erzählung beginnt, auch eine Universitäts stadt ist. Die Zahl der Studenten war um jene Zeit gering, die der Professoren groß. Zu den Professoren, die als über flüssig erschienen oder vielmehr als überflüssig galten, zählte auch der Professor Taube. Niemand wußte, ob und welchen Nutzen er der berühmten Hochschule leistete. Gleichviel, er war da und wir nehmen ihn, wie er ist. Das Urtheil der Bürger und der Studirenden über ihn verschweigen wir; der Leser wird ihn kennen und beurtheilen lernen. Meister Göpel kam oft in die Stadt, darum kannte er alle Straßen, Gäßchen und Plätze. Heute hatte er ein Fuder verkauft, wollte aber auch zugleich die Angelegenheit ordnen, die ihm schlaflose Nächte und sorgenvolle Tage bereitete. Hätte er nur ein Jahr Frist erlangen können, er würde glück lich gewesen sein. Seit man ihm die Hypothek gekündigt, war er unglücklich. Der Ausspruch des Advocaten, daß die Mühle verkauft werden solle, wenn die Zahlung unterbliebe, hatte ihn mit Entsetzen erfüllt. Hastig trieb er den Fuchs an, bis er ein altes großes Haus erreichte, das der Hrupt-