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Dienstag. Nr. 1. ? 2. Januar M2. Weißerih-Zeitung. Amts-Asatt für die Kcrichts-Aemter und Stadtrüthe zu Jippoldiswatde und Krauenstem. Verantwortlicher Redatteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 10 Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit l Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Glück anfl Mit diesem treuherzigen Bergmannsgruß die Arbeit des neuen Jahres beginnend, entbieten wir mit ihm auch allen unfern Freunden: innigste Wünsche für die Lebensstrecke, die sich vor uns Allen aufthut. Wie der Bergmann unverdrossen aus der geheimnißvollen Werkstätte der Natur hervorholt, was dem Leben zu Nutz und Zier gereicht, so soll auch im neuen Jahre uns die Mühe nicht verdrießen, aus Dem, was droben im lauten Menschenleben, in Gemeinde und Staat, vorgeht, was dort sich bildet und ändert, eine Ausbeute zu gewinnen, die in Stadt und Land, dem Bürger und Bauersmann Belehrung, Anregung und Unterhaltung in mannichfachem Wechsel bietet. Wir fühlen uns für manches Opfer belohnt, wenn's Der und Jener einsieht, und wenn's uns gelingt, auch an unserm Theile einige Saamenkörner in die Furchen der Zeit zu streuen, welche zu Nutz und Frommen von Haus, Ge meinde und Staat aufgehen und erfreuliche Frucht tragen. Darauf hin haben wir unsere Arbeit mit Glück auf! begonnen. Dieses Glück auf! gilt auch unfern Lesern, ihrem leiblichen und geistigen Wohlergehen, dem Segen bei ihrer Arbeit in Feld und Werkstatt, in Schule und Kirche, in Gemeinde und Staat. Möge hier jede treue Arbeit auch im neuen Jahre gesegnet sein. Möge es insonderheit der Arbeit, die jetzt in unserm Vaterlande am Werke der Gesetzgebung begonnen worden ist, nicht an reichem Erfolge fehlen, damit das sächsische Vaterland zu seinem alten Ruhme den neuen hinzufüge: auf der Bahn des Fortschritts wieder eine neue Strecke vorwärts gekommen zu sein. Wird es doch dadurch, wie'bisher, auch künftig ein kräftiges Reis am deutschen Eichenstamme sein und bleiben, der freilich noch manchen Stürmen, die von West her drohen, wird Trotz bieten müssen, der aber, das ist unsere feste Ueberzeugung, unüberwindlich feststehen wird, sobald seine Wurzeln: Treue, Geistesfreiheit, Fortschritt gesund bleiben. Darauf hin nochmals herzlich Glück auf! und das wiederholte Versprechen, daß wir, soweit unsere Kräfte reichen, Alles thun werden, daß unsere Wünsche That und Wahrheit werden! Dippoldiswalde, dm 1. Januar 1872. Die Redaction der „Weißeritz-Zeitung." Am Jahreswechsel. Selten lag am Jahreswechsel dem deutschen Volke eine so große Gewinn- und Verlustrechnung vor, als am Schlüsse des Jahres 1871. Reich war dieses und daS vorhergehende Jahr an Ver lusten deutschen HeldenblutS; niemals aber auch war der TodeSmuth germanischer Heldensöhne von so großen weltge schichtlichen Erfolgen begleitet, als in dem verwichenen Jahre. Binnen sieben Monaten waren 23 Schlachten auf französischem Boden siegreich geschlagen worden; die Armeen des Kaiser reichs, ebenso wie die neugeschaffenen drei großen Armeen der Republik im Norden, Westen und Süden Frankreichs, waren vernichtet. Nahe an Vierhundert Tausend Franzosen saßen als Gefangene in deutschen Festungen und Baracken, mehrere Tausend Kanonen, über eine halbe Million Gewehre und unendliches Armeematerial waren in unserem Besitze; die alten Reichslande Elsaß und ein Stück Lothringen wurden wieder unser; unser ist Straßburg, unser ist Metz! Doch der größte aller Erfolge war, daß die deutschen Stämme, ihren Jahrhunderte alten, dem Vaterlande so ost verderblichen Hader vergessend, unter der siegreichen Fahne ihres Kaiser Wilhelm sich zusammen schaarten zu einem neuen Reiche, welches Gott erhalten möge zu deutschem Ruhme und deutscher Ehre! Als nach ratificirtem Frieden unser Kaiser aus Versailles am 2. März vor. IS. telegraphirte: „Der Herr der Heer« schaaren hat überall unsere Unternehmungen sichtlich gesegnet und daher diesen ehrenvollen Frieden in seiner Gnade ge lingen lassen. Ihm sei die Ehre! Der Armee und dem Vaterlande mit tief erregtem Herzen meinen Dank!" da hat er wohl die innerste Saite des deutschen Herzens harmonisch angeschlagen. Denn es ist deutsche Art, auch im Glücke und Erfolge sich vemuthvoll zu erinnern, daß der Mensch nichts vermag ohne den Schutz des Allmächtigen, und daß darum Ihm die Ehre gebührt! In diesem Gefühle wollen wir scheiden von dem größten Jahre deutscher Geschichte und mit Vertrauen entgegengehen der neuen Zeit, welche für unsere Nation angebrochen ist!