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10 — und zwar deshalb an dieser Stelle und in diesem Zusammen hänge, weil die städtischen Collegien berufen sind, die Inter essen der Gemeinde nach jeder Seite hin wahrzunehmen. Schon wieder ist unS eine Hoffnung dadurch verloren ge gangen, daß DipvoldiSwalde, bei der künftigen Gerichtsorga- visation und der Abtrennung der Verwaltung von der Justiz, kein Bezirksamt erhalten wird, da unser Gerichtsamt nebst Wilsdruff, Döhlen, Rabenau und Tharandt in das Bezirks amt Tharandt gehören wird. So geht uns Eins nach dem An dern verloren, und wird es noch viel schlimmer werden, wenn man sich in der Eisenbahnfrage nicht rührt. Wir haben fortwährend für diese Angelegenheit zu wirken gesucht, we nigstens stets dazu angeregt; — aber was hilft'« — es scheint Alles in den Wind geredet. Gott bessere es im neuen Jahre! Frauenstein. Das von unserm Gesangverein „Lieder tafel" am zweiten Weihnachtstage gegebene Concert, das sehr zahlreich besucht war, bot reiche Abwechselung, und alle Nummern und Vorträge wurden mit reichem Beifall ausge nommen. Die von 22 Thlrn. Einnahme nach Abzug der Regiekosten verbliebenen 19 Thlr. wurden an den hiesigen Frauenverein abgeliefert. — Bei der am Shlvesterabend vom hiesigen Frauen verein veranstalteten Christbescheerung wurden 20 Kinder und 15 ältere und bedürftige Personen mit Geschenken be dacht. Nach dem Gesänge einer Arie hielt Herr Sup. Lic. vr. Hasse, welcher zugleich Bezirksvorstand der Frauenvereine im hiesigen Bezirke ist, vor einem sehr zahlreich anwesenden Publikum an die Beschenkten eine Ansprache, und nach der selben beschloß ein Gesang die einfache Feier. Dresden, 2. Januar. Unser „Katholisches Wochen blatt zunächst für Sachsen" steht bekanntlich ganz auf Seiten der Ultramontanen und damit der Anhänger des „unfehlbaren Papstes." BemerkenSwerth ist nun in seiner neuesten Num mer die strenge Verurtheilung des gelehrten Döllinger und seiner altkatholischen, die päpstliche Unfehlbarkeit nicht aner kennenden Freunde. Das Dresdner Blatt sagt, daß cS drei Erfahrungen im vergangenen Jahre gemacht habe: die, daß der Papst von keiner weltlichen Regierung und Macht in sei nem Amte erhalten wird; die, daß die Bischöfe ihren unter gebenen Priestern gegenüber nicht mehr auf den Schutz des Staates zu rechnen haben, und die, daß der katholische Priester sich nicht mehr auf die, seinem Amte beiwohnende Achtung und Würde verlassen darf. Und nun wird weiter jede geist liche Amtshandlung ohne oder gegen bischöflichen Auftrag ein gottesschänderisches Beginnen genannt! Aufgefallen ist auch, daß der Hosprediger k. Potthoff sich neuerlich mit der Verbreitung einer, gegen die Freimaurer gerichteten und zu Paderborn erschienenen Schrift eifrigst be saßt. Glücklicherweise bürgt das Zusammenleben unserer ka tholischen Mitbürger mit ihren evangelischen Brüder» dafür, daß eine Störung des religiösen Friedens unter uns nicht zu besorgen steht. — Viel Aufmerksamkeit erregt der diesmalige Ausfall der Dresdener Stadtverordneten-Wahlen. Nur der vierte Theil der Wähler, 2033 von 8548, hat seine Stimme abgegeben, und wenn dessen ungeachtet die Wahlen befriedigend ausfielen, so ist es wenigstens nicht dem allgemeinen Pflichteifer der Dresdener Bürgerschaft zuzuschreiben. Unter den Gewählten befindet sich der vielgeschmähte Advocal Siegel, Redacteur und Verleger der „Constitutionellen Zei tung. " Man geht vielleicht nicht fehl, wenn man annimmt, daß der Sieg der deutschen Einheitsbestrebungen unter Preußens Führerschaft, welchen Hr. Siegel jederzeit für nothwendig erklärt, und der heute alle Kreise unseres Volkes befriedigt, verbunden mit der anerkennenSwerthen freisinnigen Haltung gedachter Zeitung seit mehr denn 20 Jahren, diese Umkehr der Wählerstimmung herbeigeführt hat. Berlin. Ueber das, einem Reichstage später vcrzulc- gende Reichsmünzgesetz verlautet zuverlässig Folgendes: Das Gesetz soll namentlich die Ausgabe von Scheidemün zen und deren Ausprägung regeln, und sollen zur Ausprä gung gelangen die Zehnpfennigstücke in Silber, Fünfpfcnnig- stücke, Zweipfennig- und Einpfennigstücke in Kupfer. Von den höheren Silberstücken werden darnach ferner auSzupragen sein Viertelmarkstücke im Werlbc von 25 Pfennigen, Halb markstücke im Werthe von 50 Pfennigen, Markstücke zu 100 Pfennigen und Dreimarkstücke, die unfern gegenwärtigen Thalern im Werthe gleichkommen. Die Einziehung der jetzt coursirenden Scheide- und Silbermünze würde von Reichs wegen erfolgen, nach Maßgabe der zur Ausprägung gelangen den neue» Reichs- Scheide- und Silbermünzcn. — Am 28. Decbr. fand bei St. Privat die feierliche Einweihung des Denkmals statt, welches die Kaiserin- Königin dem 4. Garde-Regt, gewidmet hat und welches sich auf dem Schlachtfelde des unvergeßlichen 18. August befindend, den dortigen Grabstätten gleichsam als Mittelpunkt dient. Frankreich. Der Neujahrscmpfaug zu Versailles hatte zwar nicht das Feierliche wie nnlcr dem Kaiserreich, zeichnete sich aber neben seiner Einfachheit durch eine gewisse Herzlichkeit und Aufrichtigkeit aus. Stark bemerkt u::d viel fach commentirt ward der Umstand, daß der Herzog von Aumale und der Prinz Joinvillc sich nicht unter den Depu- tirten befanden, die Herrn Thiers ihreGlückwünsche darbrachten. Vermischtes. Wollte man daraus, das, die Exkaiserin Eugcnie ihre Juwelen verkauft hat, auf ungünstige Vermögens Verhältnisse des Kaisers Napoleon schliessen, so würde man sehlgreifen. Die Schmucksachen sind nur deshalb veräußert worden, weil sie so werthvoll sind, daß eben nur eine Kaiserin sie tragen kann, während das Vermögen Napoleons noch immer als immense zu betrachten ist. Als unsere Truppen kürzlich St. Cloud befehlen, fand sich in dem Schreibpult des Kaisers ein Verzeichniß über die Effecten, die er beim Londoner Bankhanse Baring Brothers deponirt hatte. Der Worth diese» einen Depots — in Amsterdam befand sich ein zweite» und in Brüssel ein dritte» — belief sich aus 124 Millionen Franc». Es seht sich zusammen aus amerikanischen 6proc. Bonds von 1882, aus 5pro- centiger russischer Anleihe Stieglitz, 3procentiger russisch-englischer Anleihe, preußischer 4procentiger Anleihe, englischen Consols, aus Actien englischer und belgischer Bahnen, aus 5proc. türkischer An leihe von 1865, aus Eriebahnactien und Suezcanal-Actien. Von letzteren war eine geringe Zahl nolirt; da» meiste Geld steckte in russischen, amerikanischen und englischen Staatsanleihen. Merkwür diger oder vorsichtiger Weise hielt sich der Kaiser nicht mit 3proc. französischer Rente, überhaupt nicht mit französischen Werthen aus, und wohlweislich lag sein Vermögen bei ausländischen Bankhäusern. Vierhundert Millionen Francs in baarem Gelbe bewahrte die Lon doner Bank. Hiernach braucht nirgends das Mitleid sich zu regen, bei der Nachricht, die Kaiserin verkaufe ihre Diamanten und Perlen. Die überreiche Besitzerin spanischer Weinberge hat die 80,000 Pfund so wenig nöthig, wie der hundertfache Millionär von Chislehurst. Im „San Francisco Bulletin" erstattet ein Korrespondent einen Bericht über einen kürzlichen Besuch im Staatsgefängnisse von Kalifornien. Er erzählt darin u. A., daß Zelle 3, obwohl nur 24 Fuß lang, 26 Fuß breit und 9 Fuß hoch, von 40 Weißen occupirt, das anziehendste nnd thatsächlich daS fashionable Quartier des Gesängnifses ist. „Hier" sagt er — „spielten zwei eingeborene Calisornier ein köstliches Duett auf der Guitarre, und ein Gesangs club folgte mit dem gediegenen Vortrage mehrerer bekannter Balladen. Später am Abend gaben die Insassen von Nr. 3 einen Ball, der gut besucht war. Einige der Gefangenen erschienen in eleganten weiblichen Kostümen. Zwei Guitarren, eine Violine, eine Flöte und ein Triangel bildeten das Orchester und ein ältlicher Gefangener sungirte als Tanzordner. Präcise 9 Uhr wurden die Lichter aus gelöscht und die Gefangenen begaben sich zur Ruhe."