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Zur Enthüllungsfeierlichkeit, Nachmittags 4 Uhr, waren sämmtliche zur Zeit im Baterlande anwesende, am Kriege betheiligt gewesene Militärs aus der Kirchgemeinde Sadisdorf, der Herr Pastor, die Herren Lehrer, Richter und Gemeindevorstände eingeladen worden, und so weit es die Umstände gestatteten, selbst aus fernen Garnisonen kommende Soldaten waren er schienen. Vom Rittergutsgehöfte bewegte sich der Zug unter Musik, und begleitet von vielen Zuschauern, zum verhüllten Sieges- und Friedens-Denkmale, wo zuerst „Nun danket Alle Gott" gesungen wurde. Darauf wies der Festgeber, Herr Otto, in einer kurzen ergrei fenden Ansprache auf die verlebte große Zeit, auf unsere einstigen Befürchtungen, aber auch auf die glänzenden Erfolge und zuletzt auf die Bestimmung des Denkmals hin, worauf die Hülle fiel. Nachdem noch das Vater landslied „Treue Liebe bis zum Grabe schwör' ich dir mit Herz und Hand!" gesungen war, marschirten die Festtheilnehmer unter Absingung der „Wacht am Rhein" in das mit Tannenzweigen geschmückte Süller'sche Gasthaus, wo Herr Otto dieselben mit einer Festmahl zeit erfreute. Gesang, ernste und heitere Trinksprüche, z. B. auf den Kaiser, den Landesherrn, den General feldmarschall Kronprinzen Albert, auf die anwesenden tapferen Krieger, auf deren Mütter und Frauen, auf die übrigen Abtheilungen des deutschen Heeres u. d. m., und von zwei Kriegern aus Herrn Otto ausgebracht, würzten das Mahl. Zum Schluß fand noch Freitanz statt, wozu die Festtheilnehmer ihre Frauen oder Schwestern oder andere Tänzerinnen eingeladen hatten. Alle Anwesenden waren sichtlich erfreut, sowohl Hr. Otto, der in hochherziger Weise die Festlichkeit bereitet hatte, als die Geladenen, von denen die Krieger sich noch die erlebten heiteren, wie trüben Ereignisse, froh, daß so viele Gefahren mit Gottes Hilfe glücklich überstanden waren, vom heitersten Standpunkte aus mittheilten. Gewiß schieden aber auch alle Anwesenden nicht nur mit herzlichem Danke für diese schöne Friedensnachfeier, sondern auch mit dem innigen Wunsche, daß der errungene Frieden, Deutschlands Einigkeit und Macht unerschütter lich feststehen möchten, und daß das errichtete SiegeS- denkmal alle Beschauer zu allen Zeiten mahnend darauf Hinweisen möchte: „Nur Einigkeit giebt Macht wider jeden Feind!" — Dresden. Unser geldführendes Publikum ist jetzt in eine, wie uns scheinen will, dem Allgemeinen recht ersprießliche Aufregung zu Gunsten einer Bethei ligung an Kohlenbauunternehmungen gerathen. Nachdem kürzlich erst die Zeichnungen zur Begründung des Gersdcrfer Steinkohlenbauvereins den geforderten Betrag von 500,000 Thlr. um das Doppelte über stiegen und eine Zurückführung der Zeichnungen deshalb nöthig geworden, wird am 28. und 29. d. M. aber mals die Zeichnung und zwar diesmal von 1,200,000 Thlr. für ein zweites Kohlenbauunternehmelk statlfinden. Die Herren Handelskammerpräsident Rülke, Stadtrath Beck, Geheimrath von Sandersleben, Advokat Rüger, Bankier Rosenkranz und Bankier Wallerstein treten als Berwaltungsräthe des neugegründeten Nieder-Erzgebir- gischen Steinkohlenbau-Vereins „Teutonia" zu Gers- dorf auf, und wir glauben, daß diese Dresdner Namen von gutem Klange allein schon den Erfolg der Zeich nungen mit verbürgen. Die Sache an sich, die Kohlen- noth und der Kohlenbedarf sprechen aber auch für den voraussichtlichen Erfolg der Unternehmung. Man be denke nur, daß das GerSdorfer Kohlenrevier auf dem Lugau-Oelönitzer Gebiet liegt, von dem man sagt, daß eS das mächtigste Kohlenflötz in Deutschland enthalte, und man bedenke ferner, daß die jetzigen Gesellschaften nicht weniger als 4 Gr. an dem Ctr. gefördeter Kohle gewinnen! Das ist ohne Zweifel unerhört und, sagen wir es offen heraus, für das frierende Volk betrübend. Wenn nun unter solchen Umständen die „Teutonia" bei einer Jahresausbeute von 4^/r Millionen Ctr. ihren Gewinn nur mit 2 Gr. berechnet, so giebt daS bei 12,000 Aktien immer noch eine Dividende von 25 pC. Gewiß steht damit eine recht hübsche Kapitalsanlage für alle Diejenigen in Aussicht, die überhaupt über Kapital zu verfügen haben, aber wie schon Eingangs erwähnt, kann sich das Allgemeine auch nur solcher Unternehmungen freuen, da, wie jetzt deutlich geworden, in der That die Kohlengewinnung den Kohlenbedarf nur nothdürftig deckt. Berlin. Der Reichstag nahm in dritter Be- rathung das Reichs-Münzgesetz an; das ZOMarkstück wurde definitiv beseitigt. Dann folgte die erste Be ratung des Gesetzentwurfes, betr. die Ergänzung des Strafgesetzbuches. — Dem Bundesrath ist ein Gesetzentwurf avisirt, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres und die Ausgabe für die Verwaltung desselben pro 1872, 1873 und 1874. Darnach wird die Friedens präsenzstärke auf 401,659 Mann festgesetzt und der Kostenaufwand auf 90,373,275 Thlr. — Der preußische Landtag ist am 27. Novbr. Nachmittags 1 Uhr im Weißen Saale des königlichen Schlosses durch Se. Maj. den König eröffnet worden. Oesterreich. Endlich ist hier ein neues Mi nisterium zu Stande gekommen. Dasselbe ist zu sammengesetzt wie folgt: Fürst Auersperg Präsident, Lasser Inneres, Glaser Justiz, Unger Sprechmi nister, Stremahr Cultus, Banhans Handel, Chlu- metzkh Ackerbau. Das Finanzportefeuille behält pro visorisch Holzgethan. Aufgelöst werden nur die Landtage von Oesterreich, Mähren, Krain, Vorarl berg und der Bukovina. Grocholski nimmt seinen Abschied, wozu er sich bewogen gefunden hat, weil das Auersperg'sche Programm von ferneren Ausgleichen nichts mehr wissen will. — Der Reichsrath ist auf den 21. Decbr. einberufen. Frankreich. Aus Versailles meldet man, daß Präsident Thiers jetzt eine Reihe Maßregeln zur Be festigung der Republik ergreifen werde und die selbe einem Volks-Plebiscit unterwerfen wolle. — Das Kriegsgericht hat die Haupträdelsführer bei der Zerstörung des Thiers'schen Hauses (Fontaine und Mirault) zu 20 und 10 Jahren Zwangsarbeit verurtheilt. — Ein gewisser Tonnelet, der angeklagt war, im Septbr. einen sächsischen Soldaten vorsätzlich ermordet zu haben, ist freigesprochen worden! — Man beendigt gegenwärtig im Kriegsministerium die Berechnung der, während der ersten Belagerung von Paris verbrauchten Munitionen. Um eine Idee von der Verschleuderung zu geben, die geherrscht hat, genüge die einzige Thatsache, daß an einem De- cembermorgen das Fort Banvres allein achthundert Kanonenschüsse auf eine bairische Schildwache abge schossen, ohne sie zu treffen!