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— 658 — so ist eben so wahr: Die Besitzende» haben Besitzlose, die Gebildeten haben Ungebildete wie sie eö verdienen." So äußerte sich neulich Ur. Becker, Pfarrer im gewerb- reichen Linlhal, Canton Glarus, wie der Referent schreibt, eine wettergebräunte Kernnatur, ein Mann, der, bereits dreißigjährig, mit eiserner Energie Theologie zu studiren begann, Gatte einer Fabrikarbeiterin, Vater von II Kindern, ohne Vermögen, als socialer Schrift steller bekannt. Wir vertrauen zum guten Genius unserer Nation, daß cs ihr durch das.Princip der christlichen Liebe ge lingen werde, die nun einmal vorhandenen socialen Mißstände zu mildern und an der Versöhnung der in neuerer Zeit schroff hervorgetretenen Gegensätze zu arbeiten und sie zu beseitigen. —r. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 4. October. Ueber die am Montage bei uns stattgefundene Wahl eines Land tags-Abgeordneten können wir, da die Auszählung der Stimmen beim Schluffe unserer vorigen Nummer noch nicht erfolgt war, erst heute berichten. Von 325 ausgegebenen Stimmzetteln sind nur 81, also genau das Viertel, wieoer abgegeben worden, ein Resultat, das den Erwartungen nicht entspricht, welche man in Bezug auf die Ausübung eines so wichtigen Rechtes, als daö Stimmrecht ist, wohl hegen konnte. Indessen ist das Verhältnis; bei uns immer noch günstiger, als z. -B. in Dresden, Leipzig, Chemnitz und überhaupt den größeren Städten, wo nur zwischen II—22°/o ge stimmt haben. Von den eingegangenen 81 Stimmen erhielt Herr Uhrenfabrikant Lange in Glashütte 68, während sich die übrigen auf die Herren Hofr. Acker mann, Syndicus Adv. Rüger in Dresden und Amtm. Weidauer in Sayda zersplitterten. * Glashütte. Bei der Wahl eines Landtags abgeordneten am 2. October stimmten überhaupt 74 ab; hiervon fielen 73 Stimmen ans Herrn A. Lange 8sn. hier. — Dresden, 3. October. Die geringe Betheili gung an den Landtagswahlen, welche sich diesmal an vielen Orten geltend gemacht hat, ist eine nicht leicht zu nehmende betrübende Erscheinung. In einer Zeit, in welcher so viel von den Rechten des Volkes gesprochen wird, eins der wichtigsten zu vernachlässigen, heißt der Reaction in die Hände arbeiten. Vielleicht wäre es einmal gerathener, bei einer so fest stehenden Er rungenschaft, wie das Wahlrecht, mehr der Pflicht, es zu benutzen, Erwähnung zu thun, wie denn überhaupt es dem Volke nicht klar genug gemacht werden kann, daß den Rechten auch Pflichten gegenübersleben und vor allen Dingen die Pflicht: zu jeder Stunde zur Ver- theidigung und Benutzung der errungenen Rechte bereit zu sein. Es ist übrigens die nicht unbegründete Wahr nehmung gemacht worden, daß die Betheiligung an den Reichstagswahlen im Ganzen eine viel größere ist und daß dazu nicht allein das allgemeine Wahlrecht beiträgt. Der Reichsgedanke hat sich eben schnell beim Deutschen Volke eingelebt und damit ist denn auch seine Nothwendigkeit und Natürlichkeit bewiesen. Allein es wäre schlimm, wenn unser Volk nicht auch des Um standes eingedenk bliebe, daß neben den Anforderungen, welche das Reich an uns stellt, auch die Heimath seine berechtigten Anforderungen stellen kann und muß. Der Deutschen Vaterlandsliebe, flehe allüberall die Heimalhs- liebe, bei uns also fdie sächsische Heimathöliebe, zur Seite. Man hat so oft gesagt, das deutsche Volk sei gar nicht für die Einigung und Einheit geschaffen und man hat damit recht Unverständiges behauptet, dem Gott sei Dank die Wirklichkeit gar nicht entspricht, denn nicht allein im blutigen Kampfe gegen den über- müthigen Franzosen standen alle deutschen Stämme zusammen, auch zum friedlichen parlamentarischen Kampfe stehen sie in Berlin gerüstet neben einander, einig im Geiste, daö deutsche Gemeindewohl zu fördern und nur zwiefältig in den Meinungen, über die dazu erforderlichen Mittel. Solcher Einigkeit steht keines wegs die Sorge für daS Wohl der Heimath im Wege, vielmehr kann man ganz bestimmt annehmen, daß jeder Deutsche um so gewisser ein guter Vaterlandöfreund sein wird, je mehr er seine Vaterstadt und sein Hei- mathsland liebt und seine Bürgerpflichten, zu welchen denn auch die Wahlpflicht gehört, in kleinerem Kreise erfüllt. Daß das fortan besser, als bisher geschehen, vor hin hat die Presse zu wirken. -j- Ans Höckendorf. Wie hart Brandnn- glücksfälle ein und dieselbe Familie treffen können, daran erinnert abermals das Schadenfeuer, welches am 28. September dieses Jahres das ÄntSgehöfte Wilhelm Kirstens in Höckendorf gänzlich in Schutt und Asche legte. Dieses Gehöfte wurde schon bei dem großen Brande am 6. Mai 1840 (damals besaß es der jetzt wieder mit betroffene Vater Kirsten) mit noch sieben anderen Besitzungen eingeäschert, und ward damals von Grund auf neu aufgebaut. Die Familie der Ehefrau des genannten Kirsten ist es aber insbesondere, welche in diesem Jahr hundert so schrecklich von Brandschäden heimgesucht ward, daß wohl nachstehende Mittheilung nicht ohne allgemeines Interesse sein dürfte. Die Ehefrau Wilhelm Kirsten'S ist die jüngste Tochter des Herrn Amtslandrichter Richter in Höcken dorf, dessen Großvater der vormalige Vicerichter Gott fried Richter, zu Anfang dieses Jahrhunderts zwei Güter mit Gehöften nebeneinander in Niederhöckendorf besaß, von denen daö eine 1802 ganz neu aufgebaut ward. Dieses Gut mit neuem Gehöfte übergab der selbe seinem Sohne Carl Richter, dem Großvater der verehel. Kirsten. An Carl Nichter'S Hochzeitstage, dem 6. Februar 1806, brach in dem väterlichen Nach bargehöfte Feuer aus, welches dieses Gehöfte in Asche legte und den Hochzeitstag zu einem Schreckenstage machte. Zwei Jahre später, 1808, ward das eigene neue GutSgehöfte Carl Richters durch Blitzschlag voll ständig ein Raub der Flammen, und 1811 wurde das 1806 erst neu aufgebaute Gehöfte seines Vaters, des Vicerichters Gottfried Richter, zum zweiten Male vom Feuer gänzlich zerstört. Dieser Stammvater Richter hatte dieses Gehöfte wieder größer neu aufgebaut und dasselbe Gut an seinen ältesten Schwiegersohn Zimmermann verkauft; dessen jüngste Tochter aber hatte später den Vater des vor genannten Wilhelm Kirsten geheirathet. Eine Reihe von Jahren vergingen nun ohne Unfälle für die Richter'schen Familienglieder; da kam der Schreckens tag, der 6. Mai 1840, wo alle drei Geschwister total mit noch Anderen abbrannten; nämlich Carl Richter, der vorher sein Gut an den Sohn, den Vater der verehel. Kirsten, übergeben, und auch des Erstere» zwei