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wieder nach Dresden zurückgekehrt, und während die Königin sich nach Pillnitz begab, blieb der König im Schlosse und nahm am Donnerstag die Vorträge der Staatöminister entgegen. — In Folge des außergewöhnlich niedrigen Wasserstandes der Elbe sind am 17. Septbr. zwei Dampfschiffe auf den Grund gefahren, die erst nach vielen Mühen wieder fahrtüchtig gemacht werden konnten. Berlin. Es liegt nicht im Sinne der Reichs regierung, dem Reichstage eine mehrmonatliche Dauer zu geben, und wird vor Allem der Reichöhaus- Halt-Plan für 1872, der in der letzten Periode noch nicht fertig sein konnte, zur Vorlage gelangen. Alle übrigen Gegenstände, die zur Vorlage gelangen, werden nur solche sein, die einen längeren Aufschub nicht gestatten. — Es ist ein Erlaß an die Eisenbahndircctionen kund gegeben, worin denselben aus Anlaß der zahl reichen Eisenbahnunfälle nnd im Hinblick auf den jetzigen Truppeurücklransport die peinlichste Sorgfalt als Ehrenpflicht eingeschärft und die äußerste Strenge gegen die Schuldigen in Aussicht gestellt wird. — Der Reichskanzler Fürst Bismarck ist von Neichenhall nach Berlin zurückgekehrt und wird sich auf einige Tage auf seine Besitzungen in Lauenburg begeben. Wegen vieler ihm vorliegender Arbeiten sind alle anderen Reisen aufgegebeu. — DieReichSpostbeamtcn werden voml.Januar 1872 an eine neue Uniform anlegen, welche (wie die der Marine-Offiziere) in einem dunkelblauen zwei reihigen Rock mit überfallendem Samintkrage» bestehen wird. — In den Kreisen der Berliner Industriellen geht man jetzt allen Ernstes daran, eine Weltaus stellung in Berlin zu veranstalten. Es sind bereits die städtischen Behörden und der preußische Handels minister für die hochwichtige Frage gewonnen und be ginnen nun die Verhandlungen mit dem deutschen Reichskanzleramt, dessen Protection zum Gelingen des Unternehmens unentbehrlich ist. Oesterreich. Ein Rescript des Kaisers an den böhmischen Landtag, in welchem den Böhmen alle die von ihnen verlangten Vorrechte gewährt werden, hat in allen Kreisen, selbst in hochconservaliven, die stets mit der Negierung gehen, den peinlichsten Ein druck gemacht. Das Rescript ist ein offener Verfassungs bruch, ein Staatsstreich, und Graf Hohenwart setzt damit den Kaiser in Widerspruch mit seiner ganzen Vergangenheit. — In allen Landtagen, auch in Prag, sind die verfassungstreuen Abgeordenten nicht erschienen und haben Verwahrung eingelegt gegen alle ungesetz lichen Beschlüsse. — Die Czechen jubeln natürlich über die Zustände; sie sagen, das Rescript bedeute den Aufbau Oesterreichs auf völlig neuen Grundlagen (!), und dieser Aufbau müsse mit Böhmen beginnen, wie überhaupt mit dem 14. Septbr. ein neues Blatt euro päischer Geschichte begonnen habe, und eine neue Macht eingetreten: die Selbstständigkeit der böhmischen Krone! Frankreich. In Folge der Aufrechterhaltung des Belagerungszustandes in Paris werden die Lager, welche um die Stadt gebildet wurden, trotz der vorgerückten Jahreszeit nicht aufgehoben werden. Unter den Truppen herrscht neserhalb eine gewisse Mißstim mung, da sie jetzt beinahe sechs Monate in kein Bett gekommen sind und vorher die Strapazen des Feldzuges und der Gefangenschaft zu erdulden hatten. Für den Staat selbst ist die Ausgabe für diese Lager eine sehr bedeutende. Die Soldaten erhalten nämlich die Feld zulage, und dieselbe beläuft sich täglich auf 60,000 Frcs. — Die Verhaftungen hören in Paris immer noch nicht auf, gleichwie die vielen Denunciationen. — Die Nationalversammlung bleibt vor der Hand in Versailles, und man ist jetzt beschäf tigt, ein neues Local herzurichten, da das bisherige nur aus Holzwerk besteht und nicht geheizt werden kann. — Vier deutsche Militärs, welche am 15. Septbr. in Civilkleidung nach Paris gekommen waren, wurden in einem Kaffeehause des Boulevards Sebastapol von ungefähr 40 Franzosen, da man sie erkannte, mit Flaschen und Gläsern beworfen, mißhandelt und dann zum Profoßen geführt. Es waren zwei Lieutenants und zwei Sergeanten. Italien. Aus Rom wird gemeldet, daß die Körperschwäche des Papstes immer mehr zunimmt; bedenklich ist besonders, daß er keine Bewegung machen kann. Auch sein Geisteszustand ist ein trüber; sein fixer Gedanke ist die Wiederaufnahme des Concils. — In Rom hat man auch beschlossen, den 2. October als Jahrestag des PlebiScit zu feiern und dafür den 20. Sep tember (Jahrestag der Besitzergreifung) ruhig vorüber gehen zu lassen. Von clericaler Seite soll dieser Tag jedoch zu Demonstrationen benutzt werden. - Die feierliche Eröffnung der Mont-CeniS- Bahn hat am 17. September slattgefunden. Von Seiten Frankreichs war der Handelsmiuister, von Seiten Italiens die sämmtlichen Minister erschienen. Der erste Zug durch den Tunnel nach Modane brauchte 21 Minuten und legte die Rückfahrt, wegen stärkerer Steigung, in 42 Minuten zurück. Bei einem Fest bankett wurden Toaste auf die Wohlfahrt und das Ge deihen Franlreichs und auf das freundschaftliche Ein vernehmen zwischen Italien uud Frankreich ausgebracht. Spanien. Der König Amadeus ist seit einigen Wochen auf einer Rundreise durch sein Land begriffen und hat überall, selbst in dem republikanischen Theile, einen guten Empfang gefunden. Alan kann ihm wohl ein langes Leben auf dem Throne verheißen, wenn er das Land ferner so regiert, wie bisher. Die Ernte ist eine sehr gute gewesen, der Handel blüht, Jedermann hat Geld uud Niemand denkt daran, Revolution zu machen, — so wird sich Spanien bald von den letzten schweren Jahren erholen. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 16. Sonntage nach Trinitatis (Ernte-Dankfest) predigt Herr Superintendent Opitz. Vorher Eonnnnnion: Herr Diac. Gersdorf. Nachmittags Bibelstnnde. Kirchenmusik: „Lobe den Herrn, meine Seele." Can tate von Thamm. Altenberg. Am 16. Sonnt, n. Trin. öffentliche Communivn und Beichte (8 Uhr) durch Herin Diac. Kleinpanl. Vormittags predigt über Ap.-Gesch. 14, 19—23 Hr. ?. Friedrich. Nachmittags über Ephes. 3, 14 — 21 Herr Diac. Klein Paul. Cbristliche Unterredung mit den Jungfrauen hiesiger Kirchfahrt.