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— 606 — höchst beklagenSwerthen Gebrauch von ihrer Waffe machten. Ein Mann aus Lindenau erhielt eine, das Ellbogengelenk verletzende große Hiebwunde in den Knochen; einem am Streite unbetheiligten Kürschner ist der linke Daum bis in die Hand hinein durchhauen und die Nase bis auf die Wurzel gespalten worden, dann hat er eine 3 Zoll lange Stirnwunde bis auf den Knochen und einen großen Kreuzhieb am Schenkel; einem anderen Unbetheiligten ist der kleine Finger ab gehauen worden, während noch Andere leichtere Ver wundungen erhalten haben. Mag auch, wie eS scheint, die erste Veranlassung des Streites von den Lindenauern ausgegangen sein, so ist doch der Gebrauch der blanken, noch dazu scharf geschliffenen Waffe in keinem Falle zu entschuldigen. Möge die Schuldigen, deren Namen ermittelt sind, die wohlverdiente Strafe treffen ; möge aber auch in allen Kreisen sich endlich einstimmig die Forderung geltend machen: Weg mit der Waffe außer dem Dienste! Berlin. Aus Gastein vom 4. Septbr. wird ein Erlaß des Kaisers Wilhelm veröffentlicht, worin er-den herzlichsten Dank ausspricht für den warmen und freudigen Empfang, der den heimkehrenden Kriegern in allen Theilen Deutschlands zu Theil geworden ist. — Bei Gelegenheit der Zahlung der dritten halben Milliarde der französischen Krieg scont ri tz ution hat man sich der Mühe unterzogen, die Daten zusammenzustellen, welche bisher über die Verwendung dieser Summe bekannt geworden sind. Da der Ver bleib der großen, Deutschland zufließenden Summe allerdings von hervorragendem Interesse für alle Kreise unseres Vaterlandes ist, so geben wir diese Zusammen stellung nachstehend wieder: Zunächst ist zu beachten, daß von den 1500 Millionen FrcS. 325 Millionen als Kaufpreis für die elsaß-lothringischen Bahnen in Abrechnung gekommen sind. Der Rest beträgt also 1175 Millionen FrcS., gleich 313 Millionen Thaler. Von der letzten Summe reservirt das Reichskanzleramt zunächst nach Maßgabe der verschiedenen bereits er lassenen Entschädigungsgesetze für Dotationen der Generale 4 Millionen; desgleichen der Landwehrmän ner und Reservisten 4 Millionen; für die aus Frank reich vertriebenen Deutschen 2 Millionen; für die deutsche Rhederei mindestens 7 Millionen; für die zer störten Städte in Elsaß-Lothringen und die dort er hobenen Kriegsleistungen mindestens 20 Mill.; für die Ausrüstung der elsaß-lothringischen Bahnen 5 Mill., zusammen 42 Mill. Thaler. Demnach blieben noch verfügbar 271 Millionen Thaler. Nach den, von dem Bundesrath gefaßten Beschlüssen wäre das Reichskanzler amt ermächtigt, hiervon allein 240 Millionen Thaler zur Versorgung der Invaliden und 40 Millionen Thaler zur Bildung eines ReichökriegSschatzes vorläufig unter Vorbehalt der Zustimmung des Reichstages zu reser- viren. Darnach würden die norddeutschen und süd deutschen Staaten vorläufig überhaupt von der fran zösischen Kriegsentschädigung noch nichts zu sehen be kommen. Indessen hat man von der Dotation jener Fonds aus den ersten beiden Milliarden gutem Vernehmen nach in der Hauptsache noch Abstand genommen. Wir dürfen annehmen, daß von den 271 Millionen nur etwa 31 Millionen für allgemeine Reichszwccke (Jn- validenversorgung, Ausbau elsaß-lothringischer Festungen, Betriebsfonds) reservirt werden. Demnach kämen also noch 240 Millionen Thaler innerhalb dieses Jahres zur Vertheilung an die norddeutschen Staaten einerseits und die einzelnen süddeutschen Staaten andererseits. Einzelne Raten davon sind ja auch bereits in München, Karlsruhe und Stuttgart angekommen. Die Vertheilung erfolgt nach dem Verhältniß der militärischen Leistungen jedes TheilS, wie es sich aus dem Effectivbestand der von ihm gestellten Mannschaften uud Pferde ergiebt. Darnach erhalten Bayern, Würtemberg, Baden und Sttdhessen für rund 3 Armeecorpö zusammen ein Sechstel oder 40 Millionen Thaler, Norddeutschland für über 15 Armeecorps fünf Sechstel oder 200 Millionen Thaler. Das süddeutsche Sechstel von 40 Millionen Thaler würde sich etwa wie folgt vertheilen: Bayern 24 Mil lionen, Würtemberg 7 Millionen, Baden 6 Millionen, Südheffen 3 Millionen Thaler. Was die auf Nord deutschland fallenden 200 Millionen Thaler anbelangt, so kann über deren Verwendung kein Zweifel bestehen. Zunächst sind Preußen die aus dem Staatsschätze zu Mobilmachungszwecken entliehenen 30 Millionen Thaler zurückzuzahlen. Sodann hing im April dss. Jö. bei den Darlehnskassen, deren Schließung jetzt verordnet ist, noch eine Lombardschuld des Norddeutsche» Bundes von 17 Millionen Thaler. Seit dem I. Juli sind für 35 Millionen Thaler kurzsichtige norddeutsche Schatzanweisungen eingelöst worden. Die letzten 15 Millionen dieser aus der Kriegszeit stammenden Schatz anweisungen müssen bis zum l. Februar künft. JahreS eingelöst werden. Oesterreich. Aus Salzburg wird über die Kaiserzus ammenkunft gemeldet: „Bon guter Seite wird als Resultat der früheren Besprechungen in Gastein und der neuerlichen Begegnung Hierselbst die offene Be zeugung des Anschlusses Oesterreichs an das deutsche Reich zu Zwecken des Friedens bezeichnet, ohne daß es zum Abschluß eines Vertrages oder sonstigen Ueber- einkommcns gekommen ist. Als Consequenz des be- thätigten Freundschaftsverhältnisses zwischen Oesterreich und Deutschland gilt die Verständigung über die Noth- wendigkeit einer gemeinsamen Prüfung jedweder in Zu kunft auftauchenden politischen Frage. Auch wurden die Verhältnisse der Internationale in den Kreis der staatsmännischen Besprechungen nicht nur bezüglich etwa nothwendiger Abwehr, sondern auch bezüglich möglicher positiver Lösung der socialen Fragen gezogen." — Außer den eigentlichen Zusammenkünften der beiden Kaiser fanden noch solche zwischen sämmtlichen österreichischen Ministern und Fürst Bismarck statt, sowie Unterhal tungen nach den Hoffestmahlen. Am 8. Septbr. reiste Kaiser Wilhelm nach Hohenschwangau (über München), Kaiser Franz Joseph nach Ischl. Wie bei Ankunft, so umarmten und küßten sich beide Kaiser auch beim Abschiede. Frankreich. Bis jetzt sind 17 Mitglieder der Commune, theils zum Tode, theils zur Deportation nach verschiedenen Inseln verurtheilt worden. — Die Nationalversammlung wird vom 24. Septbr. bis 28. November ihre Ferien halten; Präsident Thiers geht in dieser Zeit in das Seebad Trouville und unter nimmt später in Begleitung von Genieoffizieren eine „strategische" Reise zum Studium der Grenzfestungen. — Die Reibungen zwischen deutschen Soldaten und Franzosen in den occupirten Bezirken dauern fort. Im Kanal von St. Denis soll man neulich die Leichname von 8 gemeuchelmordeten Deutschen gefunden haben. Auch in Paris fand letzter Tage ein böser Auftritt zwischen preußischen Offizieren in Civil und französischen statt.