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— 568 — führte. Es waren zwei gute Meilen zurückzulegen, aber was kümmerte das die muthige Frau? — Ihre kleine zarte Hand peitschte unbarmherzig auf die kräftigen Pferde, die bald im Galopp mit dem leichten Wagen davon flogen. So jagte die kühne Frau an mehreren Landleuten auf der Chaussee, die kopfschüttelnd dem kühnen Beginnen der wohlbekannten schönen Pächterin zusahen, vorüber. 7. Die beiden Väter. Als Bernhard der Erste aus der Kirche kam, war er sehr verwundert, sein Haus offen und leer zu finden. Seine Tante und die Magd, die bald nach ihm sich einstellten, wußten ihm nicht zu sagen, wo Therese sei. Noch höher aber wuchs sein Staunen, als der Knecht ihm meldete, daß die Pferde und der Wagen fehle. Bernhard dachte sich aber bald den Zu sammenhang; nur glaubte er nicht, daß Therese selbst gefahren, sondern er hoffte, daß sie irgend Je mand gefunden, der sich zu ihrem Kutscher hergegeben. Ein eintretender Bauer belehrte ihn aber, daß er vor einer Stunde seiner Frau nach der Chaussee begegnet, wie sie in rasender Eile an ihm vorübergesaust. Die Richtung, die sie genommen, bestätigte ihn in seiner Bermuthung, und er ließ nun schnell einen seiner alten Gäule satteln, um ihr, die er schon wieder auf dem Rückwege glaubte, entgegen zu reiten, denn er war sehr besorgt, da er die Gefahr mit so jungen Pferden als Mann viel besser würdigte, wie seine kühne Frau. Es läutete Mittag, als er aus dem Dorfe hinaus ritt, und sein Herz schlug zum ersten Male seit langer Zeit mit Sehnsucht der armen Frau entgegen, mit welcher er um diese Zeit sich immer zum einfachen Mahle gesetzt, und die er so lange vernachlässigt. Er mochte etwa eine halbe Stunde vom Dorfe entfernt sein, als ihm auf der Chaussee ohnweit eines ländlichen Gasthauses, ein ihm wohlbekannter Müller begegnete. Als der Mann Artmanns ansichtig wurde, lenkte er vom Fußpfad ab und winkte ihm zu halten. Der Müller kam nun dicht zu ihm heran, und Bernhard erschrak über dessen ernstes, trauriges Gesicht. „Reitet nicht weiter, Artmann, kehrt um und verfügt Euch nach Hause, ich will Euch begleiten." „Was ist's — sagt es mir!" srug Bernhard, dem die fürchterlichsten Ahnungen die Kehle zuschnürten und ihm nicht mehr als diese wenigen Worte hervor- znbringen gestatteten. „Geht nicht nach jenem Krug — dort giebt's einen schrecklichen Anblick! Kehrt um!" „Ich will auch nicht dahin, ich will meiner Frau entgegen —" „Eurer Frau? Die trefft Ihr nicht, die ist schon zu Hause; kehrt mit mir um, dann werdet Ihr sie finden." „Nein, ich kehre nicht um!" „Wenn ich Euch aber sage, daß es zu Eurem Besten ist!" „Sagt mir die Wahrheit — ist meiner Frau vielleicht etwas zugestoßen?" „Ich will Euch Alles sagen, wenn wir in Eurem Hause sind!" Bernhards Blut gerann — es mußte etwas Fürchterliches geschehen sein, daß der sonst nicht weich- müthige Mann es ihm nicht hier auf offener Straße zu sagen wagte! Mit einem Male schrie Bernhard, dessen scharfes Ange die Trümmer seines Wagens vor dem Wirthshaus entdeckt hatte, auf: „Meine Frau liegt todt in jenem Hause!" „So ist's!" sagte nun lakonisch der Müller; „wenn Ihr es wißt, so hilft kein Leugnen!" Fortsctzimg folgt. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 12. Sonntage nach Trinitatis (27. August) predigt Herr Superintendent Opitz. Vorher Commnnion: Herr Diac. Gersdorf. Nachmittags Bibelstunde. Allgemeiner Anzeiger. Erledigung. Der unterm 8. ds. MtS. in Nr. 62 dieser Zeitung hinter die Gäbler'schen Eheleute aus Theisewitz er lassene Steckbrief hat sich erledigt. Dippoldiswalde, den 19. August 1871. Königliches Gerichstamt. Klimmer. Bekanntmachung. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte sollen den 1. September 1871 die zu dem überschuldeten Nachlasse des Büchsenmachers Car! Heinrich Grundig hier zugehörigen Grund stücke, Nr. 55, Abth. 35, Abth. L. des Catasters, Nr. 114, 363 des Grund- und Hypothekenbuchs für Frauenstein, welche Grundstücke aus 1) dem Wohnhaus und 2) der Scheune in der böhmischen Gasse bestehen und am 26. April 1871 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf zu 1) 1080 Thlr. - - — - zu 2) 312 - 15 - — - gewürdert worden sind, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichts stelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Frauenstein, am 16 Juni 1871 Königliches Gerichtsamt. Lommatzsch.