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- D Dienstag. M. 49. 27. Juni 1871. KWeißeritz-Zettong.H Postanstalten. ' Amts- und Anzeige-Platt der Königlichen Gerichts-Aemter und Itadträthe zu Dippoldiswalde und /rauensteiu. verantwortlicher Nedacteur: Lari Zehne in Vippotdiswatde. Mit der nächsten Nummer dieses Blattes schließt das zweite Vierteljahr 1871. Indem wir zu erneutem Abonnement hiermit freundlichst einladen, bitten wir namentlich die auswärtigen Leser, die Bestellung auf der Post möglichst bald zu bewirken, damit in der Zusendung keine Unterbrechung eintritt. Wie bisher, werden wir auch ferner unermüdet fortfahren, durch die so gern gelesenen Monatsberichte, durch Leitartikel, Correspvndenzen und Uebersichten der politischen und anderer Begebenheiten, unsere Leser auf dem Laufenden der Ereignisse zu erhalten. Cs sind diese unsere Mühen, wie wir mit Dank kund geben, auch im verstossenen Quartal wieder durch eine Steigerung der Zahl der Abonnenten belohnt worden. Wenn auch die nächste Zeit voraussichtlich eine äußerlich stillere sein wird, so wird es doch an Stoff zu inter essanten Berichterstattungen nicht fehlen. - Im unterhaltenden Theile unseres Blattes werden wir von nächstem Quartal an eine interessante und spannende Erzählung veröffentlichen und damit mehrseitig ausge sprochenen Wünschen nachkommen. Das Erscheinen und die Ausgabe des Blattes bleibt wie bisher; in Dippoldiswalde wird dasselbe am Montag und Donnerstag Abend ausgegeben, den auswärtigen Abonnenten auch noch mit den an diesen Abenden abgehenden Posten zugesendet, so daß dieselben am Tage des Erscheinens in dessen Besitz gelangen. Die Inserate, zu deren Veröffentlichung die „Weißeritz-Zeitung" benutzt wird, finden bei der bedeutenden Auflage von über 1000 Exemplaren eine große und zweckmäßige Verbreitung; die Jnsertionsgebühr beträgt für die gespaltene Zeile oder deren Raum nur 8 Pfg. Dippoldiswalde, 26. Juni 1871. Die Redaction der „Weißeritz-Zeitung." Ueber die Zustände in Oesterreich, sein öffentliches Leben und sein Verhältnis zu Deutschland erschienen kürzlich eine Reihe interessanter Artikel, welche den sächsischen Schwärmern für Oester reich, wenn wirklich noch welche existiren sollten, gewiß ein „Licht aufstecken" würden. Wir möchten aus dem Hauptinhalte Einiges, das die volkswirt Hscha fl uchen und socialen Zustände berührt, hervorheben. „Nirgend auf der Welt kann man so rasch reich werden, wie in Oesterreich, besonders in Wien." Das ist der Satz, von dem eine in Leipzig erschienene Broschüre über die „volkswirthschaftlichen Zustände in Oesterreich" ausgeht. Und sie führt den Beweis dafür wesentlich dadurch, daß sie an einer großen Reihe von Beispielen zeigt, wie dieses rasche Reichwerden und Reichwerdenwollen einen totalen sittlichen Zerfall zur Voraussetzung und zur Folge hat. So ist z. B. die österreichische Presse größtentheils der Bestechung zugänglich. Die Börsenleute haben Alles an ihren Zauberfäden; es geht bis in die höchsten Kreise. „Als Graf Beust nach Oesterreich kam, besaß er in der Thal nichts weiter, als Schulden" . . . jetzt ist er schuldenfrei und bezahlte „bereits 1869 ein Gut bei Greifenstein mit 100,000 Gulden baar." Wie das zugeht, schildert der Verfasser näher, indem er anhebt: „Die Geschäfte, denen Beust seinen gegenwärtigen Wohlstand zu danken hat, zerfallen in drei Kategorien: Handel mit Orden und Adelstiteln, Güterschacher und „Betheiligung an Spekulationen Anderer." Alles wird mit Beispielen und Namen belegt. Man kann sich leicht denken, wenn in der Haupt stadt durch geführte Prozesse dergleichen Verhältnisse zu Tage treten, wie demoralisirend sie auf ein Volk wirken, das in Lotterie- und Börsenspiel seinem „Glücke" nachzujagen pflegt. Die „Gründer," die „BerwaltungS- räthe" der Aktiengesellschaften sind die modernen Raub ritter. „Ein Diebstahl in's Große — sagt der Professor und jetziger österreichischer Finanzminister Schäme,,— wird heute in Europa betrieben, woneben das Raub- ritterthum und die theokratischen AuSzehntungen von ehedem edle Metiers wären, — und er führt zu Ehren, statt in's Zuchthaus!" „Zu verwundern ist nur, daß derselbe Schaffte, nachdem er österreichischer Finanzminister geworden, noch keine Miene macht, „dem Diebstahl im Großen" zu steuern." Der „Oekonomist" ist seit Langem bekannt als Feind dieser specifischen socialen Krankheit. „Mit der bisherigen Staats- und Volks-Mißwirtschaft, welche Oesterreich dem sichern Ruin entgegenfÜyrte/ soll und muß ein Ende gemacht werden, gründlich und unerbitt lich ... Bereits hat die Verderbniß in den herrschenden Kreisen die letzte Stufe erreicht, — das Laster hat bereits die Scheu verloren.... Der ehrliche Erwerb findet kaum das trockene Brod. Wer die An- theilnahme am öffentlichen Raube zurückweist, wird ganz offen als kapitaler Narr angesehen und behandelt. Redlichkeit verhilft zur Lächerlichkeit, und Ehrlichkeit ist ein Makel geworden; die Begriffe von Sittlichkeit und Moral sind für das öffentliche Leben auf den Kopf gestellt." Dasselbe Blatt sagt von der „Neuen Freien Presse," dem großen Wiener Weltblatt, daß eS „den