Volltext Seite (XML)
Dienstag. Nr. 34. 2. Mai 1871. KWeißerih-Zeitnng.H ostanstalten. ' Pfg. Amts- und Anzcigt-DlaU der Königlichen Gerichts-Ämter und Ztadträthe zv Dippoldiswalde vvd /rauensteiu. verMwortlicher Nedscteur: Tart Fehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. Der Monat April enthielt keine Ereignisse von politischer Tragweite. Alle Völker waren mit ihren Hausangelegenheiten beschäftigt und selbst dein wider lichen Schauspiele des Bürgerkriegs unter den Mauern von Paris wurde schließlich nur noch die Theilnahpre der Neugierde gewidmet. Zu ernsterer Sorge kann uns nur die Thatsache veranlassen, daß die officielle Negierung Frankreichs so wenig Fähigkeit und guten Willen zeigt, den durch die Friedenspräliminarien übernommenen Verpflichtungen nachzukommen. Weder die versprochenen Verpflegungsgelder für unsere Truppen, noch die erste halbe Milliarde der Kriegs entschädigung sind gezahlt, noch der definitive Friede abgeschlossen. Wie dies enden soll, ist unabsehbar, und wollen wir nur wünschen, daß wir nicht in die traurige Nothwendigkeit versetzt werden, nochmals das Schwert zu ziehen und das widerspenstige Land so lange in Sequestration zu halten, bis der Friede vollständig erfüllt ist. Aus unserem Reichstagsleben war neben mehreren bedeutenden politischen Reden, welche der Reichskanzler über unsere Beziehungen zu Frankreich hielt, vorzugs weise der geschlossene Kampf aller Parteien gegen die ultramontan-jesuitische Partei von hervorragendem Interesse. Die Bestrebungen dieser Partei haben keinen Boden im deutschen Herzen; dies lehrte die betreffende Neichstagsdebatte und Abstimmung in unzweideutiger Weise. In unserem Nachbarlande Oesterreich spinnt sich noch immer der unerquickliche Streit der verschie denen Nationalitäten fort. Die Stellung des neuen Ministeriums ist etwas besser geworden, doch hat sich noch kein recht vertrauensvoller Zustand bilden wollen. Aus Rußland berichtet man von Beurlaubungen der älteren Jahrgänge des Militärs; ein jedenfalls friedliches Zeichen. Der Kaiser beabsichtigt, im Mai wieder nach Bad Ems zu gehen, wo bekanntlich im vorigen Jahre die einflußreichen Besprechungen mit dem Kaiser Wilhelm über den bald darauf ausbrechen den Krieg stattfanden. Hoffentlich giebt es im laufenden Jahre keinen derartigen Anlaß. Nach Berliner Be richten gedenkt unser Kaiser die Bäder von Carlsbad und Gastein zu besuchen, wobei eine jedenfalls im friedlichen Sinne aufzufaffende Begegnung mit dem Kaffer von Oesterreich zu erwarten sein dürfte. In England hat sich seit der Pariser Revolution der Deutschenhaß erheblich gelegt. Man bemüht sich dort, den verlorenen politischen Einfluß wieder zu gewinnen, was sehr schwer halten wird. Die Engländer leiden. so wie die Franzosen, gänzlichen Mangel an hervor ragenden Staatsmännern. In Spanien scheint sich das Königthum zu befestigen, und der verstorbene Prim hat seine Landsleute sehr richtig beurtheilt, als er sich der Republik widersetzte. Wir schließen unseren kurzen Monatsbericht mit dem Wunsche, daß der politische Horizont so wolkenlos bleiben möge, als er gegenwärtig ist. —r. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 29. April. Zu den zahl reichen friedlichen Tätigkeiten, welche durch den letzten Krieg unterbrochen worden sind, gehört auch die des hiesigen Gewerbevereins. Nach einem vollen Jahre hielt dieser gestern seine erste Versammlung wieder. Der Vorsitzende, Herr Frosch, eröffnete dieselbe mit dem Hinweis auf die vielen Hindernisse, welche den Versammlungen bisher eutgegengestanden und hob be sonders hervor, daß die letzten welterschütternden Er eignisse alle Kräfte und alles Interesse so für sich in Anspruch genommen hätten, daß regelmäßige Versamm lungen des Verein« füglich nicht stattfinden konnten. Diese seien ja überdies ersetzt worden durch die „patriotischen Abende," welche hinsichtlich ihres CharacterS und ihres Zweckes so sehr zeitgemäß gewesen. Dem Rechenschaftsberichte von 1869—1870, welchen Hr. Kauf mann Schmidt gab, entnehmen wir Folgendes: die Mitgliederzahl betrug 72, die Einnahme 56 Thlr. 23 Ngr. — Pf., die Ausgabe 18 Thlr. 23 Ngr. 5 Pf., so daß ein Kassenbestand von 27 ThlrN. 29 Ngr. 5 Pf. verbleibt, welcher zum größten Theile in der Sparcasse verzinslich angelegt ist. Hierauf beschloß die Versamm lung, für 1870—1871 keine Jahresbeiträge von den Mitgliedern einzufordern, wohl aber der Sonntagschule auch dieses Jahr eine Beihülfe von 10 Thlrn. aus der Vereinskasse zu gewähren. Die nun folgende Wahl ergab, daß die Herren Schuldirector Engelmann mit 18, Klempner Teich er mit 15, Kaufmann Schmidt mit 14 und Buchdruckereibesitzer Ich ne mit 14 Stimmen wiedergewählt waren. Nach Erledigung dieser geschäftlichen Angelegen heiten hielt Herr Schuldirector Engelmann einen, mit zahlreichen Experimenten durchwebten Vortrag über den Dampf und die Dampfmaschine. Redner wies zunächst auf die Wichtigkeit des Dampfes überhaupt hin, er wähnte seine Benutzung zum Trocknen, Heizen und Kochen, besprach die Destillation unter Vorzeigung einer entworfenen Zeichnung, erklärte die Wirkung des Dampfes durch seine Spannkraft, sowie dadurch, daß mit ihm ein luftverdünnter Raum hergestellt werden kann, was