Volltext Seite (XML)
Feste noch der Kronprinz, die Prinzen Karl, Friedrich Karl, Adaloert, Alexander, Prinz Wilhelm von Baden, der Fürst-Reichskanzler, General v. Wrangel rc., und gegen 10 Uhr trat der Kaiser, die Kaiserin führend, in den Saal, von begeisterten Hochs empfangen. "Rach 12 Uhr verlieh der Kaiser die Festräume. München. Der König von Bayern hat mittelst eigenhändigen Schreibens dem Kronprinzen von Sachsen das Grohkreuz deö militärischen Max-Ioseph- Ordens verliehen. Frankfurt a. M. Am Mittwoch, 19. April, hat in dem Bureau des Rothschild'schen Bankgeschäftes ein Erpressungsversuch durch mit Nitroglycerin gefüllte Bomben stattgefunden. Durch die Explosion derselben wurde ein Mann verwundet und mehrfache Zerstörung angerichtet. Einer der Thäter, angeblich ein Franzose, ist verhaftet worden; ein zweiter ist entkommen. Frankreich. Die Lage in und vor Paris ist noch immer dieselbe, völlig unentschiedene. Aus Paris selbst kommen Nachrichten, welche hoffen lassen, daß sich daö Ende der Krisis nähere, da namentlich die Affaire am 15. April bei AsnisreS für die Insurgenten unheilvoll gewesen. In Bersailles theilte Thiers der Nationalversammlung am 16. April mit: die Re gierung werde in ihrer abwartenden Stellung verharre», einestheils um die zur Bekämpfung des Widerstandes nothwendig erscheinenden -Streitkräfte zu vereinigen, andererseits um den Irregeleiteten Zeit zur Ueberlegung zu gewähren. Die Regierung beabsichtige nicht — so heißt es in einer Regierungsdepesche vom 17. April — die Republik zu stürzen, vielmehr nnr den Bürgerkrieg zu beendigen, die Ordnung, den Eredit und die Arbeit herzustellen nnd die Kriegskosten zu bezahlen, damit die Deutschen ras Land verlassen. Die Pariser werden, wenn die Sache noch länger dauert, eine Hungercur wohl zum zweiten Male durchmachen müssen, denn die Lebensmittel werden all mählich theurer und seltener; die Fleischpreise sind be reits um ein Drittel gestiegen, und es ist schon der Vorschlag gemacht worden, in einzelnen Stadtvierteln Pferdefleisch zu verkaufen. Auch verschiedene nöthige Handelsartikel beginnen seltener zn werden. — Ebenso beginnt der Geldmangel sehr fühlhar zu werden; die Ausgewanderten haben beinahe alles Geld mitge nommen; viele sonst wohlhabende Leute befinden sich in der drückendsten Noth. Auf den Boulevards in Paris sieht man den ganzen Tag nichts als die Leichen züge gefallener Nationalgardisten. — Biele Frauen aus den Gemeinden Colombes und Argenteuil haben sich kürzlich nach Sonnois geflüchtet, wo deutsche Truppen stehen, um von ihnen Schutz und Hülfe zu erflehen gegen die unerhörten Ausschreitungen und Grausam keiten der kommunistischen Nationalgarden; diese Rebellen sind in ihre Dörfer eingefallen, haben Alles auSgeplün- dert, haben die streitbaren Männer mit sich fortgeschleppt und haben die Widerspenstigen ohne Weiteres erschossen. Als die Abgesandten der Pariser Commune in das Kloster der Karmeliter drangen, um zu plündern, war gerade Gründonnerstags-Gottesdienst. Der Ordens vorsteher sagte dem Schatzmeister einige Worte, worauf letzterer den Plünderern ein großes Schlüsselbund über gab mit den Worten: „Meine Herren, hier sind die Schlüssel zur Kasse; Sie wissen, wo sich dieselbe be findet, ich brauche Sie demnach nicht zu begleiten." Die frechen Gesellen nahmen die Schlüssel und vollzogen ihr Plünderungswerk, während die Karmeliter ihre gottesdienstlichen Verrichtungen ruhig fortsetzten. — Von dem gefangenen Erzbischof von Paris verlangte man 3 Millionen FrcS. Lösegeld; auf dieses Ansinnen hat aber derselbe mit großer Demuth geantwortet, daß er nicht 3 Millionen Werth sei, nebenbei aber über eine solche Summe nie verfügen könne. Der Palast des Erzbischofs ist ganz ausgeplündert; das Silberzeug namentlich hat die Raubgier angezogen. Die neuesten Nachrichten bieten dasselbe Bild, wie in den letzten Tagen: Kampf und Dampf, ohne daß eine der beiden Partheien sich das Recht auf den Sieg zuschreiben könnte. Daneben natürlich Ausschrei tungen der revolutionären communistischen Bande in Paris. — Am Montag, 17. April, unausgesetztes Ge wehrfeuer und Kanonendonner bei Neuilly und TerneS, in der Nähe von Paris. — Die Deutschen haben bei St. Denis der Wiederverproviantirung von Paris Hinder nisse in den Weg gelegt und scheinen die von der Versailler Regierung beabsichtigte Aushungerung der Hauptstadt unterstützen zu wollen. — Das officielle Blatt der Commune enthält einen Artikel, worin ver langt wird, daß das Eigenthum in Paris getheilt werde. Es scheint jedoch, daß eine solche Maßregel nur auf das Eigeuthum Derer seine Anwendung finden soll, welche die Commune zu Verräthern erklärte (Thiers, Picard rc.), oder die sich durch die Flucht dem Militär dienste entzogen haben. Vermischtes. Der Begriff einer Milliarde ist bereits durch die ver schiedensten Beispiele erläutert worden. Jetzt hat nun auch offenbar ein sehr begeisterter Verehrer des edlen Gerstensaftes folgende Berechnung gemacht: Wenn man das gesammte deutsche Heer auf 1,000,000 Streiter anschlägt, was wohl nicht zu hoch ist, so würde, wenn jeder Soldat fünf Seidel täglich tränke, das ganze Heer, um die Kriegsentschädigung zu vertrinken, 681/2 Jahre Zeit gebrauchen. Denn an einem Tage würden 5,000,000 Seidel — 20,000 Tonnen ver zehrt werden, was, den Preis der Tonne zu 10 Thaler angenommen, allerdings etwas hoch, täglich 200,000 Thaler ausmachen würde. Demnach würden die fünf Miliarden 25,000 Lage — 68^/2 Jahre ausreichen. Aus Berlin wird berichtet: „Eine Lection für die, jede Grazie des Ganges hindernde, unschöne und selbst ge fährliche Mode der überhohen spitzen Hacken unter den Ga maschenstiefeln erhielt dieser Tage eine junge Dame auf der Gertraudtenstraße. Sie gerieth mit der spitzen Stelze in eine Fuge des Granittrotoirs und klemmte sich so sest, daß ihr nichts übrig blieb, als unter dem Gelächter des Publikums den Stiefel auszuziehen." Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am Sonntage Misericord. (23. April) predigt Herr Diaconus Kleinp a ul aus Altenberg. Vorher Communion: Herr Diac. Gcrsdorf. Nachmittags Bibelstunde. Altenberg. Am Sonntage Misericordiasdomini öffentl. Com munion und Beichte (8 Uhr) durch Herrn Pastor Friedrich. Beim Vormittaasaottcsdienst (Anfang >/r9 Uhr) pred. über Matth. 18,1—7 Derselbe. Nachmittags Betstunde.