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männer thälig, an seinem eigenen Hause arbeitete Jeder, die Transparents anzubringen rc. Während dem und darauf sammelten sich am Gasthof zur Stadt Dresden: die Schützen, Sänger, Turner, Feuerwehr, Mitglieder anderer Vereine, um an dem Fackelzuge Theil zu nehmen, der sehr imposant war und sich durch die glänzend illuminirte Stadt bewegte. Während veS Zugeö beobachtete man am Horizonte ein großes Freudenfeuer, und machte dies auf Alle einen mächtigen Eindruck. Als der Fackelzug auf dem Marktplatze seine Aufstellung genommen, sprach Hr. Bürgermeister Schneider zur Feier des Festes und rühmte die Tapfer keit der deutschen Krieger, die Opferfreudigkeil des Volkes, die gediegene Führung der Heere und schloß mit einem Hoch auf Deutschland und seinen greisen Heldenkaiser. Hierauf forderte er zum allgemeinen Gesänge deS LiedeS „Nun danket Alle Gott!" auf, und es war dies ein erhebender Gesang, der aus wehr als tausend Kehlen zum Himmel erscholl. Der Zug ging nach dem Gasthof zur Stadt Dresden zurück, wo vor zahlreichem Publikum ein Freiconcert stattfand, auch Gesangsvorträge gehalten wurden. Nach diesem ersten Theile des Abends sprach im Saale vor großer Zu hörermenge unser stets von warmem Patriotismus be seelter Herr Uhrenfabrikant Großmann folgende Worte: Deutsche Männer und Frauen! Große Tage waren es, die unser Volk vor 56 Jahren feierte; noch größere Tage zu erleben, war nns durch Gottes gnädige Führung beschicken! Die Siegesscstc von 1815, das Größte, was seit den Tagen der Hermannsschlacht die deutsche Geschichte zn verzeichnen halte, sie sind in den Schatten gestellt, sind überboten durch das, was die Gegenwart uns gebracht! Lassen Sie nns deshalb einen vergleichenden Blick ans jenen Zeitpunkt zurückwerfen, um uns über die Wichtigkeit der heutigen Feier klar zu werden. — Nach langer Zwietracht, Schmach und Schande, nach vielen schweren Jahren der tiefsten Erniedrigung und Knechtschaft Halle sich endlich das deulsche Volk wieder gefunden. Es Halle seine Kraft zusammcngcrasst und von da ab, wie durch einen Zauber, heftete sich der Erfolg an seine Fahnen und führte sie von Sieg zn Sieg bis in die Mauern der feindliche» Hauptstadt. Aber diese Lorbeeren durfte Deutsch land nicht allein pflücken, denn die Mächte Europa's waren fast ohne Ausnahme seine Bundesgenossen gewesen, und es hatte dieser Beihülfe zur Bestehung des Riesenkampses bedurft! Beim Friedensschlüsse verdarben die Federn der Diplomaten, was das Schwert so herrlich vollbracht hatte und das deutsche Volk hatte auch nicht den bescheidensten Lohn für seine Tapferkeit und seine unendlichen Opfer. Wie ganz anders dagegen gestaltete sich der Verlauf des jüngsten Krieges, den wir bereits heute so glücklich sind, zn den Ereignissen der Vergangenheit zählen zu dürfen! Wie ein Blitz aus heilerem Himmel traf uns, mitten in den Beschäftigungen des Friedens, der Kriegsruf von Westen. Unvorbereitet wähnte der Feind unser Heer, rathlos seine Führer, zerfahren und un einig, wie stets, seine Völker! Aber er Halle sich getäuscht! Nach Tagen nur war die Frist zu zählen, welche hinreichte, des Nordens streckbare Söhne als Wacht am Rhein aufzustellen; ein wohler wogener, eiserner Wille lenkte die Bewegung der ungeheuren Massen, und auch die thörichte Hoffnung, welche die freche Nieder tracht des Feindes auf die Zerwürfnisse unter den deutschen Stämmen baute, sie ist jämmerlich zu Schanden geworden! Auf den Ruf vom Norden: „Brüder im Süden! das Vater land ist in Gefahr!" ertönte voll und markig die Antwort über dm Main zurück: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Noch nns trennen und Gefahr!" Das war der erste Flügelschlag des deutschen Genius! Nicht hohler Phrasen be durfte es, um die kampfesmuthigen Schaarcn zu entflammen, denn in jeder Brust flammte hehr und heilig die neucrwachte Liebe zum großen deutschen Vaterland, und unaufhaltsam, einer eisernen Mauer gleich, drängte es zu den bedrohten Grenzen. Und doch, trotz des erhebenden Gefühles, war die politische Lage Deutschlands durchaus nicht frei von Gefahren. Waren auch alle cwilisirlen Völker einstimmig in der Verurtheilung der französischen Herausforderung, so rührte doch keine der Mächte eine Hand, um den srevclndm Friedensstörer zur Ruhe zn ver weisen. Während ein Schiedsspruch der vereinigten Mächte den Frieden erhalten konnte, ließ man den Schrecknissen des Krieges ihren Lauf, indem mau wohl gar mit schlecht verhehlter Schaden freude darauf speculirte, daß ein Kamps, wie dieser, bis zur äußersten Erschöpfung beider Theile sortacführt, eine Lage schaffen mußte, bei der sich vielleicht ein gutes Geschäftchen machen ließe. — Deutschland stand also in diesem Kampfe allein; es hatte nur auf die starke» Arme und muthigen Herzen seiner Löhne zu zäh le», und wenn nun durch Gottes Gnade der übermüthige Feind bezwungen am Boden liegt, so haben wir keinem Fremden dafür zu danken und die Früchte des Sieges mit Niemandem zn theile». Zum ersten Male konnte Deutschland bei seinem Friedensschluß jede fremde Einmischuug entschieden zurückwciscn und auf den Bürgschaften unerschütterlich bestehen, die cs vor übermütbigen Angriffen sicher stellen. Diese Umstände sind cs, die unsere jetzige Siegesfrende so gerechtfertigt erscheinen lassen. Vergessen wir aber auch nicht, werthe Fcstgenossen, welche mächtigen Bundesgenossen uns in diesem Riescnkampfe zur Seite standen! Vor Allem war cs das Vertrauen auf unser sonnen klares gutes Recht und die überlegene Bildung unseres Volkes, die uns zuversichtlich deu Sieg erhoffen ließen. Demnächst aber, das wollen wir nicht vergesse», verdanken wir den Sieg unserer ausgezeichneten Heeres-Organisation, jener oft geschmähten Frucht des für uns so trüben Jahres 1866. — Wir batten keine afrikanischen Horden zur Schlachtbank zn führen: cs war die Blüthe unseres Volkes, die auf den Wahlstätten Frankreichs blutete. Nicht durch Geld kann man sich bei uns von seinen Pflichten gegen das Vaterland loskaufen. In unserem Heere kämpft der Lohn des Tagelöhners Schulter an Schulter mit dem Sohne des Millionärs. Wohl sind die Opfer unermeßlich, die im Falte eines Krieges unser Volk an seinen thcuersten Gütern zu bringen hat; bei uns kehrte die Trauer in die Schlösser der Reichen, wie in das Hans oes Bürgers und in die Hütte der Armuth ein. Aber nut unwiderstehlicher Wucht wird das deutsche Schwert auch geschwungen werden, wenn cs zur Vertheidigung der Landesmarken und der nationalen Ehre aus der Scheide fährt! Und endlich lassen Sic uns auch unseres mächtigsten Bundesgenossen gedenken, der Vaterlandsliebe, die sich in diesen Tagen der Prüfung so mächtig bewährte! Sic war es, die unsere Streiter todesmuthig gegen die Fcuerschlünbe des Fein des führte; sie war es, die die Daheimgebliebenen entflammte zu Werken der Liebe, zu opferfreudiger Linderung und Heilung der durch den Krieg geschlagenen Wunden; sie ist es, die heute als lodernde Flamme auf den Höhen unserer Berge glüht, die nns die festliche Leuchte in die Hand gab; sie ist es, die in dieser er hebenden Stunde die Fenster unserer Wohnungen in ungewohntem Glanze strahlen läßt. O möge sie fort und fort glühen in allen deutschen Herzen! Lasset sie uns pflegen und nähren in den Herzen der Jugend, daniit sie nimmer verlösche in unserem Volke! Sic ist die beste Bürgschaft für des geeinten Deutschlands Zukunft, sie wird uns die Macht verleihen, jeden unwürdigen Angriff auf unsere na tionale Ehre zurückzuw eisen. Und nun, werthe Festgenossen, wollen wir unseren gemein samen Gefühlen Ausdruck verleihen, indem wir rufen: Unser großes, einiges, deutsches Vaterland, Unser Kaiser Wilhelm, sein edler Schirmherr, und Unser tapseres, sicggekröntcs Herr, Sie leben hoch!!! Die freudig bewegten Tbeilnehmer trennten sich erst in den Morgenstunden, und allen wird das schöne, erhebende FriedenSsest unvergeßlich bleiben. Es lebe Deutschland! D Dresden, 15. März. Wie man hört, sind nun auch die deutschen Bevollmächtigten für die Frie densverhandlungen in Brüssel ernannt worden. Es sind dies Herr von Arnim, bisher kais. Gesandter in Rom, und Herr von Balan, kais. Gesandter in Brüssel. Auf dem Friedens-Congreß werden die französischen Bevollmächtigten möglicherweise versuchen, von der Kriegsschuld von 5 Milliarden den Betrag der Kosten für die auf deutschem Gebiet in Elsaß und Lothringen befindlichen französischen Bahnen, sowie den Betrag des auf diese beiden Provinzen fallenden Antheils der französischen Staatsschuld, in Abzug zu bringen; allein da in Geldsachen alle Gemüthlichkeit aufhört, haben sie wenig Hoffnung, damit durchzudringen. Vollends ist gar nicht an eine Anrechnung der Pariser Kontri bution von 200 Millionen zu denken. Selbst wenn Deutschland reich genug wäre, die eine oder andere