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London. Die englischen Journale begrüßen den Waffenstillstand und glauben, daß das Ende des Krieges gekommen sei. Die „Times" sagt: „Die gegenwärtige Mäßigung Deutschlands gegen den gänzlich unterdrückten Feind ist ein gutes Vorzeichen für die weiteren Unter handlungen. Frankreich hätte in seiner äußersten Noch freigebigere Bedingungen niemals erwarten können; es möge die Bedingungen des Siegers annehmen. Letz terer habe selbst ein Interesse daran, die Bedingungen möglichst erträglich einzurichten. Frankreich. In Paris namentlich, aber auch in Bordeaux und vielen andern Städten, hat der WaffenstillstandSabschluß und die Capitulation der Hauptstadt die größte Bestürzung hervorgerufen. Man riß die betreffenden Anschläge ab, verlangte Fortsetzung des Krieges bis zum Aeußersten rc. In Pari« wurden die Straßenunruhen durch die Nationalgarde unterdrückt, wobei es zahlreiche Verwundete und Todte gab. — Die Noch in Paris ist sehr groß. Die Herbeischaffung der Lebensmittel ist wegen Sprengung an den Eisen bahnlinien durch die Franzosen sehr erschwert. Der Handelsminister hat Vorkehrungen getroffen, daß aus den verschiedenen Hafenplätzen Lebensmittel, namentlich Getreide und Mehl, nach Paris geschafft werden. Die deutsche Armee versieht einstweilen aus ihren eigenen Vorräthen die Stadt mit dem Nothwendigsten. — Es ist das Gerücht verbreitet, die Generäle Dur rot und Vinoy hätten kurz vor der Capitulation die Stadt Paris mittels Luftballon verlassen. Rochefort soll beim letzten Ausfall aus Paris erheblich verwundet worden sein. Der Eindruck, den die Beschießung von St. Denis machte, ist von durchschlagendem Eindruck auf die Bevölkerung von Paris gewesen. Mit furchtbarer Präcision sind die Granaten in diesen Ort hineingesallen; sie haben die Stadt vollständig demolirt, sehr viele Häuser sind in Flammen aufgegangen. Heulend und schreiend stürzte sich die Bevölkerung in die Hauptstadt hinein, und eine schreckliche Furcht verbreitete sich bei den Erzählungen der Unglücklichen. Aber anderer SeitS stieg auch der Unwille gegen die Führer auf's Höchste, die natürlich von dem Volke für Alles verantwortlich gemacht werden. Eine „Time»"-Depesche aus Versailles vom 31. Januar meldet: Die französische Regierung hat sich über den noch vorhandenen Proviant um 8 Tage ver rechnet; eS hat sich daher wahrscheinlich die Noth sehr erheblich gesteigert, zumal die Wiederherstellung des Eisenbahnverkehrs mit Paris mindestens eine Woche erfordert. Der Hauptinhalt der Capitulation von Paris und seiner Forts ist folgender: Der Waffenstillstand tritt bei Paris sofort in Kraft, in den Departements in drei Tagen; er läuft am 19. Februar Mittags ab. Es ist eine Demarca- tionSlinie festgesetzt. Die Entscheidung über den Beginn des Waffenstillstandes in C6te-d'Or, Doubs, Jura und bei Belfort ist Vorbehalten. Bis dahin nehmen die dortigen Kriegsoperationen einschließlich der Belagerung von Belfort ihren Fortgang. Die Seestreitkräfte sind in den Waffenstillstand inbegriffen. Wahlen für eine Versammlung, um sich über Krieg oder Friedensbe dingungen zu erklären, werden stattfinden. Als Ver sammlungsort ist Bordeaux bestimmt. Sämmtliche Forts von Paris werden sofort übergeben. Der Stadt wall wird deSarmirt. Die Linien-, die Seetruppen und Mobilgarden sind Kriegsgefangene, außer 12000 Mann für den inner« Sicherheitsdienst. Die Kriegsgefangenen bleiben während des Waffenstillstandes innerhalb der Thore der Stadt. Ihre Waffen werden ausgeliefert. Nationalgarde und GenSdarmerie behalten ihre Waffen für den Sicherheitsdienst. Alle FranktireurS-CorpS sind aufzulösen. Deutscherseits wird den französischen Commissionen die Verproviantirung von Paris möglichst erleichtert. Zum Verlassen von Paris ist französische Erlaubniß und deutsches Visa nöthig. Die Gemeinde von Paris zahlt eine städtische Contribution von 200 Mill. FrS. innerhalb 14 Tagen. Oeffentliche Werthe dürfen während der Dauer des Waffenstillstands nicht entfernt werden. Alle deutschen Kriegsgefangenen sollen sofort gegen eine entsprechende Anzahl französischer Ge fangener ausgewechselt werden. Die Friedenspräliminarien sind folgende: Abtretung von Elsaß und Deutsch-Loth ringen, einer Colonialbesitznng und 20 Kriegsschiffen, Bezahlung von 4 Milliarden FrS. Kriegsentschädigung, deutscherseits Anerkennung der republikanischen Regie rungsform; während des Waffenstillstands Einberufung einer Constituante, welcher die gegenwärtige Regierung die Friedenspräliminarien zur Annahme vorlegen wird. (Die Constituante soll frei über die künftige Gestaltung Frankreichs entscheiden und die Wahlen zu derselben sollen nach dem Gesetz vom 15. März 1849, also nach den Departements, stattfinden.) Dom Kriegsschauplätze. Die Uebergabe sämmtlicher Forts von Paris an die deutschen Truppen und die Besetzung durch dieselben ist am 29. Januar ohne alle Widersetzlichkeit und Störung erfolgt. Auch am 30. und 31. Jan. hat die Durchführung der Convention ungestört ihren Fortgang genommen. Im Anschluß an den (in vor. Nr. bereits gemel deten) Rücktritt Bourbaki'S von seinem Commando wird gemeldet, daß derselbe aus Verzweiflung über das Mißlingen der sicher gehofften Entsetzung von Belfort einen Selbstmordversuch machte. Sein Zustand giebt wenig Hoffnung auf Rettung. Neueren Nachrichten vom 30. Januar zufolge befanden sich die Bourbaki'schen CorpS zwischen den Colonnen des Generals v. Manteuffel und der schwei zerischen Grenze. Die Avantgarde unserer Süd armee (14. Divi sion) hat, wie aus Arbois gemeldet wird, am 29. Januar Nachmittags die abziehende französische Armee 1 Meile westlich von Pontarlier an der Schweizer Grenze erreicht. Die Dörfer Sombacourt und Chaffois wurden mit Sturm genommen, gegen 3000 Gefangene und 6 Geschütze genommen. Aus Bern wird gemeldet: „Dem Buntesrathe ist die Mtttheilung zugegangen, daß der Uebertritt der Bourbaki'schen Armee von etwa 80,000 Mann nach dem schweizerischen Gebiete am 1. Februar erfolgt ist. Der BundeSrath hat die Cantone aufgefordert, die nöthigen Vorkehrungen zu treffen. Die Franzosen werden auf die einzelnen Cantone vertheilt."