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Machthaber ist damit der Boden entzogen und der Krieg dadurch unwiderruflich in sein Endstadium eingetreten. So möge denn der Himmel fügen, daß wir bald in einem Friedensfeste das Ende des blutigen Dra- ma'S feiern können, welches seit einem halben Jahre die Welt bewegt und erschüttert hat, und daß aus den gebrachten großen Opfern, nach den Worten der Kaiser- proclamation, eine reiche Ernte nationalen Wohl standes, nationaler Freiheit und Gesittung entsprieße! ' —r. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Am Mittag des 1. Februar (Mittwoch) ist in unserer Stadt ein aus 14 Mann, darunter 2 Unteroffiziere, bestehendes Commando sächsischer Gardereiter eingerückt, um hier und in der Umgegend auf etwa flüchtig gewordene fran zösische Kriegsgefangene zu fahnden. — Ein gleiches Commando soll, wie wir hören, nach Alten berg gegangen sein. — Der Verleger des, in diesem Jahre mit dem Bildnisse Sr. kgl. Hoheit unseres Kronprinzen Albert geschmückten „Dippoldiöwaldaer Ka lenders" hatte zu Anfang dieses Jahres einige Exem plare an denselben in das Hauptquartier gesendet und diesen noch 50 Exemplare für den Generalstab beige fügt. Durch ein am 1. Febr. hierher gelangtes Schreiben des Hrn. Grafen v. Vitzthum, Adjutant Sr. kgl. Hoheit, au» Margench vom 26. Januar, läßt unser Kronprinz dem Absender seinen aufrichtigsten Dank für diese Sendung aussprechen. — Das Generalpostamt in Berlin macht bekannt, daß wegen mehrerer in Frankreich erfolgter Brücken sprengungen, wodurch der Eisenbahntransport gestört, die Beförderung von Privatpäckereien, die vom 1. Februar an wieder stattfinden soll, vorerst nur auf die jenigen Besatzungstruppen beschränkt sein wird, welche im Elsaß und in Lothringen dieseits der Mosel feste Standquartiere in Orten haben, welche an einer im Betriebe befindlichen Eisenbahn gelegen sind; ferner auf Päckereien an die CernirungStruppen von Belfort und Bitsch. — Auch wird aufmerksam gemacht, daß in der Beförderung eines Theils der Feldcorre- spondenz in nächster Zeit wohl noch einige Verzöge rungen unvermeidlich sein werden. Dresden. Der Secretär der Handels- und Ge werbekammer, Hr. vr. Rentzsch, der einen Ruf nach Breslau erhalten hatte, um in gleicher Stellung dort einzutreten, hat abgelehnt und wird — gewiß zur großen Freude Aller — hier verbleiben. — Am 31. Januar Nachmittags trafen in Dresden unter preußischer Bedeckung circa 1200 Kriegsgefangene ein, die in sieben Abtheilungen nach den Baracken am Alaunplatz gebracht wurden. Dieselben befanden sich in einem wahrhaft bejammernswerthen Zustande, zer lumpt und herabgekommen in jeder Hinsicht. Auch be fanden sich Bauern, FranctireurS, Garibaldianer und mehrere Knaben von 13 bis 16 Jahren darunter. — Die Magdeburger Feuerversicherungs-Gesell schaft ist auch in zweiter Instanz zur Bezahlung der vom FiScuS beauspruchten Entschädigungssumme von 120,000 Thlrn. in Sachen des Hoftheater-BrandeS verurtheilt worden. Chemnitz hat die Capitulation von Paris sehr allgemein und schön gefeiert. Die ganze Stadt hatte geflaggt; am Montag Abend eine prächtige und all gemeine Illumination, verbunden mit einer Schlitten fahrt, an der gegen 400 Schlitten sich betheiligten. Leipzig. Der Rath und die Stadtverordneten hier haben aus Anlaß des freudigen Ereignisses der Capitulation von Parts beschlossen, dem Reichskanzler Grafen v. Bismarck und dem Ches des Generalstabs Grafen v. Moltke das Ehrenbürgerrecht der Stadt Leipzig zu ertheilen. (Auch der Senat zu Hamburg hat Beive zu Ehrenbürgern ernannt.) Berlin. Bei der Capitulation von Paris und den Unterhandlungen zu derselben ist es der deut schen Kriegsleitung rein um die Sache und nicht um eitlen Ruhm zu thun gewesen; deshalb hat sie auch eine Concession gemacht, auf welche die französischen Unterhändler den größten Werth legten: sie hat auf den Einzug in Paris verzichtet, — selbstverständlich jedoch nur, wenn der jetzige Waffenstillstand zum Frieden führt. Wir haben ja die Hauptstadt völlig in der Hand, da sämmtliche Forts bereit« von den Unsrigen besetzt sind, auch 28 französische Departements mit mehr als einem Drittel der gesammten Bevölkerung Frankreichs in unfern Händen sich befinden. Uebrigens muß es uns Beruhigung gewähren, unsere Truppen nicht in die bedenkliche Umgebung eintreten sehen zu müssen, die seit Monaten mit allen hinterlistigen und tückischen Schrecknissen drohte. Die Verhandlungen zwischen dem Grafen Bismarck und Jule« Fave ergaben bereits ein, den deutschen FriedenSbediugungen günstiges Ergebniß ; sie enthalten die Grundlagen der allgemeinen FriedenS- stipulationen und beweisen, daß die provisorische Regierung in Paris die einzige rechtmäßige Gewalt bildet, welche mit dem deutschen Hauptquartier zu ver kehren hat; die bisherige Dictatur Gambetta'S wird gar nicht beachtet, und das französische Volk selbst wird binnen Kurzem seine Stimme über die deutschen Friedensbedingungen abgeben. Durch Gambetta'S Rücktritt und den Fall von Paris ist den Fran zosen der Alp von der Brust genommen; sie dürfen jetzt ihre Meinung frei heraussagen und haben Gelegen heit, sich über die wahre Lage Frankreichs, Deutschland gegenüber, gehörig klar zu werden. Sie werden eiusehen, daß die Heere Frankreichs ganz und gar unfähig sind, einen Kampf mit den erprobten deutschen Kriegern auszuhalten; sie werden die Unmöglichkeit begreifen, Elsaß und Lothringen den Händen der Deutschen wieder zu entreißen; sie werden das Schicksrl ruhig hinnehmen müssen, welches Napoleon über sie heraufbeschworen hat! München. Auch vom hiesigen Kriegsministerium ist an die verschiedenen Eisenbahndirectionen das An suchen ergangen, sofort die Bereitstellung von Proviant- und Transportzügen für Paris zu veranlassen. — In militärischen Kreisen verlautet, daß der König die Generäle der Infanterie v. d. Tann und Hart mann zu Feldmarschällen (uä stonoros) nach dem Friedensschlüsse ernennen werde. — Prinz Luitpold von Baiern soll ein preußisches Regiment erhalten. Wien. Alle unabhängigen Blätter ermahnen Frankreich, beim Friedensschlüsse in eine Gebietsab tretung zu willigen, da dieselbe nothwendig sei zur Rettung der Republik und zur Abwendung der Restau ration des BonapartiSmuS.