Volltext Seite (XML)
— 86 — Art. 6. Die Garnisonen (Linienarmee, Mobilgarde und Marinetruppen) der Forts und von Paris werden Kriegsgefangene, mit Ausnahme einer Division von 12,060 Mann, welche die Militärobrigkeit für den inneren Dienst in Paris behalten wird. Die kriegsgefangenen Truppen legen ihre Waffen nieder, welche an den bezeichneten Orten gesammelt und nach dem Reglement durch Kommissare wie üblich ausgeliesert werden, diese Truppen bleiben im Innern der Stadt, deren Enceinte sie während des Waffenstillstandes nicht überschreiten dürfen. Die französischen Behörden haben die Verpflichtung, darüber zu wachen, daß jedes der Armee oder Mobilgarde angehörige Individuum im Innern der Stadt consignirt bleibe. Die Offiziere der gefangenen Truppen werden in eine der deutfchen Obrigkeit zu übergebende Liste verzeichnet. Bei Ablaus des Waffenstillstandes haben alle zur Armee von Paris gehörigen Militärs, wenn der Friede bis dahin nicht abgeschlossen ist, sich als Kriegsgefangene der deutschen Armee zu stellen. Die gefangenen Offiziere behalten ihre Waffen. Art. 7. Die Nationalgarde behält ihre Waffen; sie wird mit der Bewachung von Paris und der Aufrechterhaltung der Ordnung betraut. Dasselbe ist der Fall mit der Gen darmerie und den assimilirten Truppen, die zu städtischen Diensten verwendet werden, wie republikanische Garde, Doua niers und Pompiers; diese Kategorie darf im Ganzen nicht über 3500 Mann begreifen. Sämmtliche Freischützen (Franctireurs)-Corps werden durch einen Erlaß der französischen Regierung aufgelöst. Art. 8. Alsbald nach Unterzeichnung dieses und vor Besetzung der Forts, wird der Obercommandirende der deutschen Heere den Kommissaren, welche die französische Regierung sowohl in die Departements wie ins Ausland senden wird, um die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln vorzubcreiten und die dazu bestimmten Waaren heranbringen zu lassen, alle Erleichterung zu Theil werden lassen. Art. 8. Nach der Uebergabe der Forts und nach der in Art. 5 und 6 stipulirten Entwaffnung der Enceinte und der Garnison, wird sich die Verproviantirung von Paris durch den Verkehr aus den Eisenbahnen und Wasser straßen frei bewerkstelligen lassen. Die für diese Verproviantirung bestimmten Vorrälhe dürfen nicht in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten geschöpft werden, und die französische Regierung verpflichtet sich, deren Beschaffung außerhalb der die Stellungen der deutschen Truppen umgebenden Demarcationslinie zu besorgen, falls nicht feiten des Commandos der Letzteren anderweitige Autorisation dazu erfolgt. Art. 18. Jedermann, der die Stadt Paris verlassen -will, muß mit regelmäßigem Erlaubnißschein, ausgestellt von der französischen Militärodrigkeit und visirt von den deutschen Vorposten, versehen sein. Diese Pässe und Visas werden von Rechtswegen bewilligt den Candidaten der Provinzialwahlen und den Deputirten zur Versammlung. Der Verkehr derjenigen Personen, welche die bezeichnete Autorisation erhalten haben, wird nur zwischen 6 Uhr Morgens und 6 Uhr Abends gestattet. Art. 11. Die Stadt Paris zahlt eine städtische Kriegscontribution von 200 Millionen Francs. Diese Zahlung muß vor dem 15. Tage des Waffenstillstandes er folgen. Der Zahlungsmodus wird durch eine gemischte deutsch-französische Commission festgesetzt werden. Art. 12. Während der Dauer des Waffenstillstandes wird nichts von öffentlichen Werthen, was für die Beitreibung der Kriegscontribution als Pfand dienen könnte, bei Seite gebracht werden. Art. 13. Die Jmportalion von Waffen, Munition oder zu deren Fabrikation dienenden Stossen nach Paris ist für die Dauer des Waffenstillstandes untersagt. Art. 14. Es wird unmittelbar zur Auswechselung sämmtlicher Kriegsgefangenen geschritten, welche die fran zösische Armee seit Beginn des Krieges gemacht hat. Zu diesen» Zwecke werden die französischen Behörden in kürzester Frist den deutschen Militärobrigkeiten in Amiens, le Mans, Orleans und Vesoul namentliche Verzeichnisse der deutschen Kriegsgefangenen übergeben. Dieselben werde»» ai» den nächsten Grenzorten in Freiheit gesetzt. Dafür werden die deutschen Behörden an den nämlichen Orte»» und in möglichst kurzer Frist eine gleiche Anzahl französischer Kriegsgefangener ent sprechender Grade den französischen Militärobrigkeiten ausliesern. Die Auswechselung erstreckt sich auf die Gefangenen bürgerlichen Standes, wie die Schiffscapitäne der deutschen Handelsmarine und die in Deutschland internirten französischen Civilisten. . Akt. 15. Ein Postdienst für unversiegelte Briefe wird zwischen Paris und den Departements durch Vermittelung des Hauptquartiers voi» Versailles organisirt. Zur Beglaubigung dessen haben die Unterzeichneten die gegenwärtige Convention mit ihren Unterschriften und Siegeln versehen. Geschehen zu Versailles, den 28. Januar 1871. Bismarck. Favre. Tagesgeschiehte. Dippoldiswalde, 6. Februar. Bezüglich der Wahlen zum Reichstage für unfern Bezirk hat am gestrigen Sonntag in Dresden eine Versammlung stattgefunden, deren Zweck die Aufstellung eines Candi« baten war. Die Meinungen der Anwesenden theilten sich, da man für Advocat Siegel in Dresden und Rittergutsbesitzer Grahl in Zscheckwitz wirkte. Bei einer Abstimmung, welcher Candidat aufzustellen, ent schied sich die Mehrheit zwar für Herrn Grahl, jedoch trat Herr Siegel von der Candidatur noch nicht zurück, ehe er mit Denen, die ihn aufgestellt, weitere Be sprechung gepflogen haben würde. Wir werden Näheres darüber in der nächsten Nummer bringen können. Dippoldiswalde, den 6. Febr. Vorigen Freitag begannen aufs Neue die seit Weihnachten ausgesetzt gewesenen Patriot. Unterhaltungsabende. Es wurde damit der 20. und nicht, wie irrthümlich gedruckt war, der 19., abgehalten, da das zur Vorfeier des Beethoven'schen 100. Geburtstages veranstaltete Concert mit dem 19. Unterhaltungsabende verbunden war. Hr. Lehrer Stein stellte in einem sehr anziehenden, fleißig bearbeiteten Vortrage die Bedingungen und Forderungen, welche bisher von deutscher Seile in Bezug auf den mit Frankreich abzuschließenden Frieden laut geworden sind, zusammen, und bemühte sich, die gegen die Wieder gewinnung von Elsaß und Lothringen von verschie denen Seiten vorgebrachten Einwendungen als unhaltbar zurückzuweisen. Reicher Beifall lohnte den von politi scher Gesinnung zeugenden Vortrag. Leider konnten Gesänge diesmal nicht vorgetragen werden, da die Zahl der anwesenden Sänger dazu zu gering war. Hr. Jehne bot in seiner „Blumenlese" manches Ernste und Erhei ternde. — Möchte der Umstand, daß wegen anderweiter Benutzung des Saales der nächste Abend erst Sonn abend abgehalten werden kann, dem Besuche desselben nicht hinderlich sein.