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50 — würtembergischen Division von 20.000 Mann, dem 2. bairischen Armeecorps von 32,000 Mann, und der preußischen Gardelandwehrdivision von 12,000 Mann, in Summa also ungefähr 260,000 Mann. Die Nord armee unter General v. Göben verfügt über da« 1. und 8. preußische Armeecorps und ist 60,000 Mann stark. Das l. bayrische Armeecorps, daS bei Orleans steht unter dem Befehle des Generals v. d. Tann, ist zwar sehr geschwächt, zählt trotzdem aber doch noch ca. 26,000 Mann. Die Armee des Prinzen Friedrich Karl, die aus dem 3., 9, 10. und 13. norddeutschen Armeecorps besteht, welch' letzteres aus der 17. Division (Mecklenburger und Hanseaten ) und der 25. Division (Hessen-Darmstädter) gebildet ist, zählt über 120,000 Mann. Endlich die sogenannte Ostarmee unter dem Oberbefehl des Generals v. Manteuffel, ist zusammen gesetzt aus den Truppen deS Generals v. Werder, der badischen Division und vier preußischen Landwehr divisionen, dem 7. preußischen Armeekorps unter Ge neral v. Zastrow und dem 2. preußischen ArmeecorpS unter General v. Fransecky; ihre Stärke beziffert sich auf gegen 130,000 Mann. Betrachten wir nun einen Augenblick, was Frank reich dieser imposanten Streitmacht noch gegenüber stellen kann, wobei wir uns ausschließlich an die regu lären Truppenkörper zu halten haben, da die undiScip- linirten Banden nicht in Betracht gezogen werden können. General Trochu commandirt in Paris über 150,000 Mann; General Chancy an der Loire über 80,000 Mann; im Norden cperiren etwa 25,000 Mann und auf dem Vogesengebiete ungefähr 50,000 Mann. Alles in allem gebietet Frankreich in diesem Augenblicke noch nberetwa300,000Mann Feldkerntruppen, deren Schicksal schon jetzt als entschieden angesehen werden kann. Die Armee von Paris ist völlig abgeschnitten und ohne alle Hülfe; sie muß sich in den nächsten Woche» ergeben. Die Nordarmee ist bereits unfähig, im Felde zu operiren und befindet sich zumeist in den Festungen Valenciennes, Lille, Douai, Cambrai und ArraS eingeschlossen. Die Loirearmee oder französische Westarmee ist nahezu in der Auflösung begriffen nach den Schlägen, die sie in letzter Zeit erhielt. Die bedeutendste Streitkraft ist noch die Armee von Lyon; allein sobald die deutsche Ostarmee ihre Verstärkungen, das 2. preußische ArmeecorpS, voll ständig herangezogen hat, was in diesen Tagen der Fall sein wird, eröffnet auch sie in energischer Weise die Offensive gegen den Feind, der hier ebenso wenig wie anderswo standhalten kann. Allerdings steht zu erwarten, daß die französischen Armeen in nächster Zeit wieder Verstärkungen erhalten; allein diese können aus höchstens 100,000 Mann noth- dürftia einexercirter Rekruten bestehen, welche kaum den Verlust ausfüllen können, den die Armeen binnen Kurzem erlitten haben und noch erleiden werden. Da gegen verfüg! die deutsche Heerleitung nach dem Falle von Pari« über eine halbe Million Feldsoldaten, die den geschlagenen und in einzelnen Haufen zersprengten Feind mit Leichtigkeit bis in seine letzten Schlupfwinkel verfolgen können. Die französische Nation ist unberechenbar; es ist mithin leicht möglich, daß die Erwartung des deutschen Hauptquartiers nicht in Erfüllung geht, eS werde sich nach dem Falle von Paris eine Friedenspartei im Lande bilden, oder daß sie nicht stark genug ist, um eine erfolgreiche Pression auf die republikanische Re gierung auSzuüben. Wird aber die Fortsetzung de« Kriegs beliebt, so wird Frankreich doch in wenigen Wochen so geschwächt sein, daß es den Frieden unter jeder Bedingung erflehen muß. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Die patriotischen Unter- haltungSabende werden in dieser Woche noch nicht wieder beginnen, in nächster Nr. d. Bl. aber erfolgt Mittheilung darüber. — DaS heftige Schneegestöber in der "Nacht zum Freitag hat außer andern Wegen auch den über die Berreuther Höhe, ganz besonders auf der Kuppe derselben, in einen kaum passirbaren Zustand versetzt. Man wundert sich mit Recht, daß diese kleine Strecke am gestrigen Sonntage noch nicht gangbar gemacht war, wo die Passage doch eine viel stärkere als an anderen Tagen war. So gefährlich diese Strecke, besonders im Dunkeln, zu begehen ist, so ist es in noch höherem Grade der Fall, daß die dort endende Barriere, die übrigens jetzt fast im Schnee verborgen, nicht noch 10—15 Ellen (auf Berreuther Flur) weiter geführt ist, und man muß sich wundern, daß dort noch kein Unglück geschehen ist. Möchten doch beide Uebelstände recht bald beseitigt werden! — Ein großes Unglück konnte in voriger Woche auf der Eisenbahn zwischen Tharandt und Klingen berg geschehen. Der Abends 9 Uhr in Freiberg von Dresden aus eintreffende Güterzug war mittels zweier Maschinen ziemlich auf der mehrere Hundert Ellen langen Horizontalebene, die sich zwischen „Klingen- berg" und „Edle Krone" befindet, angekommen; da trifft d>e 14 zur Bedienung desselben kommandirten Schaffner das Unglück, daß der ganze schwer belastete Zug von den ihn ziehenden zwei Lokomotiven abreißt und Anfangs langsam, doch mit jeder Sekunde schneller auf der 1 zu 40 sich senkenden Bahn hinabrollt. E« war eine eisigkalte, mondhelle Nacht, fast steifgefroren saßen die Mannschaften bei ihren Bremsen; doch ver gessen sie, trotz des gewaltigen Schreckens, keinen Augenblick, die Schleifhölzer mit aller Macht anzuziehen, vermögen jedoch nicht, obgleich die Räder der gebremsten Wagen fest stehen und auf den Schienen rutschen, den Flug des Zuges zu hemmen. In der Ueberzeugung, daß hier ein Unglück unumgänglich und der ganze Zug unrettbar verloren sei, springen sieben Mann herunter und stürzen, ohne sich zu verletzen, in den zur Seite der Bahn befindlichen hohen Schnee; die übrigen sieben aber halten todesmuthig aus, sie drehen die Bremsen immer fester und fester, ihre Mühe aber ist umsonst; denn die Rückfahrt erreicht eine solche Geschwindigkeit, daß sie irgend einen zur Seite befindlichen Gegenstand nicht im Mindesten zu unterscheiden vermögen; die Finsterniß des Tunnels bei „Edle Krone" fliegt ihnen vorüber, als ob eine schwarzbekleidete Hand schnell dem Auge begegne. Kaum haben sie durch diesen Punkt Kunde erhalten, wo sie sich befinden, so sind sie auch schon in Tharandt, wo die auf dem Perron stehenden Beamten infolge des rapiden Vorbeisausens nicht erkennen, ob e« ein Personen- oder Güterzug ist. Aus der Ebene zwischen Tharandt und HainSberg nimmt die Geschwindigkeit allmählig ab, und am letzteren Orte bleibt der Zug, der die ganze Strecke, die an 40 Minuten Fahrzeit braucht, in 10 Minuten durch laufen hatte, endlich stehen! Mit dankbarem Herzen für die wunderbare, gnädige Errettung aus Angst und Schrecken, steigen die Männer schweißtriefend von den