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Weißerih-Zeitung «krnntworllichtr «r-actkur: Lari Zrl,nk in SippoMswalir. Dienstag. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle 24. Januar 1871. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die i Spalten-Zeil« Postanstalten. ' Psg- Amts- uud Allzcigk-Mt der Köviglichtn Vrnchls-Aemttr und Itqdträthe zu Dippotdiswatdt u»d /raueasttiv. Die Verkündigung des neuen deutschen Kaiserreiches ist erfolgt am 18. Januar durch die folgende Proclamation: An das deutsche Bolk! „Wir Wilhelm von Gotte« Gnaden, König von Preußen, verkünden hiermit: Nachdem die deutschen Fürsten und Freien Städte den einmüthigen Rus an Uns gerichtet haben mit Herstellung des Deutschen Reiches die seit mehr denn Kl- Jahren ruhende Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung des deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vorhergesehen sind, bekunden Wir hiermit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das ge- sammte Vaterland betrachten, diesem Ruse der verbündeten deutschen Fürsten und Freien Städte Folge zu leisten und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Demgemäß werden Wir und Unsere Nachfolger in der Krone Preußens fortan den Kaisertitel in allen Unseren Beziehungen und Angelegenheiten des deutschen Reiches führen und hoffen zu Gott, daß er der deutschen Nation gegeben sein werde, unter Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zu kunft entgegenzusühren. Wir übernehmen die kaiserliche Würde in dem Bewußtsein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die ge einte Kraft seines Volkes, zu vertheidigen. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß dem deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner heißen und opferwilligen Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu genießen, welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherung gegen erneute Angriffe Frankreichs gewähren. Uns aber und unfern Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer des deutschen Reichs zu sein, nicht in kriege rischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens, auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. Gegeben Hauptquartier Versailles, den 17. Januar 1871. Wilhelm." Diese Verkündigung wird nicht verfehlen, überall in Deutschland den freudigsten Eindruck, weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, in ganz Europa und selbst in andern Welttheilen, lebhafte« Aufsehen und Interesse zu erregen. WaS in dieser Proclamation uns mit besonderer Genugthuung erfüllt, das ist einerseits die Bezugnahme auf das Friedensprogramm gegenüber Frankreich, welchem Programm dadurch eine neue Sicherung und Verbrie fung de« unantastbaren Festhaltens an ihm zu Theil wird, andererseits die sogleich hinzugefügte Erklärung, daß das neue deutsche Kaiserreich seine Größe und seinen Beruf nicht in Eroberungen nach außen, sondern in Werken des Friedens, der nationalen Wohlfahrt, der Freiheit und der Gesittung suchen werde. Und so wird, walt's Gott! der 18. Januar 1871, an welchem hin lebenskräftige«, zur Abwehr ge rüstete«, aber selbst friedlich gesinnte«, nach innen durch die Bürgschaften der Freiheit und de« Fortschritte«, womit eö sich umgiebt, starkes deutsche« Kaiserlhum dem deutschen Volke und der Welt verkündet ward, in der Geschichte als ein Tag der Erfüllung wie der Ver heißung mit lichten Farben für immer verzeichnet stehen! Deutschlands und Frankreichs Wehrkraft. Mögen die französischen Gewalthaber auch noch so laut versichern, sie würden nicht eher da« Schwert in die Scheide stecken, bis alle Fremden vom französischen Boden vertrieben sind, — dem ruhigen, leidenschafts losen Zuschauer drängt sich immer intensiver die Ueber- zeugung auf, daß der Krieg mit raschen Schritten seinem Ende zueilt. Die französische Republik hat staunen«- werthe Anstrengungen in den letzten Monaten gemacht, aber alle die mächtigen Armeen, welche sie au« dem Boden stampfte, waren nicht im Stande, dem siegreichen Vordringen der Deutschen ein Halt zu gebieten; die drei Heersäulen, welche Gambetta organisirte, die Nord armee, die Westarmee und die Armee von Lyon, konnten Paris nicht entsetzen, — sie sind geschlagen; — die Bevölkerung der Hauptstadt, froh, daß die Schluß katastrophe endlich hereinbricht, wird nun jeden ferneren Gedanken eine« nutzlosen Widerstandes aufgeben. Diese lange gezwungene Ruhe vor Metz und Paris ist deutscherseits nicht unbenutzt geblieben. Mit ge schäftiger Hand wurden die Lücken auSgefüllt, welche die blutigen Tage von Weißenburg, Wörtb, Forbach und Gravelotte geschlagen, und jetzt ist die deutsche Armee bei Weitem zahlreicher als zur Zeit der Gefangen nahme Napoleon'S. Augenblicklich stehen in runder Summe 750,000 Mann Deutscher in Frankreich, und wenn man davon auch 150,000 Mann Landwehr und Ersatzmannschaften zur Besetzung der Etappenstraßen und der eroberten Festungen abrechnet, so bleiben doch noch immer 600,000 Mann Feldtruppen, die nach den Veränderungen, welche in jüngster Zeit innerhalb der einzelnen Armeeabtheilungen stattgefunden haben, folgen dermaßen gruppirt sind. Die Belagerungsarmee von Paris setzt sich zusammen auö dem 4., 5., 6., 11. und 12. norddeutschen Armeecorps (jedes durchschnittlich 32,000 Mann stark), dem preußischen Gardecorp« in gleicher Stärke, der