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— Das seit 2. Januar auch hier zum Stehen gekommene Treibeis ist in Folge bedeutenden Damm- wasserS mehrmals zusammengerückt und unterschoben. Eö sind sowohl hier, als in den unteren Elbgegenden, mehrfach nicht unbedeutende Eisaufhäufungen entstanden. Mehrere große Elbfahrzeuge sind durch die Gewalt des, zwischen beiden Brücken sich mehrmals in Bewegung gesetzten EiseS ein Stück von ihrer früher» Stelle mit fort» genommen, theilweise gehoben, beschädige und in ge fährliche Lagen gebracht worden. Berlin. Die jetzt vollständig vorliegende Depesche des Grafen Beust (s. vor. Nr.) trägt,in Inhalt und Form den Charakter rückhaltsloser Aufrichtigkeit, welche durch die Stelle, die den persönlichen Gesinnungen des Kaisers Franz Joseph gegen tas neue deutsche Reich Ausdruck verleiht, gewissermaßen eine feierliche Sanktion erhält. Die bezweckte gegenseitige Annäherung ist jedoch noch nicht zum Abschluß gediehen, und man erwartet, daß schon in nächster Zeit Graf Bismarck weitere Schritte in dieser Hinsicht thun werde. (Man schreibt auch bereits aus Wien vom 5. Januar, der österreichischen Regierung sei die Anregung eines erneuerten Meinungs austausches preußischer SeitS signalisirt, im Sinne einer thatsächlichen Annäherung Deutschlands und Oesterreichs.) Ein solches Bündniß wäre von unbe rechenbarem Werthe und eine weitere sichere Bürgschaft für den dauernden Frieden Europa's. — Ein baldiger Abschluß des jetzt tagenden preu ßischen Landtages ist, wie man erwartete, nicht wahrscheinlich, da außer dem Staatshaushalt-Etat noch viele neue Gesetze berathen werden müssen. — Am 9. Januar feierte der Kriegsminister v. Roon sein 50jährigeS Dienstjubiläum. Bayern. In Ingolstadt haben die dortigen Behörden die Aufhebung des Schulgeldes in den Volks schulen beschlossen. Dann hat das bayersche Kriegs ministerium die Generalkommandos und immobilen CorpscommandoS angewiesen, die im öffentlichen Lehr amte stehenden Wehrpflichtigen zur Uebernahme ihrer Lehrerstellen sofort zu beurlauben, wenn sie nicht Rekruten oder als Unteroffiziere und Canzleibeamte unabweisbar erforderlich sind. Frankreich. Die Regierung in Bordeaux ist schon in Geldverlegenheit; sie fordert die Bewohner des Landes auf, die jährlichen Steuern und Leistungen so viel als möglich, voraus zu entrichten, um die Regierung bei Erfüllung der schweren Forderungen, welche der Krieg stellt, zu unterstützen. Neuere Nach richten melden jedoch, daß namentlich die französischen Bauern sich weigern, die Steuern und Kriegsconlribu- tionen zu bezahlen. Die durch den Unterhalt der mobilisirten Nationalgarde dem Volke auferlegten Lasten erzeugen lebhafte Unzufriedenheit. Auch ist die Ein lösung der fälligen französischen Rentencoupons sehr zweifelhaft. Pariser Nachrichten bestätigen, daß sich Klagen erheben gegen die Langsamkeit Trochu'S, die man als Unthätigkeit bezeichnet; auch unter den Mitgliedern der Regierung werden solche Klagen laut. Viele Journale sprechen sich lebhaft aus für tägliche energische Operationen. Man befürchtet VolkSmanisestationen, und wenn Trochu nicht bald handelt, werde er gestürzt werden. Namentlich seit der Räumung des Mont Avron fühlt man sich in Paris äußerst unbehaglich; man sieht in der Aufgabe dieser wichtigen Position das Vorspiel zu einer Capitulation. Vom Kriegsschauplätze. Die Beschießung der Forts von Paris, welcher die der Hauptstadt selbst baldigst folgen wird, hat nun ernstlich begonnen. Am 5.Januar haben die vor der Süd front errichteten Batterien die Forts Jssy, BanvreS und Montrouge, sowie die Verschan zungen von Villejuif, den Point-du-jour und Kanonenboote (auf der Seine) beschossen. Gleichzeitig erfolgte die kräftige Beschießung der Nord- und Ost front, und zwar unter sehr günstigem Erfolge, trotz starken Nebels, in den sich das anfangs herrliche Winterwetter (bei 9 Grad Kälte) verwandelt hatte. Auf der Ostfront standen Sachsen und Preußen; auf der Südfront daö zweite bairische und mehrere preu ßische Corps. Der diesseitige Verlust am 5. Januar betrug 4 Mann todt, sowie 4 Offiziere und 11 Mann verwundet. Vom 7. Januar wird gemeldet, daß namentlich die Beschießung der Südforts mit Erfolg fortgesetzt und bereits die ForlS Jssy und BanvreS am 6. Januar zum Schweigen gebracht wurden. Auch gegen die übrigen Forts (auf der Ost- und Nordseite) wurde das Feuer mit guter Wirkung fortgesetzt. — Am 6. Januar war die Kälte von 9 Grad auf 1 Grad Wärme gestiegen; Tags darauf 7 Grad warm und schöner Sonnenschein. Von der Nord-Armee meldet General Man teuffel, daß am 4. Januar von Rouen aus unter General v. Bentheim die Franzosen in Monlinaux-La- lond überfallen wurden, wobei 8 Offiziere und 600 Mann unverwundet zu Gefangenen gemacht und 4 Ge schütze und 3 Fahnen genommen wurden. Die zurück geschlagene französische Nordarmee (unter General Faidherbe) befindet sich im Rückzüge auf Arras und Douay. Neueren Nachrichten aus Lille zufolge, be findet sich das französische Hauptquartier in BoiSleux. Der Verlust der französischen Nordarmee wird auf 4000 Mann geschätzt. Ferner wird von demselben Kriegsschauplätze vom 5. Januar gemeldet: Ein Handstreich auf Rocroy (3 Meilen nordwestlich von Mezieres, an der belgischen Grenze) ist gelungen: die Festung hat capitulirt. Sie wurde am 6. Januar von preußischen Truppen besetzt, 300 Gefangene gemacht, 72 Geschütze, 1 Fahne und viele Waffen erbeutet, sowie bedeutende Vorräthe von Munition und Lebensmitteln vorgefunden. Auch wurden 8 deutsche Gefangene befreit, darunter 2 als Spione festgehaltene Preußen. Schon am 2. und 3. Januar fanden blutige, aber siegreiche Kämpfe vorgeschobener Abtheilungen der Nordarmee bei Bapaume statt. Die Angriffe über legener feindlicher Massen von Mittags bis Abends wurden abgewiesen und 260 Gefangene gemacht. Unter Prinz Albrecht (Sohn) behauptete sich in 9stündigem Kampfe (am 3. Jan.) die 15. Divisson gegen 2 feind liche Armeecorps, wobei unsere Truppen 2 Dörfer mit dem Bajonnet nahmen und wieder einige Hundert Ge fangene machten. Nach außerordentlichen Verlusten trat der Feind den Rückzug an, auf dem er durch die verfolgende Cavalerie wieder Gefangene verlor. Von unserer Südarmee wird gemeldet, daß beim General v. Werder am 6. Januar südlich von Vesoul verschiedene Vorpostengefechte stattfanden, in welchen derselbe 200 Gefangene machte. — Die franzö sische Armee unter Bourbaki, Garibaldi'S Schaar und