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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann.* .V 241 Erscheint mit Au«»ahme der S,»n- »nd Festtage täglich Abend« i«d Ist durch alle P-staastalte» z, beziehen. Dienstag, den 16. October. Prell fstr da« Merteljahr 1^ Thaler. Znsertioa«. Brdthre» fstr de« N»»m ei»er gespalte«»« Zelle I Reagrasche«. 18SS Amtlicher Theil. Verordnung die Zählung der Bevölkerung und Ausnahme einer Production-- und ConsumtionSstatistik betreffend, vom 10. Oktober 1855. In Gemäßheit der in Artikel 22 der Aollvereln-verträge vom 30. März 1833 und vom 4. April 1853 enthaltenen Bestimmungen und der zwischen den Aollverein-staaten zu Ausführung derselben getroffenen Verabredungen ist im Jahre 1855 wiederum eine Volkszählung zu veranstalten. Mit derselben soll, da nach einer anverweiten Vereinbarung der AollvereinSstaaten in diesem Jahre auch wieder zu Aufstel- lung einer Zollvereins-Gewerbestatistik zu verschreit«« ist, die Sammlung von Angaben über Production undCon- sumtlon im Gebiete der Land- und Forstwirlhschafl, der Gewerbe und deS Handels verbunden und deshalb auch die regelmäßige Viehzählung ebenfalls im December ver anstaltet werden. Au diesem Ende wird verordnet wie folgt: S 1. (Zeit und Gegenstand der Volkszählung.) AlS Normaltermin für die Volkszählung ist der 8. December Z8ZA dergestalt anzusehen, daß die Ausfüllung der Listen jeden falls an diesem Tage zu beginnen hat und wo möglich zu beendigen ist. Zu zählen sind alle Personen, welche am 3. December 1855 in irgend einem Orte deS Königreichs betroffen werden, gleichviel ob In- oder Ausländer. Wo es auf genaue Zeitbestimmung ankommt, dient der Anfang d,S bürgerlichen Tages zum Anhalten und sind daher alle in der Nacht vom 2. zum 3. December erst nach Mitternacht Gebornen nicht mikzuzählen, wohl aber di« erst nach diesem Zeitpunkte Gestorbenen. Durch reisende werden da gezählt, wo sie die Nacht vom 2. zum 3. December zugebracht haben. S- 2. (Haushaltungslisten.) Di« Ausführung der Volkszählung erfolgt durch bi« Bewohner selbst dergestalt, daß durch die OrtSobrigkeit an jedes Hau» die erforderliche Zahl von HauShaltungS- listen gegeben wird, welche durch den Hausbesitzer oder Ad ministrator spätestens bis 2. December 1855 an die Haus haltungen — d. h. an alle Miethpartheien, welche direkt ermiethrte Wohnungen inne haben — zu vertheilen und vom Vorstande der Haushaltung in Gemäßheit der auf der Liste abgedruckten Erläuterungen am 3. December gewissen haft auSzufüllen sind. Dabei sind die Nachweise über Per sonen oder Haushaltungen, welche in Aftermiethe wohnen, von den Vorständen derjenigen Haushaltungen zu geben, von deren Wohnung jene einen Theil ermiethet haben. Wohnt der Hausbesitzer oder Administrator im Hause, so hat er auch für seine Haushaltung eine Haushaltungsliste in gleicher Weise auszufüllen. §. ». (Wohnungen.) Neben den auf den Personalbestand der Haushaltung bezüglichen Angaben sind auf jeder Haushaltungsliste auch die über Größe und Beschaffenheit der Wohnung und über die Mobiliarversicherung gestellten Fragen durch den Vorstand der Haushaltung, beziehendlich zugleich mit für die Aftrr- miether, zu beantworten. Da die wachsende Dichtigkeit der Bevölkerung rücksichtlich der Wohnungen und die überhand nehmenden Brände rücksichtlich der Versicherungen di, Er langung möglichst richtiger Übersichten zu einem Bedürf nisse für die Verwaltung machen, so wird wahrheitsgetreue Angabe der Thatsacben mit Bestimmtheit um so mehr er wartet, als nach §. 7 gegenwärtiger Verordnung die Be- sorgniß einer Benutzung der Jndividualangaben zu Be- steuerungSzwecken ausgeschlossen Ist. §. 4. (Hauslisten. Gebäude.) Jeder Hausbesitzer oder an Stelle de« Letzter» jeder Administrator oder Pächter, bei Staats-, Gemeinde-, Kirchen- und Stiftungs-Gebäuden die verwaltende Behörde, erhält für ledes mit besonderer Branbkatasternummer versehene Gebäude durch die Obrigkeit eine HauSliste. Spätestens bis 5. December sind die Haushal- tunqSlisten von sämmllichen im Gebäude wohnenden Haus haltungen durch den Hausbesitzer oder Administrator (Päch ter) oder di« betreffende Behörde einzusammeln, durchzusehen und auffallende Jrrthümer darin zu berichtigen. Darauf ist die auf der HauSliste angebrachte Eontroltabelle auSzu- füllen. Wie auf den HaushaltungSlisten die Angaben über die Wohnungen, so sind auf den Hauslisten die auf die Lage, Beschaffenheit und Bestimmung der Gebäude bezüglichen Angaben zu bewirken. Die HauSlisten sind vom Hausbesitzer oder dessen Stell vertreter, der sich dabei als Administrator oder Pächter zu bezeichnen hat, oder der verwaltenden Behörde zu unter zeichnen und nebst den sämmllichen HaushaltungSlisten an die Ortsobrigkeit zurückzugeben. §. 5. (Extralisten.) Für Anstalten von zahlreichem Personalbestände werden den Besitzern, Direktoren oder Administratoren besondere sogenannte Ertralisten auSgehändigt, in welche lediglich diejenigen Bewohner einzutragen sind, welch, nur vorüber gehenden freiwilligen oder unfreiwilligen Aufenthalt in der Anstalt haben, also in Gasthäusern in Erziehung-- und Lehran stalten in Heilanstalten in BersorqungSanstalten . . in Armenhäusern . . . . in Gefängnissen und Strafan stalten in Casernen Diese Extralisten, sammt den die Fremden, di« Pflegling« ».Zöglinge, die Kranken, die Versorgten, die Armen, die Gefangenen, die unverhetrathrten Mili- tärpersonen ausschließlich aller Offikiere. auf einigen derselben be ¬ findlichen besonder» Fragen über Armen- und Gefängniß- wesen sind von den Besitzern, Administratoren und Di ¬ rektoren der betreffenden Anstalten selbst auSzufüllen und zu unterzeichnen. Dagegen sind die auf die im Gebäude selbst dauernd wohnenden Besitzer, Beamten und Angestellten aller Grade — in den Casernen auf die verheiratheten Unteroffiziere, sämmtliche Offikiere und Casernenbeamten — bezüglichen Angaben auf gewöhnlichen, seiner Zeit «inzusammelndrn HaushaltungSlisten zu bewirken. 6. (ProductionSstatistik.) Außer den auf dir Volkszählung bezüglichen Listen wird wegen der aufzunehmrnden ProductionSstatistik und der Vieh zählung gleichzeitig durch die OrtSobrigkeit ») einem jeden Grundbesitzer, welcher abgesehen von dem Besitze eines oder mehrerer Ge- bäude, Feld, Wirsen, Obst- oder Gemüsegärten, Weinberge oder Wald besitzt: eine ViehzählungSlistr und ein landwirthschaftlicher Fragebogen, i>) jedem Gewerbtreibenden, d. h. jedem Fabrikan ten, Fabrikverleger, Factor und Verkäufer, »tablirten zünf tigen oder unzünftigen Handwerker und mechanischen Künstler ein gewerblicher Fragebogen und zwar jedem Müller, Bäcker, Fleischer und jedem ein typographisches Gewerbe Treibenden einen der für diese Gewerbe besonders bestimmten Fragebogen, c) jedem Kaufmann . «in HandelSfragebogen auSgehändigt. In die ViehzählungSlisten ist durch jedem Vieh- besitz« der Viehstand an dem Tage der Ausfüllung ge wissenhaft einzutragen oder der Mangel eines solchen durch vscst zu bemerken. Die auf den verschiedenen Fragebogen befindlichen Fragen, welche sich auf den Geschäftsbetrieb deS Jahre- 1855 beziehen, und deren Beantwortung in der Hauptsache die Resultate dieses ProductionSjahreS enthalten soll, sind zwar zunächst der gewissenhaften Beantwortung jedes Einzelnen nach Anleitung der auf den Fragebogen selbst gegebenen Erläuterungen anheimgegeben, doch erwartet man von der Einsicht der Verwaltungsbehörden, der Gemeindevorstände, der landwirthschaftlichen und gewerblichen Vereine, der JnnungSvorständ« so wie der intelligenteren Lanbwirthe und Gewerbtreibenden, daß sie die Absicht der Regierung, zu einer Uebersicht der im Lande vorhandenen Produktionskräfte, und der Brutto-Production der hauptsächlichsten Produktions zweige, deren sie nach den verschiedensten Richtungen hin bedarf, um die Interessen der Production den wirklich statt findenden Verhältnissen gemäß wahrnehmen zu können, dadurch unterstützen worden, daß sie in ihrer Umgebung so viel al- möglich auf die richtige Beantwortung der gestellten Fragen wirken, weniger Geübt« dabei unterstützen und jede Anfrage Einzelner bereitwillig beantworten- S- 7 (Zusicherung der Nichtbenutzung zu Steuer zwecken.) Obgleich au- den gestellten Kragen sofort ersichtlich ist, daß deren Beantwortung auf die eigentliche finanzielle Lage de« einzelnen Geschäft- keinen Schluß gestattet, und obgleich daher die Besorgniß Einzelner, al- ob die gemachten An gaben unmittelbar zum Zweck der Besteuerung des Einzelnen oder sonst einem auf den Einzelnen bezüglichen Zweck« ge braucht werden könnten, dem Aufmerksamen von vorn herein alS ungegründet erscheinen muß, wie eS denn auch der Re gierung bei dieser Erhebung gar nicht um Kenntniß der Lage Einzelner, sondern um eine Uebersicht der Gesammt- läge ganzer Produktionszweige zu thun ist, so giedt doch da- Ministerium deS Innern hiermit die ausdrückliche Zu sicherung, . daß di« Jndividualangaben über Wohnung, Ver sicherung, Production, Handels- und Gewerbedetrieb, welche bei dieser Zählung erlangt werden, in keiner Weise zum Zwecke der Besteuerung d,S Einzelnen oder irgend einer andern den Einzelnen betreffenden DerwaltungSmaßregel, viel mehr ausschließlich für die Zusammenstellung der Gesammt- resultare durch da- statistisch« Büreau benutzt, daher auch, so lange nicht die betreffenden Personen selbst darauf sich beziehen, andern, als den mit Ausführung der VolkSzäh- Vorlesunqen. Dresden, IL. Oktober. Den Freunden gediegener wissen schaftlicher Borträge, die das Element geistiger Anregung mit de« der Belehrung lebendig und interessant verbinden, wird eS lieb sein, zu erfahren, daß am morgenden Dienstage (d. 16. Oct., AbendS von 7 bis 8 Uhr) vom Professor vr. Hettner in der hiesigen Kunstakademie seine Vorträge über die Kunstgeschichte beginnen und im Laufe d«S Winter» an dem genannten Wochen tage fortgesetzt und für die- Semester der alten Kunst gewidmet werden. Bekanntlich wurde Hettner von Jena nach Dresden al» Direktor de» Antikencabinet» und MrngS'schen Museum» be rufen und der beklagen-werthe Tod deS vielverehrten Kunst. ken«er», de» Geh. Hofraths vr. Schulz, veranlaßte bei ihm die Uebernahme der sonst von dem Dahingrschiedenen abgehaltenen Vorlesungen. Obgleich dieselben der Natur der Sache nach durchau» für da» akademische Studium berechnet und eingerichtet sein müssen, so werden sie doch für Jeden, der die ebenso wissen- schaftlich werthvollen al» geistreich und fein durchgeführten ästhetischen und archäologischen Schriften Hettner'» kennt, eine über die Grenzen der Akademie hinauSgehende Anziehungskraft nicht verfehlen. Zugleich mache ich darauf aufmerksam, daß auch in der Aula der polytechnischen Schule zum Besten de» für verdiente Schüler bestimmten Reisestipendium» von mehren, Professoren, theil» br- kanten Männern der Wissenschaft, zahlreiche Vorträge über ver schiedene, der Sphäre jene» Institut» naheltegende Themen ge halten werden. Die beiden nächsten Vorträge finden am 2d. Ort uttd b. November Abend» 7 Uhr statt. Im ersten wird Prof. Feuilleton. Hülße über Holzwaarenindustrie, im zweiten Prof. Schubert über die Heizung bewohnter Räume sich auSsprrchen. Wo eS dem Zwecke förderlich ist, werden zur Erläuterung Vorzeigungen auS den Cabineten der Anstalt stattfinden. Sowohl die akademi schen alS die polytechnischen Vorträge find dem Publicum zu gänglich. (Bgl. in der Beilage.) Otto Vanck. Die orientalische Krag». Geschichtlich entwickelt von A. LH- I. (Fortsetzung au« Rr. 2-4.) Nicht allein Friedrich der Große hatte zu seiner Zeit die Er haltung der Türkei als ein LetenSprincip für Eurapa bezeichnet; der groß« gleichzeitige Lord Chatam war derselben Ansicht, aber nur für die britischen Interessen; in Frankreich wichen von diesen, Liede nur einzelne Stimmen ab (Voltaire, Gouffier Ehoiseul). Europa und britische Interessen ist nach englischer Anschauung genau genommen dasselbe; denn Europa ist nur England» Halter da und auf gleiche Weise ist nun di« Türkei Europa» halber da. Also dir Türkei ist da» Fußgestelle, Europa darauf die Bildsäule au» korinthischem Erz und England da» Jch dieser Säule. Wer da» nicht begreifen kann, den bitten wir, e» wenigsten» gehorsamst zu glauben, daß e» so ist. Orientalische Frage ist also: Wie fest und dauerhaft ist da» Fußgestelle, worauf di« occidentalische keusche Jungfrau Europa nach allen kunstgemäßen Regeln de» Gleichgewicht» stehtf Die Türkei, Grund und Boden de- Gleichgewichts, ist aber dem größer» Publikum weniger bekannt, al» Holland oder die Schweiz. Man stellt fich vielleicht jene» Reich al» einen unerschütterlichen Granitfelsen vor, gleich jenem, auf welchem in St. Petersburg die Reiterstatue Peter'» de- Großen prangt. So will es »ir nicht Vorkommen, sondern der türkische Staat ist, neben einem europäischen Staat-gebäude, ein Haufen unbehauener Steine, von denen manche die Gestalt einer Mauer darstellen, wie wir fie in Deutschland mit dem gemeinen Namen einer Steinritsche belege« , oder es ist ein Aggregat von Ländern und Völkern, die weder einen geographischen noch aeseüschastiicheu Zusammenhang unter einander H-H-P. Ein Stack Europa, Kleinasien, Syrien und Aegypten, theil» durch eine Landenge verbunden, theil» durch Wasserstraßen getrennt, durch hohe Berge und Wüsten in seiner inner» Verbindung gehemmt, unzählige Insel», aber von höchster Schönheit und Fruchtbarkeit, da- ist Vie Türkei, dercu Jnlcgriläi in vielen Köpfen, aber schwerlich in d« Rat« der Lütge vor handen ist. Auch die Bewohner find <m» den verßhicdcnsten Stämmen zusammengewürfelt und liegen neben- und über einander ohne Ordnung, oha« gesellschaftliche Lntnsickrlung, ohne ein andere» Gesetz, al» welche» gerade der erst» beste Türke ihnen vorschrribt. Urbrr die Anzahl der Bevölkerung genüge folgende Bemerkung. Ich führte im Jahre 1846, wo ich einen Theil der Türkei bereifte, den weimarischeu Kalender mit mir und fand regelmäßig die dort angegebenen Zahlen der Stsidterinwohner um zwei Drittel geringer. Au» den sorgfältigsten Erkundigungen zeigte e» fich jedoch bestimmt, daß die Ütrk« die kleinere Anzahl «»»machen. Aber fie find die Herren, betrachten alle Nichttürken al« Knechte und können mit Horry au«rnfen: noanern, »umu5 et trug« cooiumere nnü, da» heißt zu Deutsch: Wir stnd 'M, um di« Früchte Anderer zu genießen u. uasrrn Leib zu pflegen.