Volltext Seite (XML)
Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartman». Nichtamtlicher Thcil. Nedrrsjcht. Lagetgeschlchte. Telegraphische Nachrichten au« Wien. — Dretben: Bom königlichen Hofe. Land tagsverhandlungen. — Wien: Dir ablehnenden Antwor ten der Westmächte. Der Schluß drr Conferenzen er wartet. Vermählung de« Fürsten Schönburg. Di, Oester- rrichische Zeitung über die Lage. — Berlin: Die Reise des Königs nach dem Rhein soll unterbleiben. Die Kaiserin von Rußland wird nicht zum Besuch erwartet. Polizeiliches. Das Befinden de« König«. Vermischtes. — Au« Kvrhrssen: Die Bersaffungsangelegenheit. — Gotha: Die Beschwerde der Ritterschaft betreffend. — Eisenach: Drr Graf von Pari« hat Eisenach nicht verlassen. — Hamburg: Verhaftung wegen englischer Werbung. — Pari«: Der König von Portugal. Ver- theilung von Druckschriften in der Ausstellung. Ver mischtes. — Brüssel: Die legislative Session geschlos sen. — Madrid: AwanqSanleihe. Die Aufrührer. — London: Vom Hof,. Herr v. Persigny. Die Zusam mensetzung der französischen Gesandtschaft. Die Time« gsgen Rußland. — Stockholm. Diplomatische Er nennungen. — St. Petersburg: Organisirung der , Reichswehr. — Au« der Krim: Dir neueste Depesche des Generals Pälissier. Die Expedition nach Kertsch. Nachrichten vom englischen Heere. Dir Bedeutung der neuesten Kämpfe vor Sedastopol. L«idtaG<ver-a»»luuste«. Local- uud Provinzialangelegenheite«. Dresden: Der sächsische Advocatenverrin. Geometrische Arbeiten in der Neustadt. — Leipzig: Au« der letzten Sitzung der Stadtverordneten. —Chemnitz: Feuer. — Lawalde. Verhaftung wegen Theilnahme an einer Mordthat. Feuilleton. Anzeige«. Börsenaachrichtr». .V >28 Arschriut mit A»«aahme der Soun« und Festtage täglich Abend« »ad ist durch all« Postaistaltr» zu beziehe». Mittwoch, den 6. Juni. Preis fstr da« Vierteljahr Thaler. Insertion» - Gebühre» fstr den Sl»»m einer gespaltenen Zeile 1 Nengroschr». 185S Amtlicher Lheil. DreSde», W. Mai. Seine Majestät der König haben bei Gelegenheit Allerhöchstihrer Anwesenheit an dem groß herzoglich sächsischen und den herzoglich sächsischen Höfen, folgenden Personen den Albrechtsorden zu verleihen geruhet, und zwar: da« Großkreuz: dem herzoglich meiningischen Oberstallmeister, Freiherrn von Erffa, dem herzoglich alt,ndurgischen Oberstallmeister von Ser dach, und dem herzoglich roburgischen Oberstall- mrister, Generalmajor und Kammerherrn von AlvenS- leben, da« Comthurkreuz Istrr Classe: dem herzoglich meiningischen Hofmarschall und Kammerherrn Freiherrn von Spess Hardt und dem herzoglich robur- gischen Hofmarschall und Kammerherrn von LöwenfelS, da« Comthurkreuz ilter Classe. dem großhrrzoglich weimarischen Hofstallmeister, Kammer herrn und Major, Freiherrn von und zu Egloffstrin und dem herzoglich alt,ndurgischen Hofmarschall, Major von Seebach, sowie * das Ritterkreuz: dem herzoglich altenburgischen Finanzrath, Kammerherrn und Stiftsprobst, Freiherrn von Ziegesar. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. Wien, 4. Juni, Abends. Die hiesigen Conferenzen über die orientalische Krage find in einer beute Nach mittag stattgehabten Sitzung definitiv geschlossen worden. Dresden, 5. Juni. Ihre Majestäten der König und die Königin haben mit Allerhöchstihren Prinzessinnen-Töch- tern heute da« Hoflager zu Pillnitz bezogen. — Die erste Kammer hat heute in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der jenseitigen Kammer das Erpro« priationsgesetz für die Leipzig-Weißenfelser und die Leipzig- Bitterfelder Eisenbahn genehmigt und sodann die Berathung der Landtagsordnung fortgesetzt. In der zweiten Kammer befand sich heute der Bericht der Finanzdeputation über die den Ankauf des ehemaligen Cosel'schen Palais für die Po- lizeidirection in Dresden betreffende Position deS außer ordentlichen Ausgabebudget« auf der Tagesordnung. Die Kammer hat nach einer lebhaften Debatte schließlich das von der Regierung verlangte Postulat in Höhe von 74,500 Thalern nach dem Vorschläge ihrer ^Finanzdeputation bewilligt. -4- Wien, 3. Juni. Die Rückantworten der West mächte auf die Friedensvorschläge Oesterreich« sind also nun ring,troffen und, wie vorauSgesagt worden, verneinend aus gefallen. Die Conferenzen hier sind damit tatsächlich zu Ende, und nur eine Art Schlußsitzung wird morgen auf Ver langen unser« Cabinet« stattfinden, um diese letzten Vermit telungsversuche und ihr erfolglose« Resultat in den Protokollen zu constatiren. (Vgl. oben die telegr. Dep.) Wa« nun weiter geschehen dürfte? Oesterreich wird unter den be stehenden Verhältnissen schwerlich wieder die Initiative er greifen, und von Rußland sind neue Frirdenövorschläge, wenn sich nicht die ganze Kriegslage überhaupt ändert, sicher nicht zu erwarten. Der Kampf wird also in der Krim fortrasen und vielleicht bald auch nach Bessarabien ver pflanzt werden, bis eine blutige Entscheidung neue Unter handlungen nothwendia machen wir^. Oesterreich aber wird auch in diesem Falle ein gewichtiges Wort bei der schließ lichen Entscheidung der Dinge behalten und sich sicher dabei von seinen Rutschen Bundesgenossen unterstützt sehen. — Heute fand hier di« Vermählung b,S zum k. k. Gesandten in Karlsruhe beförderten Fürsten Schönburg-Hartenstein mit der Prinzessin Karoline von Liechtenstein, Tochter deS re gierenden Fürsten, mit allen dem hohen Range der beiden Fürstenhäuser entsprechendem Glanze statt. Wien, 4. Juni. Die „Oest. Ztg." meint heute, e« dürfte nicht schwer zu beweisen sein, daß der letzte der vier Punkte in der orientalischen Frage viel schwerer wiege, als der dritte, und den Einfluß, die indirekte, aber deshalb nicht geringe Macht Rußlands auf den Orient weit empfindlicher treffen müsse, wie die Beschränkung der russischen Flotte im schwarzen Meere auf eine gewisse Anzahl von Schiffen. Einige russische Linienschiffe im PontuS mehr oder weniger würden die Gefahr nicht abwenben; einen bessern Damm gegen dieselbe finde man im vierten Punkte. Und deshalb sei eS bedauerlich, daß die Conferenzen bereits am dritten scheitelten. „Die Expedition nach der Krim — sagt die „Oest. Ztg." sodann weiter — konnte in ihrem Gelingen eine bedeutungsvolle Episode deS großen Kampfes werden, zum Hauptmoment durfte man sie nie erheben. Dir West mächte sind drr Ansicht, daß es ihr Ansehen nach Außen erfordere, daß si, ,S ihren Völkern gegenüber schuldig sind, jenes Unternehmen zu einem siegreichen Ende zu führen. DaS Interesse einer dauernden Regulirung der Frage, für die Oesterreich eingestanden, tritt bei ihnen im gegenwärti gen Augenblicke in den Hintergrund. Nur Kurzsichtigkeit und Leidenschaft mögen sich in den Anklagen von Unent schiedenheit und russenfreundlicher Achselträgerei gegen die österreichische Politik gefallen. Oesterreich hat die vier Punkte al« untrennbare« Ganze erklärt und wird sein Wort zu lösen wissen. E« hat aber auch zur Genügt bewiesen, daß kein Mittel unversucht gelassen wurde, Europa vor den Drangsalen d,S Krieges zu bewahren, und «S wird in seinen Bestrebungen fortfahren. Die Pflicht Deutschland- ist »S nun, den Kaiserstaat darin mit aller Kraft zu unterstützen. Ein fester Anschluß an denselben wird den Krieg unmöglich machen." H Berlin, 4. Juni. Obwohl im Befinden Sr. Maj. de« König« so weit Besserung «ing,treten ist, daß Aller- höchstderselbe die Vorträge der Minister bereit« wieder ent gegen nimmt, so ist nach neuesten Bestimmungen die Reise nach dem Rhein doch wieder aufgegeden uns nur die nach Erdmann-dorf in Schlesien fest angesetzt worden. Die Kaiserin von Rußland kommt, obgleich etliche Correspon- venten da« Gegentheil zu wissen vergeben, im Laufe dieses Sommer« bestimmt nicht nach Berlin; selbst wenn sich Allerhächstdieselbe während de« Wilwenjahre« zu einer Reise hierher entschließen könnte, so wird ihr eine solche durch ihre gegenwärtig höchst angegriffene Gesundheit geradehin unmöglich gemacht. — Nach einem neuerlichen Ueberein- kommen ist e« den Polizeibehörden verstattet worden, nörhi- genfall« auch Postwagen auf ihrer Fahrt zu sistiren und eventuell Verhaftungen inculpirter Reisender vorzunehmrn. Berlin, 5. Juni. Der heutige „St. A." meldet au« Potsdam vom 4. Juni: Da« Befinden Sr. Majestät deS Königs war auch am gestrigen Tage anhaltend gut; der zu erwartende Fieberanfall hatte sich nicht wieder eingestellt, und auch heute befinden sich Se. Majestät den Umständen nach wohl, so daß Allerhöchstdieselben die Vorträge »ntge- gennehmen werden. — (B. Bl.) Ihre k- Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Karl von Preußen kehrten heute von Sagan hierher zurück. — Der Herr Ministerpräsident Freiherr v. Manteuffel begab sich heute Mittag zu Sr. Majestät dem König nach Potsdam. — Oberst v. Olberg befindet sich seit einigen Tagen in Berlin. — Der k. preußische Consul zu Galacz und Braila, Ritter Meroni, der sich während der russischen Okkupation längere Zeit in Bukarest aufgehalten, seit Anfang deS JahreS 1854 bis jetzt im Auftrage der preußischen Regierung eine Mission nach Serbien hatte, ist, au« Belgrad kommend, heute in Berlin ringetrvffen. Sein Aufenthalt in unsrer Hauptstadt dürfte indeß nur rin kurzer sein, da drr Ritter Meroni, dessen Gesundheit sehr gelitten haben soll, bevor er sich auf seinen Posten begirbt, noch «ine Badecur gebrauchen wird. O Aus Kurhrffen, 3. Juni. Wie allgemein behauptet wird, beabsichtigt die Regierung den neu rindrrufrnen Ständen die Verfassung von 1852 mit mehrern die An träge der letzten Stände»,rsammlung berücksichtigenden Ab änderungen zu reproponiren, und »S scheint dann allerdings, wenn man den bisherigen Gang der Verfassungsangelegen heit sich vergegenwärtigt, Aussicht vorhanden, daß ,S noch zu einer Vereinbarung kommen werde. Der Verfassungs ausschuß der zweiten Kammer der vorigen Ständeversamm lung hatte sich nämlich in dem vom Professor Ilse ver faßten Berichte in der Hauptsache mit der Auffassung der Regierung einverstanden erklärt, indem unter Andern» der Da» Stelldichein. Von I. T»rshe»e». *) Ich saß im Herbst, etwa um die Mitte des September«, in einem Birkenwäldchen. Vom frühen Morgrn an war rin feiner Regen gefallen, der dann und wann warmen Sonnenstrahlen Platz «achte; ,« war sehr veränderkichr« Wetter. Der Himmel umzog flch bald mit lockern, weißen Wolke«, bald war er auf Augenblicke wieder stellenweise frei und dann schien durch die auseinandrrgewehten Wolken drr Azur mild und rein, wie ein schönes, kluge« Auge. Ich saß und blickte um mich und lauschte. Die Blätter lauschten leis» über meinem Haupte; an ihrem blosen Rauschen konnte man erkennen, wa« e« gerade für Wetter war. Das war nicht da« heitere, lächelnde Wehen de« Frühling«, nicht da« leis» Geflüster, nicht da« lange Gespiäch de« Sommer«, nicht ds» schüchterne und kalte Geli«pel de« Spätherbst»«, sondern rin kaum hörbare«, schlaftrunkene« Geplauder. Kaum strich der matte Wind über dir Baumgipfel dahln! Da« Innere de« vom Regen feuchten Walde« veränderte fortwährend sein Au«sehen, je nachdem ob dir Sonne schien oder von de« Wolken verhüllt »ar; du« eine Mal war ganz durchleuchte«, als ob plötzlich Ußch k« ihm lächelte und aufathmetr: die dünne« Stämmchen der «ßcht zu dicht stehenden Birkm «ahme« -twermuchei den zarten Wgluuz der weißen Seide an, dir auf der Erde liegenden »lättchchsu leuchteten in den buntesten Farbe« und funkelten wie WütutMigold, während die schönen Stämmchen der hohen, ge- *) Aus drffrn Werk: „Au« dem Tagebuch« eine« Jäger«" (o^. Nr. lbs). Feuilleton. flederten Karrenkräuter, die schon mit herbstlicher Karbe, einer überreifen Weintraube nicht unähnlich, geschmückt sind, duftig durchscheinen und sich vor den Augen fortwährend in einander verwickeln und durchkreuzen ; — auf einmal überzieht stch wieder rundum Alle« wie mit leichtem Blau: die Hellen Karben find augenblicklich erloschen, die Birken stehen alle weiß und glanzlo« da, weiß wie ganz frisch gefallener Schnee, den der kalte, spielende Strahl drr Wintersonne noch nicht berührt bat, — und arglistig, wie au« einem Hinterhalt hervor, fängt der feuchte Regen an, sich über den Wald auSzusäen und zu rauschen. Da« Laub an den Birken war noch fast grün, obgleich e« sichtbar abgedlichen war; nur hier und da stand eine junge Birke im tiefsten Roth oder im reinsten Golve, und da hätte «an sehen müssen, wie sie hell in der Sonne erglühte, wenn di« Strahlen derselben unver- muthrt darüber hinwegglitten oder durch da« soeben vom Regen durchfeuchtete Gewebe ihrer dünnen Zweige spielte. Kein Vogel ließ sich hören: alle halten flch geborgen und schwiegen ; nur dann und wann erklang wir rin stählerne« Glöckchen da drollige Stimmchen drr Kohlmeise. — Bevor ich in diesem virkenwäldchen anhirlt, hatte ich mit meinem Hunde einen hohen Tannenhain durchschritten. Ich muß es gestehen, ich liebe diesen Wm« nicht besonder« — dies« Tannen mit ihren blaß-Iilla Stämmchen und ihre« grau-grünen, metallähnlichrn Laube, welche« st« so hoch al« möglich erheben und, einem zitternden Fächer gleich, in der Lust au«spreiz«n; ich lieb« auch nicht da« ewige Schwanken ihrer runden, unwinlichen Blätter, die nicht allzu geschickt an ihr« langen Stengel ««geheftet find. Di« Tanne ist nur an gewiffrn Sommerabeadrn schön, wenn sie stch, ab gesondert, inmitten niedrigen Gebüsche« erhebt und den glühenden Strahlen der untergehenden Sonne al« Kolie dient, und glänzt und zittert, von drr Wurzel bi« zum Kipfel mit demselben gelben Purpur übergossen, — oder wenn an einem heitern, windigen Tage sie geräuschvoll wogt und dröhnt am blauen Himmel und jede« ihrer Blätter, von dem Luftstrome erfaßt, stch gleichsam los reißen, auffliegen und in die Ferne ziehen möchte. Im Allgemeinen liebe ich aber diesen Baum nicht, und au« diesem Grunde hatte ich mich im Tannenwald« keinen Augenblick verweilt, sondern mich zum AuSruhen na» dem Birkenwälvchrn begeben, wo ich mich unter einem Bäumchen einnistete, dessen Aest« dicht über drr Erde anfingen und die mich daher gegen den Regen schützen konnten, und nachdem ich mich an dem Anblick« der Umgegend ergötzt hatte, verfiel ich in jenen ungestörten, friedlichen Schlaf, den die Jäger allein kennen. Ich kann nicht sagen, wie lange ich g,schlaft» hatte, aber al« ich die Augen öffnete, war da« ganze Innere de« Waldes mit Sonne erfüllt und nach allen Richtungen hin schien durch da heiter rauschende Laubwerk und funftlte gleichsam der hellblaue Himmel hindurch; dir Wolken hatten flch, vom spielenden Winde gepeitscht, versteck»; da« Weiter hatte stch aufgeklärt und in der Luft nahm man jene eigenthümliche trockene Krisch» wahr, welch« das Herz mit einem gewissen kühnen Gefühl erfüllt und nach einem unseligen Tag« fast immer einen friedlichen, heitern Abend verheißt. (Forts, folgt.) Landkarte». Die Derlaq«handlung von Justus Perthes in Gotha, di« nicht nur durch dir Dortreffllchksit chtz^OlS»««-